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Schwester der Finsternis - 11

Schwester der Finsternis - 11

Titel: Schwester der Finsternis - 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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auf. »Nach dem Tod ihres Vaters begleitete ich sie zu seiner Beerdigung. Es tat mir immer Leid, dass ich sie aus ihrer Familie herausgerissen hatte, trotzdem erklärte ich ihr, sie sei so begabt und verfüge über ein so großes Potenzial, anderen zu helfen, dass sie es auf keinen Fall ungenutzt lassen dürfe.
    Es ist immer hart, den jungen Nachwuchs in den Palast der Propheten zu bringen. Und es ist nicht einfach, ein Kind von seinen liebenden Eltern zu trennen. Manche fügen sich besser ein als andere.
    Sie erklärte mir, sie habe dafür Verständnis; in dieser Hinsicht war Nicci immer überaus zuvorkommend. Nie erhob sie Einwände gegen etwas, gegen eine Arbeit, die sie erledigen sollte. Vielleicht waren meine Ansprüche an sie zu hoch, weil sie sich geradezu darauf stürzte, anderen zu helfen, ohne sich auch nur ein einziges Mal zu beklagen.
    Bei der Beerdigung ihres Vaters wollte ich ihr helfen, über ihren Kummer hinwegzukommen. Ich kannte sie; nach außen hin gab sie sich kühl wie immer, innerlich aber war sie zutiefst verletzt. Ich versuchte sie zu trösten, indem ich ihr erklärte, sie solle ihren Vater nicht so in Erinnerung behalten, sondern versuchen, sich zu erinnern, wie er zu Lebzeiten war.«
    »Das sind freundliche Worte für jemanden, den solcher Kummer grämt, Schwester. Das war ein kluger Rat.«
    Alessandra sah kurz auf. »Es war für sie kein Trost, Prälatin. Sie sah mich aus ihren großen, blauen Augen an – Ihr erinnert Euch doch an ihre blauen Augen.«
    Ann nickte. »Allerdings.«
    »Nun, sie sah mich also aus diesen durchdringenden blauen Augen an, als würde sie mich am liebsten hassen, dabei überstieg selbst dieses Gefühl ihre Möglichkeiten, dann sagte sie mit der ihr eigenen, temperamentlosen Stimme, sie könne ihn nicht so in Erinnerung behalten, wie er zu Lebzeiten war, denn da habe sie ihn gar nicht gekannt. Habt Ihr jemals so etwas Seltsames gehört?«
    Ann seufzte. »Klingt ganz nach Nicci. Es war schon immer ihre Art, die seltsamsten Dinge im seltsamsten Augenblick zu sagen. Ich hätte ihr mehr Orientierung in ihrem Leben bieten, mich mehr für sie interessieren sollen … aber es gab so viele andere, die meiner Aufmerksamkeit bedurften.«
    »Nein, Prälatin, das war meine Aufgabe, und darin habe ich versagt. Ich habe Nicci im Stich gelassen.«
    Ann schloss ihren Umhang fester gegen den bitterkalten, böigen Wind und nahm die Schale mit Suppe entgegen, die Alessandra ihr reichte.
    »Schlimmer noch, Prälatin, ich habe sie in den Schutz des Hüters geführt.«
    Ann blickte über den Rand ihrer Suppenschale hinweg, während sie daran nippte; behutsam stellte sie sie in ihren Schoß.
    »Was passiert ist, ist passiert, Alessandra.«
    Während Alessandra an ihrer Suppe nippte, wanderten Anns Gedanken zu dem, was Kahlan gesagt hatte. Ihre Worte waren im Zorn gesprochen worden, man sollte sie ihr daher verzeihen. Oder musste man sie vielleicht im Licht der Ehrlichkeit betrachten?
    Ann hatte Angst zu behaupten, Kahlans Worte entsprächen nicht der Wahrheit; sie fürchtete, sie waren wahr. Jahrhundertelang hatte Ann mit Nathan an den Prophezeiungen gearbeitet und versucht, sowohl die Katastrophen zu vermeiden, die sie vorhersah, als auch die, auf die er sie aufmerksam machte. Was, wenn Nathan sie auf Dinge hingewiesen hatte, die nichts weiter waren als leere Worte, wie Kahlan behauptet hatte? Was, wenn er sie nur deswegen auf sie aufmerksam gemacht hatte, um seine eigene Flucht zu planen?
    Denn letzten Endes hatte auch das, was Ann durch Richard in Bewegung gesetzt hatte, die Flucht des Propheten zur Folge gehabt. Was, wenn man sie hinters Licht geführt hatte, damit sie all diese entsetzlichen Geschehnisse selbst herbeiführte?
    War das möglich? Der Kummer drohte sie zu überwältigen.
    Es beschlich sie die entsetzliche Befürchtung, sie könnte sich von dem, was sie zu wissen glaubte, so sehr haben fesseln lassen, dass sie aufgrund falscher Annahmen gehandelt hatte.
    Möglicherweise hatte Kahlan Recht, möglicherweise war die Prälatin der Schwestern des Lichts für mehr Leid persönlich verantwortlich als jedes andere in die Welt hineingeborene Ungeheuer.
    »Alessandra«, sagte Ann leise, nachdem sie ihre Schale mit Suppe aufgegessen hatte, »wir müssen uns unbedingt auf die Suche nach Nathan machen. Es ist gefährlich, wenn der Prophet dort draußen frei herumläuft, in einer Welt, die ihm schutzlos ausgeliefert ist.«
    »Wo sollen wir ihn denn suchen?«
    Ann schüttelte

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