Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwertgesang

Schwertgesang

Titel: Schwertgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
Vom Netzwerk:
Sie war nun erwachsen, nicht mehr das fröhliche, eigensinnige Kind, das ich so lange gekannt hatte, und verheiratet mit einem Aldermann, deshalb sprach ich sie nun förmlich an und nannte sie meine Herrin.
    Sie biss sich auf die Unterlippe, wirkte erst verlegen und lächelte dann mutwillig, als Gisela zu uns kam. Sie umarmten sich, goldfarbenes Haar hob sich von schwarzem ab, und Ælswith, Alfreds sauertöpfisches Weib, blickte mich finster an. Ich verbeugte mich tief vor ihr. »Einen schönen Tag, Herrin«, sagte ich.
    Ælswith ging nicht darauf ein. Sie saß neben meinem Cousin, der mit einer Schweinerippe in meine Richtung fuchtelte. »Wir haben eine wichtige Angelegenheit zu besprechen«, sagte er. »Das haben wir«, sagte ich. »Das haben wir, Herr«, verbesserte mich Ælswith scharf. »Herr Æthelred ist der Aldermann von Mercien.«
    »Und ich bin der Herr von Bebbanburg«, sagte ich mit einer Schroffheit, die ihrer in nichts nachstand.
    »Wie geht es dir, Cousin?«
    »Morgen früh«, sagte Æthelred, »werde ich dir sagen, was wir vorhaben.«
    »Mir wurde mitgeteilt«, sagte ich, ohne darauf einzugehen, dass Alfred mich damit beauftragt hatte, das Vorgehen bei der Einnahme von Lundene festzulegen, »wir sollten uns schon heute Abend beim König einfinden.«
    »Ich habe heute Abend etwas anderes vor«, sagte Æthelred mit einem Blick auf seine junge Braut, und für einen winzigen Moment war sein Ausdruck unbeherrscht, fast wild, doch dann lächelte er mich an. »Morgen früh, nach dem Gebet.« Er winkte erneut mit der Schweinerippe und ich war entlassen.
    Gisela und ich übernachteten im größten Zimmer des Gasthauses Zwei Kraniche. Wir lagen eng aneinandergeschmiegt, mein Arm um ihre Schultern, und wir sprachen nicht viel. Der Rauch des Herdfeuers im Gastraum drang ebenso wie die Gesänge von trinkenden Männern durch die Bodendielen zu uns herauf. Unsere Kinder schliefen auf der anderen Seite des Zimmers mit Stiorras Amme. Über uns im Strohdach raschelten die Mäuse. »Jetzt wird es wohl so weit sein«, brach Gisela unser Schweigen mit wehmütiger Stimme. »Jetzt?«
    »Die arme kleine Æthelflaed wird eine Frau«, sagte sie. »Sie kann es gar nicht erwarten, bis es so weit ist«, sagte ich.
    Gisela schüttelte den Kopf. »Er wird ihr Gewalt antun wie ein wilder Eber«, sagte sie flüsternd. Ich sagte nichts. Gisela legte ihren Kopf auf meine Brust, und ihr Haar lag über meinem Mund. »Die Liebe sollte zärtlich sein«, fuhr sie fort. »Sie ist zärtlich.«
    »Mit dir schon«, sagte sie, und einen Augenblick lang glaubte ich, dass sie weinte.
    Ich strich ihr übers Haar. »Was ist?« »Ich habe sie gern, nichts weiter.« »Æthelflaed?«
    »Sie besitzt Geist und er besitzt keinen.« Sie hob ihren Kopf, um mich ansehen zu können, und in der Dunkelheit sah ich nur ihre Augen glitzern. »Du hast mir nie erzählt«, sagte sie vorwurfsvoll, »dass dieses Gasthaus hier ein Dirnenhaus ist.« »Es gibt nicht viele Betten in Wintanceaster«, sagte ich, »und sie reichen nicht annähernd für all die geladenen Gäste, also haben wir noch Glück gehabt, dass wir dieses Zimmer gefunden haben.« »Und du bist hier wohlbekannt, Uhtred«, sagte sie anklagend.
    »Es ist eben auch ein Gasthaus«, verteidigte ich mich.
    Sie lachte, dann streckte sie einen langen, schlanken Arm aus und schob den Fensterladen auf, sodass wir mit einem Mal in einen Himmel voller Sterne sehen konnten.
    Der Himmel war auch am nächsten Morgen noch klar, als ich zum Palas ging, meine beiden Schwerter abgab und von einem jungen und sehr ernsthaften Priester in Alfreds Zimmer begleitet wurde. Ich hatte ihn schon oft in dieser kleinen, schmucklosen Kammer besucht, in der sich überall Pergamente häuften. Er wartete dort, angetan mit einem braunen Gewand, das ihn aussehen ließ wie einen Mönch, und bei ihm war Æthelred, der seine Schwerter trug, denn als Aldermann von Mercien genoss er dieses Privileg innerhalb des Palas. Der dritte Mann im Raum war Asser, der walisische Mönch, und er starrte mich mit unverhülltem Abscheu an. Er war ein schmächtiger, kleiner Mann mit einem außerordentlich bleichen Gesicht, von dem er mit peinlicher Sorgfalt den Bart abgeschabt hatte. Er hatte Grund genug, mich zu hassen. Ich hatte ihn in Cornwalum zum ersten Mal gesehen, wo ich eine Schlacht für das Königreich geführt hatte und er Gesandter gewesen war. Ich hatte Asser töten wollen, es dann aber doch nicht getan, und das ist ein Versäumnis, das ich mein

Weitere Kostenlose Bücher