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Schwester der Finsternis - 11

Schwester der Finsternis - 11

Titel: Schwester der Finsternis - 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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fand, wurde sie gerade gefoltert, und was ich dabei zu sehen bekam, hat mich alles andere als froh gemacht. Ihren Folterknecht habe ich getötet, Hania selbst war unrettbar verloren. Ich bot ihr an, sie von ihren Schmerzen zu erlösen, ihr ein rasches Ende zu bereiten, vorausgesetzt, sie erzählt mir von dir. Ich habe sie zu keinem Zeitpunkt gebeten, dich auf eine Weise zu verraten, die der Imperialen Ordnung nützlich sein könnte. Ich habe mich lediglich nach deiner Vergangenheit erkundigt, nach deiner ersten Gefangenschaft, weil ich verstehen wollte, was du damals, an deinem ersten Tag im Palast der Propheten, gesagt hast.«
    Entgegen ihrer Absicht wirkte Richard keinesfalls erleichtert.
    »Ihr habt ihr eine rasche Erlösung, wie Ihr es nennt, verwehrt, bis sie Euch gab, was Ihr verlangt habt, und das macht Euch an ihrer Folter mitschuldig.«
    Die Erinnerung an diese blutige Tat, für die sie schon seit langem kaum mehr als den Schatten eines Gefühls zu empfinden vermochte, ließ Nicci im trüben Licht den Blick abwenden.
    Es gab so viele, die von ihrem Leid erlöst werden mussten – so viele Alte und Kranke, so viele weinende Kinder, so viele Mittellose, Verzweifelte, Verarmte. Diese Frau war nichts als eines jener vielen Opfer des Lebens gewesen, die nach Erlösung schrien. Es war in bester Absicht geschehen.
    Nicci hatte sich vom Schöpfer losgesagt und dem Hüter der Unterwelt ihre Seele versprochen, um Sein Werk zu tun. Sie hatte keine andere Wahl gehabt, nur ein gottloser Mensch wie sie brachte es fertig, angesichts des Leidens und der Verzweiflung keine angemessenen Gefühle zu empfinden. Welch bittere Ironie, den Bedürftigen auf diese Art zu dienen.
    »Du siehst es vielleicht so, Richard«, sagte sie mit belegter Stimme, den Blick in diesen Albtraum aus empfindungslosen Erinnerungen gerichtet. »Ich tat es damals nicht, ebenso wenig wie Hania. Bevor ich ihr die Kehle durchschnitt, hat sie sich bei mir bedankt für das, was ich zu tun im Begriff war.«
    In Richards Augen war keine Spur von Mitleid zu erkennen. »Und warum habt Ihr sie gezwungen, Euch von mir – und Denna – zu erzählen?«
    Nicci raffte ihren Überwurf fester um die Schultern. »Ist das nicht offenkundig?«
    »Ihr könnt unmöglich den gleichen Fehler begangen haben wie Denna. Ihr seid keine Frau wie sie, Nicci.«
    Sie war müde. In der ersten Nacht hatte er nicht geschlafen, das wusste sie; sie hatte seine Augen auf ihrem Rücken gespürt und wusste, wie sehr er litt. Ihm den Rücken zukehrend, hatte sie lautlos geweint, über den Hass in seinen Augen, über die Belastung, immer das Richtige tun zu müssen. Die Welt war so verdorben.
    »Vielleicht«, meinte sie mit leiser Stimme, »wirst du mir eines Tages den Unterschied erklären.«
    Sie war so ungeheuer müde. Als er am Abend zuvor seiner Müdigkeit erlegen war und sich von ihr fortgedreht hatte, um zu schlafen, war zur Abwechslung Nicci die ganze Nacht wach geblieben, hatte zugesehen, wie er tief und fest schlief und dabei ihre magische Verbindung zur Mutter Konfessor gespürt. Über diese Verbindung empfand Nicci auch für sie starkes Mitgefühl.
    Alles geschah nur zum Besten.
    »Jetzt sollten wir erst einmal dafür sorgen, dass wir aus diesem schlechten Wetter herauskommen«, sagte Nicci. »Mir ist kalt und ich bin hungrig. Außerdem müssen wir uns dringend ein wenig ausruhen. Und wie gesagt: Zuvor haben wir noch etwas zu besprechen.«
    Ihr war bewusst, dass sie ihn nicht würde anlügen können. Alles konnte sie ihm natürlich nicht erzählen, aber ihn bei den Dingen, die sie ihm erzählte, anzulügen, wagte sie ebenso wenig.
    Das Spiel hatte begonnen.

26. Kapitel
    Richard zerbröckelte die Wurst, die Nicci ihm aus ihrer Satteltasche gegeben hatte, und warf sie in den Topf mit dem köchelnden Reis. Soeben hatte sie ihm Dinge anvertraut, die ihm, während er sie richtig einzuordnen versuchte, immer wieder wie laut schreiend durch den Kopf gingen.
    Er wusste nicht, wie viel er von dem, was sie erzählt hatte, zu glauben wagte, befürchtete jedoch, dass alles stimmte. Nicci machte einfach nicht den Eindruck, als habe sie es nötig, ihn anzulügen – zumindest nicht bei dem, was sie ihm bislang erzählt hatte. Sie wirkte längst nicht so … feindselig, wie er vermutet hatte. Wenn, dann wirkte sie eher traurig –, auch wenn ihm die Vorstellung schwer fiel, dass eine bekennende Schwester der Finsternis unter einem schlechten Gewissen leiden könnte. Wahrscheinlich war es einfach

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