Schwertgesang
»Herrin«, fing Egbert zögernd an, doch dann unterbrach er sich, weil Æthelflaed ihre kleine Hand erhoben hatte. Sie drehte sich um und sah mich an. »Ich kann dir doch trauen, Herr Uhtred?«, fragte sie.
Das schien mir aus dem Mund eines Kindes, das ich fast sein gesamtes Leben lang gekannt hatte, eine merkwürdige Frage zu sein, und ich lächelte darüber. »Ihr könnt mir trauen«, sagte ich leichthin. Da verhärtete sich ihre Miene, und ihre Augen blickten kalt. Vielleicht spiegelte sich auch nur das Feuer in ihren Augen, aber mit einem Mal war mir klar, dass dies viel mehr war als ein Kind, Æthelflaed war die Tochter eines Königs. »Mein Vater«, sagte sie mit klarer Stimme, sodass sie von den Umstehenden gehört werden konnte, »sagt, du bist der beste Krieger in seinen Diensten. Aber er traut dir nicht.«
Eine unbehagliche Stille machte sich breit. Egbert räusperte sich und starrte auf den Boden. »Ich habe Euren Vater niemals im Stich gelassen«, sagte ich schroff.
»Er fürchtet, deine Treue sei käuflich«, sagte sie.
»Er hat meinen Eid«, gab ich immer noch mit abweisender Stimme zurück.
»Und jetzt will ich ihn«, verlangte sie und streckte mir eine schmale Hand entgegen.
»Welchen Eid?«, fragte ich.
»Dass du deinen Eid auf meinen Vater hältst«, sagte Æthelflaed, »und dass du den Sachsen Treue gegenüber den Dänen schwörst, und dass du für Mercien kämpfen wirst, wenn Mercien danach verlangt.«
»Herrin«, begann ich, entsetzt über die Anzahl ihrer Forderungen.
»Egbert!«, unterbrach mich Æthelflaed. »Ihr gebt dem Herrn Uhtred keine Männer, bevor er nicht schwört, Mercien zu dienen, solange ich lebe.« »Nein, Herrin«, murmelte Egbert. Solange sie lebte? Weshalb hatte sie das gesagt? Ich erinnere mich, über diese Worte nachgedacht zu haben, und ich erinnere mich auch daran, gedacht zu haben, dass mein Plan zur Besetzung Lundenes in der Waagschale lag. Æthelred hatte mich der Männer beraubt, die ich brauchte, und Æthelflaed hatte die Macht, meine Reihen wieder aufzufüllen, doch um meinen Sieg zu erringen, musste ich mich an einen weiteren Eid binden, den ich nicht schwören wollte. Was kümmerte mich Mercien? Was mich in dieser Nacht kümmerte, war, Männer durch eine Todesbrücke zu bringen, um zu beweisen, dass ich dazu imstande war. Mich kümmerte mein Ansehen, mich kümmerte mein Name, mich kümmerte mein Ruhm. Ich zog Schlangenhauch, denn ich wusste, warum sie die Hand ausgestreckt hatte, und ich reichte ihr die Klinge mit dem Heft voran. Dann kniete ich nieder und legte meine Hände um ihre, die wiederum um das Heft des Schwertes geschlossen waren. »Ich schwöre es, Herrin«, sagte ich. »Du schwörst«, sagte sie, »dass du meinem Vater treulich dienen wirst?« »Ja, Herrin.«
»Und dass du, solange ich lebe, Mercien dienen wirst?«
»Solange Ihr lebt, Herrin«, sagte ich. Und als ich so im Schlamm kniete, fragte ich mich, welch ein Narr ich war. Ich wollte im Norden leben, und ich wollte Alfreds Frömmigkeit los sein, ich wollte bei meinen Freunden sein, und doch kniete ich hier und schwor Treue auf Alfreds Ziele und auf seine Tochter mit dem goldfarbenen Haar. »Ich schwöre es«, sagte ich und drückte als Zeichen meiner Wahrhaftigkeit leicht ihre Hände.
»Gebt ihm Männer, Egbert«, befahl Æthelflaed. Er gab mir dreißig, und um Egbert Gerechtigkeit widerfahren zu lassen: Er gab mir seine fähigsten Männer, die jung und stark waren, während er die älteren und kranken Kämpfer damit beauftragte, Æthelflaed und das Lager zu bewachen. Damit führte ich nun mehr als siebzig Männer an, und zu diesen Männern gehörte Pater Pyrlig. »Ich danke Euch, meine Herrin«, sagte ich zu Æthelflaed. »Du könntest dich erkenntlich zeigen«, sagte sie. Noch einmal klang sie wie ein Kind, und ihre Ernsthaftigkeit war der alten Schalkhaftigkeit gewichen. »Wie?«
»Indem du mich mitnimmst?« »Niemals«, sagte ich grob.
Sie runzelte die Stirn über meinen Ton und sah mir in die Augen. »Bist du böse auf mich?«, fragte sie mit sanfter Stimme.
»Nur auf mich selbst, Herrin«, sagte ich und wandte mich ab.
»Uhtred!« Sie klang unzufrieden. »Ich werde meine Eide halten, Herrin«, sagte ich voller Zorn darüber, dass ich sie geleistet hatte, doch wenigstens hatten sie mir Männer gebracht, mit denen ich die Stadt einnehmen konnte, siebzig Männer hatte ich nun an Bord der beiden Schiffe, die sich jetzt von dem Wasserlauf in die starke Strömung der Temes
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