Schwerter-Zylus 08 - Ritter und Knappe des Schwerts
die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, und sogar für eine längere Spanne. »Mädchen, wir haben vergessen, unsere neue Freundin und Retterin vorzustellen.«
Und als diese nicht aus dem Hintergrund hervortrat und die Augen weiterhin demütig gesenkt hielt, stellte May sich neben sie und drängte sie sanft nach vorn.
»Onkel Fafhrd«, erklärte sie ernst, »darf ich dir meine neue Freundin und unser aller Retterin, Prinzessin Finger von Tovilyis vorstellen? Und, liebe Prinzessin, darf ich deine Hand unserem höchsten Ehrengast, Kapitän Fafhrd reichen, einem großen Held der Reifinsel, dem Geliebten meiner Tante Afreyt und meinem liebsten Onkel?«
Das so sonderbar verschleierte Mädchen senkte den Blick noch tiefer und erzitterte am ganzen Körper, ließ jedoch zu, daß ihre linke Hand nach vorn gezogen wurde.
Fafhrd ergriff sie, und sich zeremoniell verbeugend sah er ihr mitten in das verschleierte, halb abgewandte Gesicht und sagte: »Jede Freundin Mays ist meine Freundin, verehrte Prinzessin Finger, und dir, als ihrer und meiner anderen Freundinnen Retterin, schulde ich ewigen Dank. Mein Schwert ist dein Schwert.« Und drei Herzschläge lang küßte er das Lammleder. Ihr Kopf hob sich ein wenig, und die Wimpern klimperten.
All die anderen Mädchen machten ooh und aah, wenn auch auf Klutes Gesicht ein harter Ausdruck lag, während der Blick des Mauslings etwas spöttisch wurde.
»Lieber Onkel Mausling«, fuhr May fort, wobei ihr Sprechrhythmus der Wiederholung wegen um ein weniges schneller wurde, obwohl sie sich Mühe gab, andere Worte zu wählen, »darf ich dir meine neue Freundin und die Wohltäterin aller Mädchen hier vorstellen, die Prinzessin Finger aus den südlankhmarischen Landen? Liebe Prinzessin, meine liebe Freundin, darf ich deine werte Hand unserem geehrten Gast, Kapitän Mausling, anvertrauen, dem Geliebten von Klutes Tante Cif und meinem eigenen guten, geliebten Ehrenonkel – einem Helden der Reifinsel, gleich nach Fafhrd.«
Die Brauen des Mauslings hoben sich gewaltig. »Ihre linke Hand? Nein, das darfst du nicht«, scheuchte er May barsch davon, stemmte die Fäuste in die Seiten und reckte sich so hoch er nur konnte, was bedeutete, daß er sich ein wenig nach hinten lehnte. Dann blickte er hochnäsig auf die vor ihm kauernde Gestalt nieder, zog ein furchterregendes Gesicht und bellte befehlerisch: »Manieren, Kind! – denn ein Kind bist du, ein schlecht erzogenes, eingebildetes Mädchen, was auch immer du sonst sein magst.«
Die anderen Mädchen keuchten bei dieser Wendung des Gesprächs betroffen auf, während Fafhrd seinen Freund unfreundlich anstarrte, doch der zog dem Mädchen flink die Handschuhe aus und entfernte den Schleier, worauf ein freches Gesichtchen zum Vorschein kam, das beinahe zu der Farbe ihres kurzgeschnittenen Haars errötete, während sie die drei Lammfellstücke in ihren Gürtel stopfte.
Die Augen zum Mausling erhebend, sagte sie mit leiser, klarer Stimme: »Ihr tadelt mich zu Recht, Herr. Ich bitte demütigst um Vergebung.«
Sie sprach (wenn auch mit einem fremden, lispelnden Akzent) in dem gleichen Niederen Lankhmarisch, das auch die anderen alle benutzt hatten, der allgemeinen Handelssprache fast ganz Nehwons. Dann streckte sie ihm, die Handfläche nach unten, die schmale und blasse rechte Hand entgegen.
Er nahm sie, schüttelte sie jedoch nicht, legte sie auf seine gespreizten Finger und betrachtete sie nachdenklich. »Finger«, sprach er langsam, als genieße er jedes Wort, »das ist ja ein sonderbarer Name für eine Prinzessin.«
»Ich bin keine Prinzessin, Herr«, erwiderte sie sofort. »Das habe ich nur den Priesterinnen erzählt, nachdem ich von der Wiesel geflohen war, damit sie meiner Warnung auch Gehör schenkten.«
Die anderen Mädchen sahen sie an, als fühlten sie sich betrogen, der Graue Mausling dagegen nickte nachdenklich und wog ihre Hand abschätzend in der seinen. »Das paßt besser zu dem, was ich hier sehe«, sagte er, »ebenso wie deine Sprache für mich nach Ilthmar klingt und nicht nach Tovilyis. Merkt auf«, fuhr er fort, als halte er einen Vortrag, »diese Hand ist zwar schmal, jedoch stark und an Arbeit gewohnt, sie hat schon viel gegriffen und gequetscht, gerieben und geklopft, gedreht und gedrückt, getätschelt und gestreichelt, die Finger tanzen lassen und so weiter.«
Dann kehrte er die Handfläche nach oben und strich prüfend mit dem kreisenden Daumen darüber. »Und doch ist sie trotz aller Arbeit feucht und angenehm
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