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Schwester der Finsternis - 11

Schwester der Finsternis - 11

Titel: Schwester der Finsternis - 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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außer vielleicht, dass sie gelogen hat und ihn stattdessen zu Jagang bringt.«
    Alessandra zerbröckelte etwas Trockenfleisch und ließ es in den brodelnden Suppentopf fallen. »Aber warum? Wenn sie ihn in ihrer Gewalt hat und er tun muss, was sie verlangt – warum sollte sie dann lügen? Was hätte das für einen Sinn?«
    »Sie ist eine dem Hüter treu ergebene Schwester.« Ann warf die Hände in die Luft und ließ sie in den Schoß zurückfallen. »Das ist Grund genug für eine Lüge, oder nicht? Lügen ist verkehrt, es ist sündhaft. Das ist Grund genug.«
    Alessandra schüttelte den Kopf und widersprach. »Ich war selbst eine Schwester der Finsternis, Prälatin. Habt Ihr das schon vergessen? Das kann mir niemand weismachen, so verhält es sich keineswegs. Sagt Ihr immer die Wahrheit, nur weil Ihr dem Licht des Schöpfers treu ergeben seid? Nein, man lügt für den Hüter ebenso, wie man für den Schöpfer lügen würde – zu seinem Nutzen, falls eine Lüge dafür erforderlich sein sollte. Warum sollte Nicci in diesem Punkt die Unwahrheit sagen? Sie hatte die Situation unter Kontrolle und das nicht nötig.«
    »Kann ich mir nicht vorstellen.« Ann hatte Mühe, genug Interesse aufzubringen, um über die Frage nachzudenken. Ihr Verstand war in einem klebrigen Sumpf aus Gedanken der Hoffnungslosigkeit gefangen. Sie und nicht Nicci war schuld daran, dass Richard in Feindeshand gefallen war.
    »Ich glaube, sie hat es um ihrer selbst willen getan.«
    Ann sah auf. »Was willst du damit sagen?«
    »Ich glaube, Nicci ist noch immer auf der Suche nach etwas.«
    »Auf der Suche nach etwas? Was in aller Welt meinst du damit?«
    Alessandra faltete ein Stück Wachspapier auseinander und schnippte mit dem Finger eine Prise Kräuter in den Topf. »Vom allerersten Tag an, seit ich sie von zu Hause abgeholt und in den Palast der Propheten gebracht habe, hat Nicci sich irgendwie immer … mehr abgesondert. Immer tat sie alles in ihrer Macht Stehende, um den Menschen zu helfen, gleichzeitig gab sie mir als Kind stets das Gefühl, ich sei nicht fähig, ihre Bedürfnisse zu erfüllen.«
    »Als da wären?«
    Alessandra schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Sie schien fortwährend auf der Suche nach etwas zu sein. Damals glaubte ich, sie müsse nur das Licht des Schöpfers erblicken, also trieb ich sie unerbittlich an, in der Hoffnung, ihr so die Augen für Seinen Weg zu öffnen und ihrem Bedürfnis nachzukommen. Ich ließ ihr für andere Gedanken keinen Raum und hielt sie sogar von ihrer Familie fern. Ihr Vater war egoistisch und verliebt in seinen Reichtum, und ihre Mutter … nun ja, ihre Mutter hatte stets die besten Absichten, trotzdem fühlte ich mich in ihrer Gegenwart stets unwohl. Ich war überzeugt, der Schöpfer würde diese ganz persönliche Leere bei Nicci füllen.« Alessandra zögerte. »Und später dann glaubte ich, es sei der Hüter, den sie braucht.«
    »Du glaubst also, sie hat Richard gefangen genommen, um eine … innere Leere zu füllen? Wie soll das einen Sinn ergeben?«
    »Ich weiß es nicht.« Alessandra stieß einen verzweifelten Seufzer aus und rührte eine Prise Salz in die Suppe. »Prälatin, ich glaube, ich habe Nicci im Stich gelassen.«
    »Inwiefern?«
    »Das weiß ich nicht. Vielleicht habe ich es versäumt, sie auf angemessene Weise mit den Bedürfnissen anderer vertraut zu machen, und ihr zu viel Zeit gelassen, über sich selbst nachzudenken. Sie schien sich stets ganz dem Wohlergehen ihrer Mitmenschen zu widmen, aber vielleicht hätte ich sie mehr mit der Nase auf die Sorgen anderer Menschen stoßen und ihr den Pfad der Tugend des Schöpfers eher dadurch aufzeigen sollen, dass ich sie dazu bewege, sich mehr um ihre Mitmenschen zu kümmern statt um ihre eigenen egoistischen Bedürfnisse.«
    »Schwester, ich glaube kaum, dass das der Grund sein kann. Sie bat mich einmal um ein übertrieben elegantes schwarzes Kleid, das sie zur Beerdigung ihrer Mutter tragen wollte, und selbstverständlich habe ich eine solche Verschwendung abgelehnt, da sich dergleichen für eine Novizin nicht ziemt, die noch lernen muss, anderen den Vorrang zu geben, aber von dieser einen Ausnahme abgesehen ist mir nie aufgefallen, dass Nicci auch nur ein einziges Mal um etwas für sich selbst gebeten hätte. Du hast bei ihr bewundernswerte Arbeit geleistet, Alessandra.«
    Alessandra erinnerte sich, dass Nicci anschließend begonnen hatte, nur noch schwarze Kleider zu tragen.
    »Ja, ich erinnere mich.« Alessandra sah nicht

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