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Schwertgesang

Schwertgesang

Titel: Schwertgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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zusammenzutun. Haesten bereitete in diesem Palas einen Aufstand vor. Ich zog ihn beiseite. »Wer sind sie?«, wollte ich von ihm wissen.
    »Sie haben Besitz und Männer in diesem Teil von Guthrums Königreich.«
    »Und du willst ihre Männer?«
    »Wir müssen ein Heer aufstellen«, sagte Haesten einfach.
    Ich sah auf ihn hinunter. Dieser Aufstand, dachte ich, richtete sich nicht nur gegen Guthrum von Ostanglien, sondern gegen Alfred von Wessex, und falls er Erfolg hatte, würde ganz Britannien unter Schwertern, Speeren und Äxten erbeben. »Und wenn ich es ablehne, mich dir anzuschließen?«, fragte ich.
    »Ihr werdet es tun, Herr«, sagte er zuversichtlich. »Werde ich das?«
    »Denn heute Nacht, Herr, wird der Tote zu Euch sprechen.« Haesten lächelte, und in demselben Moment sagte Eilaf, alles sei bereit. »Wir werden den Toten erwecken«, sagte Haesten mit wirkungsvoller Ergriffenheit und berührte das Hammeramulett, das um seinen Hals hing, »und danach werden wir feiern.« Er deutete auf die Tür an der Rückseite des langen Raumes. »Dort entlang, wenn Ihr erlaubt, Herr. Dort entlang.«
    Und so ging ich zu meiner Verabredung mit dem Toten.
    Haesten führte uns in die Dunkelheit, und ich erinnere mich daran, überlegt zu haben, wie einfach es war zu behaupten, dass der Tote auferstand und redete, wenn das alles in solcher Finsternis geschah. Woher sollten wir wissen, was vor sich ging? Wir konnten den Leichnam vielleicht hören, aber nicht sehen, und ich wollte schon Widerspruch erheben, als zwei von Eilafs Männern mit lodernden Fackeln vom Palas kamen, die in der dunstigen Nacht hell leuchteten. Sie gingen uns an einem Schweinepferch entlang voraus, und in den Augen der Tiere spiegelte sich das Licht der Fackeln. Es hatte geregnet, während wir im Palas gewesen waren, ein kleiner winterlicher Schauer, doch das Wasser tropfte immer noch von den kahlen Zweigen. Finan, der sich unwohl fühlte bei dem Gedanken an das Zauberwerk, das wir gleich erleben würden, hielt sich nahe bei mir. Wir folgten einem Pfad den Hügel hinunter bis zu einer kleinen Weide neben einem Gebäude, das ich für eine Scheune hielt. Dort wurden die Fackeln in vorbereitete Holzstapel gesteckt, die das Feuer schnell aufnahmen, sodass die Flammen aufloderten und die Holzwand der Scheune und das nasse Strohdach beleuchteten. Während es heller wurde, erkannte ich, dass ich keineswegs auf einer Weide, sondern auf einem Friedhof stand. Das kleine Geviert war mit niedrigen Erdhügeln übersät und sicher eingezäunt, damit keine Tiere die Toten aus den Gräbern wühlten. »Das war unsere Kirche«, erklärte Huda. Er war neben mir aufgetaucht und nickte in Richtung des Gebäudes, das ich für eine Scheune gehalten hatte. »Bist du ein Christ?«, fragte ich. »Ja, Herr. Aber jetzt haben wir keinen Priester mehr.« Er bekreuzigte sich. »Unsere Toten werden ungesalbt zur letzten Ruhe gebettet.« »Ein Sohn von mir liegt auf einem christlichen Friedhof«, sagte ich und fragte mich sofort, warum ich das gesagt hatte. Ich dachte selten an meinen toten Sohn, der als kleines Kind gestorben war. Ich hatte ihn nicht gekannt. Seine Mutter und ich waren uns fremd geworden. Und doch musste ich in dieser dunklen Nacht an dieser feuchten Totenstätte an ihn denken. »Warum ist ein dänischer Skalde in einem christlichen Grab beerdigt worden?«, fragte ich Huda. »Du hast mir gesagt, er war kein Christ.«
    »Er starb hier, Herr, und wir haben ihn begraben, bevor wir es wussten. Ob das vielleicht der Grund dafür ist, dass er seine Ruhe nicht findet?« »Vielleicht«, sagte ich, und dann hörte ich den Kampf hinter mir und wünschte, ich hätte mir meine Schwerter wiedergeben lassen, als ich Eilafs Palas verließ.
    Ich drehte mich um und erwartete einen Angriff, doch stattdessen sah ich zwei Männer einen dritten zu uns schleppen. Der dritte Mann war schmächtig, jung und blond. Seine Augen wirkten riesig im Licht der lodernden Flammen. Er wimmerte. Die Männer, die ihn herangeschleppt hatten, waren viel größer als er, und seine Gegenwehr war sinnlos. Fragend sah ich Haesten an. »Um den Toten zu erwecken, Herr«, erklärte er, »müssen wir einen Boten über den Fluss schicken.« »Wer ist er?«
    »Ein Sachse«, antwortete Haesten leichthin. »Verdient er den Tod?«, fragte ich. Ich war nicht gerade überempfindlich, wenn es ums Sterben ging, aber ich spürte, dass Haesten wie ein Kind töten würde, das eine Maus ertränkt, und ich wollte nicht den Tod

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