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Schwertgesang

Schwertgesang

Titel: Schwertgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernard Cornwell
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schoben.
    Ich war an Bord von Rallas Schiff, jenes Schiffes, das wir von Jarrel erbeutet hatten, dem Dänen, dessen aufgehängte Leiche schon längst zum Gerippe geworden war. Ralla lehnte sich im Heck an das Steuerruder. »Bin nicht sicher, ob wir das tun sollten, Herr«, sagte er. »Warum nicht?«
    Er spie in den schwarzen Fluss. »Das Wasser fließt zu schnell. Wird durch die Lücke rasen wie ein Wasserfall. Sogar wenn Ebbe und Flut wechseln und das Wasser stillsteht, kann die Lücke wie verwünscht sein.«
    »Fahr geradewegs darauf zu«, sagte ich, »und bete, ganz gleich, an welchen Gott du glaubst.« »Wenn wir die Lücke überhaupt erkennen können«, sagte er unheilverkündend. Er spähte auf der Suche nach einem Zeichen von Osrics Schiff hinter sich, doch die Dunkelheit hatte es gänzlich verschlungen. »Ich habe einmal gesehen, wie es bei Ebbe gemacht wurde«, sagte Ralla, »aber das war bei Tageslicht, und die Strömung war schwach.« »Hat die Ebbe schon eingesetzt?« »Entwickelt gerade den stärksten Sog«, sagte Ralla finster. »Dann bete«, sagte ich knapp. Während das Schiff mit dem abfließenden Wasserstrom schneller wurde, berührte ich mein Hammeramulett und dann Schlangenhauchs Griff. Die Ufer lagen weit von uns entfernt. Hier und da war ein Lichtschimmer zu sehen, der erkennen ließ, dass in einem Haus ein Herdfeuer brannte, während vor uns unter dem mondlosen Himmel ein matter Widerschein mit einem schwarzen Schleier darüber den neuen, sächsischen Teil Lundenes anzeigte. Der Schein stammte von den Feuern der Stadt, und der Schleier hatte sich aus dem Rauch dieser Feuer gebildet, und ich wusste, dass irgendwo unter diesem Schleier Æthelred seine Männer aufstellte, um durch das Tal des Fleot vorzustoßen und dann die römische Stadtmauer anzugreifen. Sigefrid, Erik und Haesten würden wissen, dass er dort war, denn bestimmt war jemand aus der neuen Stadt losgeeilt, um die Besatzer der alten Stadt zu warnen. Nun würden Dänen, Norweger und Friesen, sogar ein paar Sachsen ohne Dienstherrn eilig die Befestigungsmauern der alten Stadt bemannen. Und wir glitten den schwarzen Fluss hinunter. Es wurde nicht viel geredet. Jeder Mann in den beiden Schiffen wusste, auf welche Gefahr wir uns zubewegten. Ich drängte mich zwischen den an Deck hockenden Gestalten hindurch, und Pater Pyrlig musste mein Näherkommen gespürt haben, oder vielleicht hatte sich auch ein schwacher Lichtschimmer in dem Wolfskopf gespiegelt, der den silbernen Kamm meines Helmes bildete, denn er grüßte mich, noch bevor ich ihn sah. »Hier, Herr«, sagte er.
    Er saß auf dem Ende einer Ruderbank, und ich stellte mich neben ihn. Um meine Stiefel schwappte das Wasser des Kielraums. »Habt Ihr gebetet?«, fragte ich ihn.
    »Ich höre kaum jemals auf zu beten«, sagte er ernst. »Manchmal glaube ich, dass Gott meiner Stimme längst überdrüssig geworden sein muss. Auch Bruder Osferth hier betet.« »Ich bin kein Bruder«, sagte Osferth missmutig. »Aber vielleicht nutzen deine Gebete mehr, wenn Gott denkt, du wärst einer«, sagte Pyrlig. Alfreds Bastardsohn hockte neben Pater Pyrlig. Finan hatte Osferth mit einem Kettenhemd ausgerüstet, das man ausgebessert hatte, nachdem einem Dänen ein sächsischer Speer in den Wanst gerammt worden war. Außerdem hatte er einen Helm, hohe Stiefel, Lederhandschuhe, einen runden Schild und sowohl ein Langschwert als auch ein Kurzschwert. Also sah er wenigstens wie ein Kämpfer aus. »Ich soll dich nach Wintanceaster zurückschicken«, erklärte ich ihm. »Ich weiß.«
    »Herr«, erinnerte ihn Pyrlig.
    »Herr«, sagte Osferth, wenn auch mit deutlichem Zögern.
    »Ich will dem König nicht deinen Leichnam schicken müssen«, sagte ich, »also halte dich dicht bei Pater Pyrlig.«
    »Ganz dicht, mein Junge«, sagte Pyrlig, »tu so, als würdest du mich lieben.«
    »Bleib immer hinter ihm«, befahl ich Osferth.
    »Vergiss das mit der Liebe«, beeilte sich Pyrlig zu sagen. »Tu einfach so, als wärst du mein Hund.« »Und sag deine Gebete auf«, kam ich zum Schluss. Ich konnte ihm keinen nützlicheren Rat erteilen, es sei denn, seine Rüstung abzulegen, ans Ufer zu schwimmen und in sein Kloster zurückzukehren. Ich hatte in seine Fähigkeiten als Krieger genauso viel Vertrauen wie Finan, also gar keines. Osferth war sauertöpfisch, untauglich und plump. Wäre es mir nicht um seinen toten Onkel Leofric gegangen, hätte ich ihn mit Freuden nach Wintanceaster zurückgeschickt, aber Leofric hatte mich

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