Schwertgesang
ins Landesinnere getrieben, während der Regen zischend und fauchend auf das brennende Holz fiel. Die Priester hatten gebetet und psalmodiert, ob ihres Sieges über die Heiden frohlockt, und niemand hatte die dunklen Schiffe durch den Regen über dem Wasser herankommen sehen. Ich kann mir die Angst, die verzweifelte Flucht und die Metzelei nur vorstellen. Dänen sprangen ans Ufer. AxtDänen, SpeerDänen, SchwertDänen. Der einzige Grund, aus dem so viele Männer entkommen waren, bestand darin, dass so viele andere starben. Die Dänen hatten mit dem Töten begonnen, und es waren so viele Männer zum Töten da, dass sie diejenigen, die auf die Schiffe flüchteten, nicht verfolgen konnten. Andere dänische Schiffe griffen die sächsische Flotte an, aber Rodbora sie abgewehrt. »Ich hatte ein paar Männer an Bord gelassen«, sagte Steapa. »Warum?«
»Weiß nicht«, sagte er niedergeschlagen. »Ich hatte eben so ein Gefühl.«
»Dieses Gefühl kenne ich«, sagte ich. Es war das Prickeln im Nacken, die schwache, unbestimmte Vermutung, dass Gefahr droht, und es war ein Gefühl, das niemals übergangen werden sollte. Oft habe ich meine schlafenden Hunde ganz unvermittelt den Kopf heben sehen. Manchmal knurren sie dann auch leise oder fangen mit klagend auf mich gerichteten Augen an, erbärmlich zu winseln. Wenn das geschieht, weiß ich, dass ein Sturm kommt, und es kommt immer einer, aber wie die Hunde das spüren, kann ich nicht sagen. Doch es muss dasselbe Gefühl sein, dieses Wissen um eine drohende Gefahr.
»Es war ein blutiger Kampf«, sagte Steapa trübsinnig.
Wir fuhren durch die letzte Schleife der Temes vor Lundene. Ich sah die instand gesetzte Wehrmauer vor mir, die frischen, rohen Balken hoben sich gegen den alten römischen Stein ab. Banner hingen von dem Bollwerk, zumeist zeigten sie Heilige oder Kreuze; leuchtende Zeichen, um dem Feind zu trotzen, der jeden Tag von Osten heranfuhr, um die Stadt zu beobachten. Ein Feind, dachte ich, der gerade einen Sieg errungen hatte, der Alfred geradezu betäuben musste. Steapa blieb recht wortkarg, was den Verlauf des Kampfes anging, und ich musste ihm jede Kleinigkeit mühsam entlocken. Die meisten feindlichen Schiffe, sagte er, waren von dem großen Feuer angezogen worden und hatten am östlichen Ende des Strandes festgemacht, während der Rodbora sieben weitere sächsische Schiffe weiter westlich gelegen hatten. Der Strand verwandelte sich in einen Ort des Grauens, als die Heiden brüllend und tötend wüteten. Die Sachsen versuchten, ihre weiter westlich liegenden Schiffe zu erreichen, und Steapa ließ einen Schildwall aufstellen, um die Schiffe zu schützen, sodass die Flüchtenden an Bord klettern konnten. »Æthelred hat es bis zu dir geschafft«, bemerkte ich säuerlich.
»Er kann recht schnell rennen«, sagte Steapa. »Und Æthelflffid?«
»Wir konnten nicht zurück zu ihr«, sagte er. »Nein, das glaube ich.« Ich wusste, dass er die Wahrheit sagte. Er erzählte mir, wie Æthelflaed vom Feind eingekreist und festgehalten worden war. Sie hatte mit ihren Dienerinnen nahe beim Feuer gestanden, während Æthelred neben den Priestern hergegangen war, die Weihwasser auf die Vordersteven der erbeuteten dänischen Schiffe gespritzt hatten.
»Er wollte umkehren zu ihr«, räumte Steapa ein. »Das hätte er auch tun sollen«, sagte ich. »Aber es war nicht zu machen«, sagte er, »also sind wir weggerudert.«
»Haben sie nicht versucht, euch aufzuhalten?« »Sie haben es versucht.« »Und?«, trieb ich ihn an.
»Einige haben es zu uns an Bord geschafft«, sagte er achselzuckend. Ich stellte mir Steapa vor, wie er axtschwingend die Dänen niedermachte, die auf sein Schiff gesprungen waren. »Es ist uns gelungen, an ihnen vorbeizurudern«, sagte er dann, als sei das nicht schwierig gewesen. Die Dänen, dachte ich, hätten jedes flüchtende Schiff aufhalten müssen, doch sechs Schiffen war es gelungen, bis auf die See hinaus zu gelangen. »Aber acht Schiffe sind vom Strand weggekommen«, fügte Steapa hinzu. Also hatten die Dänen zwei flüchtende sächsische Schiffe erobern können, und ich verzog das Gesicht bei dem Gedanken an die Axthiebe und Schwertstreiche und an das verschmierte Blut überall auf den Planken. »Hast du Sigefrid gesehen?«, fragte ich. Steapa nickte. »Er saß auf einem Stuhl. Festgebunden.«
»Und weißt du, ob Æthelflaed noch lebt?« »Sie lebt«, sagte Steapa. »Wir haben sie beim Wegfahren gesehen. Sie war auf diesem Schiff, das in Lundene
Weitere Kostenlose Bücher