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Schwester der Finsternis - 11

Schwester der Finsternis - 11

Titel: Schwester der Finsternis - 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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einem ihrer verbissenen Schwertkämpfe absolut sicher, ihn in einem unbedachten Augenblick ertappt zu haben und ihm den Siegesstoß zu versetzen. Er wich dem, wie sie glaubte, Todesstoß mühelos aus und tötete stattdessen sie. Bei ihm erhielt das Unmögliche den Anschein des Selbstverständlichen.
    In diesem Augenblick fiel es ihr wie Schuppen von den Augen. Sie hatte es von der völlig falschen Seite betrachtet. Es war keineswegs so, dass Richard gut mit dem Schwert kämpfen oder wundervolle Figuren mit Messer und Meißel schaffen konnte, nein, es verhielt sich so, dass Richard eins mit der Klinge wurde – der Klinge in jeder Erscheinungsform: egal ob Schwert, Messer, Meißel oder Weidenrute. Er war ein Meister – nicht des Schwertkampfes oder mit dem Schnitzmesser, sondern auf viel grundsätzlichere Weise, er war ein Meister der Klinge selbst.
    Kämpfen war nur eine Art, eine Klinge zu gebrauchen. Sein Ausgleich für den zerstörerischen Gebrauch des Schwertes – Magie strebte stets nach Ausgewogenheit – bestand darin, mit Hilfe einer Klinge schöne Dinge herzustellen. Sie hatte die einzelnen Bereiche seines Schaffens gesehen und sie von einander getrennt zu verstehen versucht; Richard dagegen sah nur das vereinte Ganze.
    Alles an ihm, die Art, wie er einen Pfeil abschoss, wie er schnitzte oder sein Schwert gebrauchte, ja sogar seine Art, sich fließend und mit wohl durchdachter Zielstrebigkeit fortzubewegen – all das war untrennbar miteinander verknüpft, das waren keine separaten Fähigkeiten … sondern alles ein und dasselbe.
    Richard hielt inne. »Was ist? Dein Gesicht wird ja ganz blass.«
    Kahlan stand da und hatte ihr Weidenschwert gesenkt. »Du tanzt mit dem Tod. Das ist es, was du mit dem Schwert tust.«
    Richard blinzelte sie verständnislos an, als hätte sie soeben verkündet, der Regen sei nass. »Aber ja, natürlich.« Richard berührte das auf seiner Brust hängende Amulett. In der Mitte, umgeben von einem Gefüge aus goldenen und silbernen Linien, befand sich ein tränenförmiger Rubin von der Größe ihres Daumennagels. »Das habe ich dir doch schon vor langer Zeit erklärt. Glaubst du mir etwa erst jetzt?«
    Sie sah ihn offenen Mundes an. »Ja, ich glaube, genau so ist es.«
    Kahlan erinnerte sich nur zu deutlich an seine frösteln machenden Worte, als sie das Amulett an seinem Hals zum ersten Mal gesehen und ihn gefragt hatte, was das sei.
    »Der Rubin stellt einen Blutstropfen dar. Es handelt sich um die symbolische Darstellung der Funktionsweise des Ersten Edikts. Sie hat nur eine einzige Bedeutung, und in ihr ist alles enthalten: schneide. Hast du dich einmal darauf festgelegt zu kämpfen, schneide. Alles andere ist zweitrangig. Schneide, das ist deine Pflicht, dein Ziel, dein Verlangen. Es gibt keine Regel, die wichtiger wäre, keine Verpflichtung, die diese eine außer Kraft setzen könnte. Schneide. Die Linien sind ein Abbild des Tanzes. Schneide aus der Leere, nicht aus dem Gefühl der Verwirrung. Schneide den Feind so schnell und unmittelbar wie möglich. Schneide mit Gewissheit. Schneide fest und entschlossen. Schneide in seine Stärke. Fließe durch die Lücken seiner Wachsamkeit und schneide ihn. Schneide ihn und mache ihn vollkommen kampfunfähig. Gestatte ihm keinen einzigen Atemzug. Schneide ihn ohne Erbarmen bis in die Tiefen seiner Seele. Das ist der Ausgleich für das Leben: der Tod. Das ist der Tanz mit dem Tod.« Richard machte eine kurze Pause und fügte dann hinzu: »Das ist das Gesetz, nach dem ein Kriegszauberer lebt, oder er stirbt.«
    Der Tanz war Kunst. Im Grunde war es nichts anderes als die Schnitzerei. Eine Kunst, die ihren Ausdruck in der Klinge fand. Für ihn war es alles ein und dasselbe. Er sah keinen Unterschied, denn in seinem Innern gab es ihn nicht.
    Sie teilten sich die Wiese mit einem Rotfuchs, der dort hauptsächlich Jagd auf Nagetiere machte, aber auch nicht abgeneigt war, die saftigen Insekten in Betracht zu ziehen, die er dort fing. Ihre Pferde störte der Fuchs nicht sonderlich, die Kojoten aber, die gelegentlich des Weges kamen, mochten sie gar nicht. Kahlan bekam sie nur selten zu Gesicht, wusste aber, dass sie in der Nähe waren, wenn die Pferde ihrem Unbehagen schnaubend Luft machten. Oft hörte sie nachts die Kojoten weiter oben auf den umliegenden Hängen bellen. Gewöhnlich gaben sie ein langes, gleichbleibendes Jaulen von sich, gefolgt von einer Serie von hellen, kläffenden Lauten. In manchen Nächten sangen die Wölfe, dass ihr lang

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