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Schwester der Finsternis - 11

Schwester der Finsternis - 11

Titel: Schwester der Finsternis - 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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sie, wie eine Träne aus seinem Gesicht rollte, und fragte ihn, ob etwas nicht in Ordnung sei. Er schüttelte den Kopf und meinte zurückhaltend, er habe so lange befürchtet, sie zu verlieren, dass er manchmal schon geglaubt hatte, nicht länger Herr seines Verstandes zu sein. Er schien sich von seinem ganz persönlichen Albtraum befreien zu können. Der Schmerz, den Kahlan anfangs, als sie sich nicht einmal mehr an seinen Namen erinnern konnte, in seinen Augen gesehen hatte, war endlich verbannt.
    Ihre Fußmärsche in die Berge hinein wurden immer ausgedehnter. Manchmal nahmen sie ihre Rucksäcke mit und verbrachten die Nacht im Wald, oft, sofern sie eine finden konnten, unter einer Launenfichte. Das zerklüftete Gelände bot eine unendliche Vielfalt von Ausblicken; an manchen Stellen ragten senkrechte Felsenklippen über ihnen in die Höhe, dann wieder verfolgten sie – am Rand eines jähen Abgrunds stehend –, wie die untergehende Sonne den Himmel orange und purpurrot verfärbte, während dünne Wolkenschleier unten durch die grünen Täler zogen. Sie suchten hoch aufragende Wasserfälle auf, die ihre eigenen Regenbogen erzeugten. In den Bergen gab es klare, sonnendurchflutete Wasserbecken, in denen sie schwammen. Sie speisten auf Felsen, die eine zerklüftete Landschaft überblickten und die bisher wohl niemand außer ihnen je zu Gesicht bekommen hatte. Sie folgten Tierspuren durch endlose Wälder aus knorrigen Bäumen und spürten anderen auf dem dunklen Waldboden nach, aus dem Bäume mit Stämmen wie gewaltige braune Säulen wuchsen, die so mächtig waren, dass zwanzig Männer sie mit den Händen nicht hätten umfassen können.
    Richard ließ Kahlan mit dem Bogen üben, um ihre Arme zu kräftigen. Sie jagten Kleinwild für den Topf oder zum Rösten. Einige räucherten und trockneten sie zusammen mit den Fischen, die sie fingen. Normalerweise aß Richard kein Fleisch, gelegentlich aber doch. Der Verzicht auf Fleisch war Teil jenes Ausgleichs, den seine Gabe benötigte, wenn er gezwungen war zu töten. Dieses Bedürfnis nach Ausgleich war im Schwinden begriffen, da er niemanden tötete; er hatte seinen inneren Frieden gefunden. Vielleicht wurde diesem Ausgleich jetzt durch seine Schnitzereien Genüge getan. Mit der Zeit konnte er immer mehr Fleisch essen. Auf ihren Ausflügen bestand ihre Ernährung, zusätzlich zu dem Wild, das sie fingen, gewöhnlich aus Reis mit Bohnen, Gerstenmehlfladen und den Beeren, die sie unterwegs sammelten.
    Kahlan half, Fische zu putzen, sie in Salz einzulegen oder für ihre Wintervorräte zu räuchern, eine Arbeit, die sie noch nie zuvor gemacht hatte. Sie sammelten Beeren, Nüsse und wilde Äpfel, die sie in großer Zahl zusammen mit dem Wurzelgemüse, das sie vor ihrem Aufstieg in die Berge gekauft hatten, im Erdkeller einlagerten. Richard grub kleine Apfelbäume aus, wenn er welche fand, und pflanzte sie unweit der Hütte auf der Wiese ein, um eines Tages, wie er sagte, jederzeit Äpfel zu haben.
    Kahlan fragte sich, wie lange er sie noch von jenem Ort fern halten wollte, wo sie dringend gebraucht wurden. Die stumme Frage hing immer in der Luft, jeder sah sie, doch niemand sprach sie aus. Cara fragte ihn nie danach, manchmal aber, wenn sie allein waren, machte sie Kahlan gegenüber diesbezüglich eine vorsichtige Andeutung. Sie war Lord Rahls Beschützerin und froh, in seiner unmittelbaren Nähe sein zu können, daher beschwerte sie sich im Allgemeinen nicht. Schließlich war er der Lord Rahl und außerdem in Sicherheit.
    Kahlan hatte die Last ihrer Verpflichtungen niemals ablegen können. Wie die hohen Berge, die zu allen Seiten über ihnen in die Höhe ragten und stets ihre Schatten auf sie warfen, konnte sie diese Verpflichtungen niemals ganz verdrängen. So sehr sie die Hütte liebte, die Richard am Rand der Wiese errichtet hatte, und so sehr es ihr gefiel, die zerklüfteten, wunderschönen, imposanten und endlosen Berge zu erkunden – mit jedem Tag, der verstrich, spürte sie zunehmend die Last und das bange Verlangen, an jenen Ort zurückzukehren, wo sie am meisten gebraucht wurden. Die Vorstellung, was alles geschehen konnte, ohne dass sie etwas davon mitbekamen, zerfraß sie innerlich. Die Imperiale Ordnung würde nicht an Ort und Stelle verharren, eine Armee von dieser Größe verweilte nur widerwillig an einem Ort. Soldaten, besonders Soldaten dieses Schlags, wurden unruhig, wenn sie lange im Feldlager festsaßen, und früher oder später würden sie Schwierigkeiten

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