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Schwertgesang

Schwertgesang

Titel: Schwertgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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Vielleicht sogar hundert oder mehr.« »Und einfach nur wir, was?«, fragte er belustigt. »Einfach nur wir«, stimmte ich zu. »Und weiter an der Küste entlang werden noch mehr Schiffe sein«, sagte Ralla. »Habe ich nicht gehört, dass sie in Sceobyrig ein Lager errichten?« »Sie sind jetzt seit einem Monat dort«, sagte ich, »und sie haben wenigstens fünfzehn Schiffsmannschaften in Sceobyrig. Mittlerweile können es auch dreißig sein.« Sceobyrig war ein trostloses Stück Schlick und feuchter Erde einige Meilen östlich von Beamfleot, und die fünfzehn dänischen Schiffe hatten dort angelegt, und die Mannschaften hatten eine Festung aus Erdwällen und Holzpalisaden gebaut. Ich vermutete, dass sie nach. Sceobyrig gegangen waren, weil in dem Flussarm bei Beamfleot kaum noch Platz war und weil Sigefrids Flotte ihnen Schutz bot. Zweifellos hatten sie ihn dafür mit Silber bezahlt, und zweifellos hofften sie, ihm nach Wessex folgen und sich an Beute holen zu können, was immer ihnen in die Hände fiel. An den Ufern jedes Meeres und in den Lagern flussaufwärts und überall in der Welt der Nordmänner verbreitete sich die Nachricht, dass das Königreich Wessex verwundbar geworden war, und deshalb sammelten sich ihre Krieger. »Aber heute werden wir nicht kämpfen?«, fragte Ralla.
    »Ich hoffe nicht«, sagte ich, »zu kämpfen ist sehr gefährlich.«
    Ralla lachte in sich hinein, sagte jedoch nichts. »Es sollte keinen Kampf geben«, bemerkte ich nach einem Moment.
    »Denn wenn es einen gibt«, hob Ralla hervor, »haben wir keinen Priester an Bord.« »Wir haben nie einen Priester an Bord«, sagte ich abwehrend.
    »Das sollten wir aber, Herr«, hielt er mir vor. »Warum?«, fragte ich streitlustig. »Weil Ihr mit einem Schwert in der Hand sterben wollt«, sagte Ralla tadelnd, »und wir beichten gern, bevor wir sterben.«
    Seine Worte verletzten mich. Ich war diesen Männern verpflichtet, und wenn sie ohne den Vorteil starben, den ein Priester den Sterbenden verschaffte, worin er auch bestehen mochte, dann hatte ich sie im Stich gelassen. Einen Moment lang wusste ich nicht, was ich sagen sollte, dann tauchte ein Gedanke in meinem Kopf auf. »Bruder Osferth kann heute euer Priester sein«, sagte ich. »Das werde ich«, sagte Osferth von einer Ruderbank aus, und mir gefiel diese Antwort, denn endlich zeigte er sich einmal bereitwillig, etwas zu tun, von dem ich wusste, dass er es nicht gerne tat. Erst später erfuhr ich, dass er, der nie mehr gewesen war als ein gescheiterter Novize im Kloster, keineswegs das Recht hatte, die christlichen Sakramente zu spenden, doch meine Männer glaubten, er sei näher bei ihrem Gott als sie selbst, und das war, wie sich herausstellte, gut genug.
    »Aber ich erwarte keinen Kampf«, sagte ich fest. Ein Dutzend Männer, diejenigen, die der Steuerplattform am nächsten waren, hörten zu. Finan war natürlich bei mir und Cerdic und Sihtric und Rypere und Clapa. Sie waren meine Haustruppe, meine Hauskerle, meine Gefährten, meine Blutsbrüder, meine Schwurmänner, und sie waren mir in dieser Nacht aufs Wasser gefolgt, und sie vertrauten mir, auch wenn sie nicht wussten, wohin wir fahren oder was wir vorhatten.
    »Also, was haben wir vor?«, fragte Ralla. Ich hielt kurz inne, denn ich wusste, dass meine Antwort sie in Erregung versetzen würde. »Wir befreien die Herrin Aethelflaed«, sagte ich schließlich.
    Einige der Männer keuchten auf, und dann lief ein Murmeln durchs Schiff, als die Neuigkeit von einer Ruderbank zur anderen weitergegeben wurde. Meine Männer wussten, dass diese Fahrt Schwierigkeiten bringen würde, und sie waren neugierig, weil ich so beharrlich über ihren Zweck geschwiegen hatte, und sie mussten geahnt haben, dass wir uns im Zusammenhang mit Aethelflaeds Gefangenschaft auf den Weg machten, doch nun erst hatte ich es bestätigt. Das Steuerruder knarrte, als Ralla leicht die Fahrtrichtung änderte. »Wie?«, fragte er. »Dieser Tage«, sagte ich, ohne auf seine Frage einzugehen, und sprach laut genug, damit mich jeder Mann auf dem Schiff hören konnte, »wird der König damit anfangen, das Lösegeld für seine Tochter einzusammeln. Wenn ihr zehn Armringe habt, will er vier von ihnen haben! Wenn ihr Silber gehortet habt, werden die Männer des Königs es finden und sich ihren Teil nehmen! Aber was wir heute tun, könnte das beenden!« Erneutes Gemurmel. Schon jetzt herrschte in Wessex große Unzufriedenheit bei dem Gedanken an das Geld, das aus Landbesitzern und

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