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Schwertgesang

Schwertgesang

Titel: Schwertgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Edward alt genug war, um seine Nachfolge anzutreten. Æthelreds Flotte trug eine Botschaft zu den Dänen von Ostanglien. Wenn ihr in Wessex einfallt, sagte Alfred, dann fallen wir bei euch ein. Wir plündern eure Küste, brennen eure Häuser nieder, versenken eure Schiffe, und über euren Stränden liegt der Gestank des Todes, wenn wir sie wieder verlassen. Alfred hatte Æthelred zu einem Wikinger gemacht, und ich war von Neid erfüllt. Ich wollte ebenfalls mit meinen Schiffen losfahren, doch ich hatte den Befehl erhalten, in Lundene zu bleiben, und ich gehorchte. Ich sah mir an, wie die große Flotte abfuhr. Es war beeindruckend. Die längsten der erbeuteten Kriegsschiffe hatten dreißig Ruder auf jeder Seite, und davon gab es sechs. Die kleinsten hatten Bänke für zwanzig Ruder. Æthelred führte fast tausend Männer auf seinem Zug, und es waren alles gute Männer; Krieger von Alfreds Haustruppen und von seinen eigenen gut geübten Truppen. Æthelred segelte in einem der langen Schiffe. Es hatte einst einen großen, geschnitzten Rabenkopf auf dem Vordersteven getragen, dessen Holz mit Feuer schwarz gesengt worden war. Aber dieses geschnäbelte Abbild war nun verschwunden, und das Schiff hieß Rodbora, das bedeutet >Träger des Kreuzes <. Seinen Steven zierte jetzt ein massiges Kreuz, und es segelte mit Kriegern an Bord und mit Priestern, und natürlich mit Æthelflaed, denn ohne sie ging Æthelred nirgendwo hin. Es war Sommer. Wer nie im Sommer in einer Stadt gewohnt hat, kann sich den Gestank nicht vorstellen und die Fliegen auch nicht. Rote Milane saßen scharenweise in den Straßen und lebten von Aas. Bei Nordwind mischten sich die stechenden Gerüche von Harn und Tierkot in den Gerbergruben mit dem Gestank menschlicher Abwässer. Giselas Bauch wuchs, und meine Angst um sie wuchs mit ihm.
    Ich fuhr so oft wie möglich hinaus. Wir nahmen den Seeadler das Schwert des Herrn, mit der Ebbe flussab und kamen mit der Flut zurück. Wir machten Jagd auf Schiffe von Beamfleot, aber Sigefrids Männer hatten ihre Lektion gelernt und kamen nie mit weniger als drei Schiffen aus dem Flussarm heraus. Und doch, obwohl auch diese Schiffsverbände auf Beute aus waren, kam endlich der Handel nach Lundene zurück, denn die Kaufleute hatten gelernt, in großen Geleitzügen zu segeln. Ein Dutzend Schiffe fuhr gemeinsam, auf jedem waren bewaffnete Mäner, und so waren Sigefrids Erfolge mager, meine jedoch ebenfalls.
    Ich wartete zwei Wochen auf Neuigkeiten von der Unternehmung meines Cousins und erfuhr von ihrem Schicksal an einem Tag, an dem ich meine übliche Fahrt die Temes herunter machte. Es war immer ein beglückender Moment, den Rauch und die Gerüche Lundenes hinter sich gelassen zu haben und die frischen Winde der See einzuatmen. Der Fluss wand sich durch das weite Marschland, auf dem Fischreiher stolzierten. Ich erinnere mich daran, an diesem Tag glücklich gewesen zu sein, denn überall waren Schmetterlinge. Sie ließen sich auf dem Seeadler dem Schwert des Herrn , das in unserem Kielwasser fuhr. Eines der Insekten setzte sich auf meine ausgestreckte Hand und öffnete und schloss seine Flügel.
    »Das bedeutet Glück, Herr«, sagte Sihtric. »Tut es das?«
    »Je länger er dort sitzen bleibt, desto länger währt Euer Glück«, sagte Sihtric und streckte ebenfalls die Hand aus, aber kein Schmetterling ließ sich darauf nieder.
    »Sieht so aus, als hättest du kein Glück«, sagte ich leichthin. Ich betrachtete den Schmetterling auf meinem Finger und dachte an Gisela und die Kindsgeburt. Bleib da, befahl ich dem Tierchen im Stillen, und es blieb da.
    »Ich bin schon glücklich, Herr«, sagte Sihtric grinsend.
    »Bist du das?«
    »Ælswith ist in Lundene«, sagte er. Ælswith war die Hure, der Sihtrics Liebe gehörte. »In Lundene hat sie auch mehr zu arbeiten als in Coccham«, sagte ich.
    »Sie hat damit aufgehört«, fuhr Sihtric auf. Ich sah ihn überrascht an. »Hat sie das?« »Ja, Herr. Sie will mich heiraten, Herr.« Er war ein gutaussehender junger Mann mit scharf geschnittenen Gesichtszügen, schwarzem Haar und sehnigem Körper. Ich kannte ihn, seit er fast noch ein Kind gewesen war, und ich denke, das veränderte meinen Eindruck von ihm, denn ich sah immer noch den verängstigten Jungen vor mir, dessen Leben ich in Cair Ligualid geschont hatte. Ælswith jedoch sah vielleicht den jungen Mann, der aus ihm geworden war. Ich wandte den Blick ab, betrachtete einen dünnen Rauchfaden, der vom Marschland im Süden

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