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Schwester der Finsternis - 11

Schwester der Finsternis - 11

Titel: Schwester der Finsternis - 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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so wie sie einst im Palast der Propheten zu ihm gesprochen hatte, als sie eine seiner Ausbilderinnen gewesen war; stets bediente sie sich ruhiger, leicht verständlicher Worte, die, so hatte er damals geglaubt, ihrem Auftreten einen Hauch von Erhabenheit verliehen. Damals hatte Richard sich nicht vorstellen können, dass jemals ein derbes Wort über Niccis Lippen kommen könnte, doch was sie jetzt von sich gab, war geradezu abstoßend.
    Noch immer bewegte sie sich mit einer unvergleichlichen, lasziven Eleganz. Er hatte ihre Art sich zu bewegen stets als verführerisch empfunden; jetzt sah er darin die mäandernden Bewegungen einer Schlange.
    Die Magie seines Schwertes toste durch seinen Körper und schrie danach, entfesselt zu werden. Die Magie des Schwertes war eigens geschaffen worden, alles zu bekämpfen, was der Besitzer des Schwertes als böse erachtete, eine Bedingung, die Nicci in diesem Augenblick in einem Maß erfüllte, dass die Magie ihn jeden Augenblick zu überwältigen drohte und fast die Herrschaft an sich riss, um dem Spuk ein Ende zu machen. Solange der Schmerz des Strafers noch in seinem Kopf pochte, kostete es ihn einige Mühe, die Kontrolle über die Kraft des Schwertes zu behalten. Richard spürte, wie sich die erhabenen Buchstaben des Wortes WAHRHEIT in seine Handfläche pressten.
    Einem solchen Augenblick, vielleicht mehr als jedem anderen, konnte man nur mit der Wahrheit gegenübertreten, und nicht mit kruden Wünschen. Es ging um Leben oder Tod.
    »Richard«, sagte Kahlan im Tonfall der Vernunft. Sie wartete, bis ihre Blicke sich begegneten. »Töte sie.« Sie sprach mit einer Ruhe und Machtbefugnis, die Gehorsam forderte. In ihrem weißen Mutter-Konfessor-Kleid hatten ihre Worte das unmissverständliche Gewicht eines Befehls. »Tu es. Zögere keinen Augenblick länger. Töte sie. Denke nicht darüber nach, tu es.«
    Ganz ruhig beobachtete Nicci, wie er sich verhalten würde. Zu was er sich letztendlich durchrang, schien für sie bestenfalls von beiläufigem Interesse. Richard brauchte weder nachzudenken noch einen Entschluss zu fassen.
    »Ich kann nicht«, sagte er zu Kahlan. »Du würdest ebenfalls getötet werden.«
    Nicci zog eine Braue hoch. »Sehr gut, Richard. Ausgezeichnet.«
    »Tu es!« Kahlans Stimme überschlug sich fast. »Tu es jetzt, solange du noch Gelegenheit dazu hast!«
    »Bleib ganz ruhig«, erwiderte er mit ruhiger Stimme. Er sah wieder zu Nicci. »Lasst hören.«
    Sie faltete die Hände, ganz so, wie es die Schwestern des Lichts zu tun pflegten, nur war sie keine Schwester des Lichts. Er konnte sich des Gefühls nicht erwehren, dass sich hinter dem Blick aus ihren blauen Augen etwas tief Empfundenes verbarg, doch weder wusste er, welcher Art diese Gefühle waren, noch wagte er, es sich vorzustellen. Es war einer dieser intensiven, angestrengten Blicke, hinter denen sich eine ganze Gefühlswelt, von Sehnsucht bis hin zu Hass, verbarg. Eins gewahrte er dort jedoch ganz zweifellos: eine absolut ernst zu nehmende Entschlossenheit, die ihr wichtiger war als das Leben selbst.
    »Es verhält sich wie folgt, Richard. Du wirst mich begleiten. Solange ich lebe, wird auch Kahlan leben. Sterbe ich, so stirbt auch sie. So einfach ist das.«
    »Und weiter?«, fragte er gebieterisch.
    »Weiter was?« Nicci sah ihn verständnislos an. »Nichts weiter.«
    »Was ist, wenn ich beschließe, Euch zu töten?«
    »Dann werde ich sterben, aber Kahlan wird mit mir in den Tod gehen – unsere beiden Leben sind jetzt miteinander verknüpft.«
    »Das meinte ich nicht. Ich meinte, Ihr müsst doch irgendeine Absicht verfolgen. Was bedeutet es noch, wenn ich beschließe, Euch zu töten?«
    Nicci zuckte mit den Achseln. »Nichts. Die Entscheidung liegt ganz bei dir. Unser Leben liegt in deinen Händen. Solltest du beschließen, ihr Leben zu erhalten, wirst du mich begleiten müssen.«
    »Und was habt Ihr mit ihm vor?«, fragte Kahlan, sich ganz langsam an seine Seite schiebend. »Wollt Ihr ein falsches Geständnis aus ihm herausfoltern, damit Jagang ihm einen Schauprozess machen und ihn anschließend in aller Öffentlichkeit hinrichten kann?«
    Wenn überhaupt, so wirkte Nicci überrascht, so als sei ihr ein solcher Gedanke nie gekommen, so als finde sie ihn geradezu verwerflich. »Nein, nichts dergleichen. Ich habe nicht die Absicht, ihm ein Haar zu krümmen. Jedenfalls nicht im Augenblick. Irgendwann natürlich werde ich ihn höchstwahrscheinlich töten müssen.«
    Richard funkelte sie an.

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