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Schwester der Finsternis - 11

Schwester der Finsternis - 11

Titel: Schwester der Finsternis - 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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Kampf, den er so überraschend aufgegeben hatte.
    »Was ist deiner Meinung nach das Problem?«, fragte Adie mit ihrer leisen, schnarrenden Stimme.
    Zedd besah sich die Briefe ein letztes Mal, dann löste er seinen Blick von den Zeilen und richtete sich auf. Aller Augen in dem schwach beleuchteten Zelt waren auf ihn gerichtet, als hofften sie, er könne sie auf irgendeine Weise vor einem Schicksal bewahren, das ihnen unbegreiflich war, das sie aber instinktiv fürchteten.
    »Dies ist eine Zeit der Prüfung, in der Richards Seele bis auf den Grund ausgelotet wird.« Zedd schob seine Hände in die gegenüberliegenden Ärmel, bis der Silberbrokatbesatz der Manschetten aneinander stieße. »Eine Art Übergangszeit – die man ihm aufzwingt, weil er etwas begreift, das zu sehen allein er im Stande ist.«
    Warren räusperte sich. »Um was für eine Art Prüfung handelt es sich, Zedd? Könnt Ihr uns das sagen?«
    Zedd machte eine unbestimmte Handbewegung, als ihm die Erinnerung an schlimme Zeiten durch den Kopf schoss. »Ein Kampf … eine Aussöhnung…«
    »Was für eine Aussöhnung?«, hakte Warren nach.
    Zedd blickte in die blauen Augen des jungen Mannes und wünschte sich, er stellte nicht so viele Fragen. »Worin liegt der Sinn Eurer Gabe?«
    »Der Sinn? Na ja, ich nehme an … sie soll … nun ja, sie existiert einfach. Die Gabe ist einfach eine Fähigkeit.«
    »Ihr Sinn liegt darin, anderen zu helfen«, stellte Verna entschieden fest. Sie raffte ihr hellblaues Gewand fester um die Schultern wie einen Panzer, der sie vor Zedds Antwort schützen sollte.
    »Aha, und was tut Ihr dann hier?«
    Die Frage überraschte sie. »Hier?«
    »Ja.« Mit einer Armbewegung beschrieb Zedd einen unbestimmten, fernen Ort. »Wenn die Gabe dazu da ist, anderen zu helfen, warum seid Ihr dann nicht dort draußen und tut es? Es gibt Kranke, die geheilt, Unwissende, die unterrichtet, und Hungrige, die gespeist werden müssen. Wieso sitzt Ihr, eine gesunde, kluge, wohlgenährte Frau, dann einfach hier herum?«
    Verna richtete ihr Gewand, drückte die Schultern durch und nahm eine entschlossene Haltung an. »Wenn man in der Schlacht das Tor verlässt, um einem gefallenen Kameraden beizustehen, dann gibt man damit einer Schwäche nach: der Unfähigkeit, sich gegen unmittelbares Leid zu wappnen, um so ein viel größeres Leid zu verhindern. Liefe ich los, um den wenigen Menschen beizustehen, denen ich auf diese Weise helfen kann, müsste ich meinen Posten hier, bei dieser Armee zu einem Zeitpunkt aufgeben, da sie den Feind daran zu hindern versucht, die Tore in die Neue Welt zu erstürmen.«
    Die Frau stieg ein wenig in Zedds Ansehen. Sie war dem Kernpunkt einer entscheidenden Wahrheit beängstigend nahe gekommen. Er bedachte sie mit einem feinen, respektvollen Lächeln und nickte, was sie mehr zu überraschen schien als seine Frage.
    »Mir leuchtet durchaus ein, warum die Schwestern des Lichts weithin als die eigentlichen Dienerinnen der Not gelten.« Zedd strich sich übers Kinn. »Dann ist es also Eure Überzeugung, dass wir, die wir die Fähigkeit – die Gabe – besitzen, als Sklaven der Bedürftigen in die Welt hineingeboren wurden?«
    »Nun, das nicht … aber wenn große Not besteht –«
    »… dann fesseln uns die Ketten der Sklaverei umso fester an die noch Bedürftigeren«, beendete Zedd den Satz für sie. »Demzufolge wird jeder Bedürftige – Eurem Verständnis nach – zu unserem rechtmäßigen Herrn und Meister? Und wir zu gewissermaßen vertraglich an ein bestimmtes Ziel, oder an irgendein anderes, noch größeres, das sich zufällig ergibt, gebundenen Dienern, aber Leibeigene nichtsdestoweniger. Meint Ihr das?«
    Diesmal beschloss Verna, ihm nicht auf eine Eisfläche zu folgen, die sie selbst ganz offensichtlich als sehr dünn ansah, was sie aber nicht hinderte, ihn wütend anzufunkeln.
    Zedd blieb dabei, dass es auf diese Frage nur eine philosophisch stichhaltige Antwort geben könne; falls Verna sie wusste, so behielt sie sie für sich.
    »Richard ist offenbar an einen Punkt gelangt, an dem er seine Möglichkeiten einer kritischen Prüfung unterziehen und herausfinden muss, welches der rechte Weg in seinem Leben ist«, erläuterte Zedd. »Vielleicht haben Umstände ihn gezwungen, Fragen nach dem richtigen Gebrauch seiner Fähigkeiten, und im Hinblick auf seine Wertmaßstäbe, nach seinem eigentlichen Ziel zu stellen.«
    Verna breitete die Hände in einer Geste der Hilflosigkeit aus. »Ich sehe nicht, wie er ein höheres Ziel

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