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Schwester der Finsternis - 11

Schwester der Finsternis - 11

Titel: Schwester der Finsternis - 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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diesen wiederum wurden – dort, wo es keinen Platz zum Ausweichen gab – von liegen gebliebenen Karren blockiert. In einer schmalen Straße sah Richard ein totes Pferd liegen; das verwesende Tier, umschwärmt von einer Wolke schwarzer Fliegen, war immer noch vor seinen Karren gespannt und wartete darauf, abtransportiert zu werden. Die blockierten Straßen trugen noch zur allgemeinen Verstopfung der anderen bei; viele der schmaleren Passagen erlaubten ausschließlich Fußgängerverkehr.
    Der üble Geruch des Mülls und der Gestank der gleichzeitig als offene Kanalisation dienenden Straßen waren so ekelhaft, dass Richard sich in der ersten Woche, bis er empfindungslos dagegen wurde, am liebsten ständig übergeben hätte. Am schlimmsten waren die kleinen, engen Gassen, in denen er und Nicci übernachtet hatten. Der Regen diente bestenfalls dazu, den Dreck aus jedem Loch hervorzuspülen und ins Freie zu schwemmen, aber wenigstens wusch er einem, vorausgesetzt man stand aufrecht, einen Teil des Drecks herunter.
    Sämtliche Städte, die Richard seit ihrer Ankunft in der Alten Welt und auf ihrer Reise von Tanimura aus nach Süden gesehen hatten, ähnelten dieser; sie alle litten unter bedrückender Armut und unmenschlichen Lebensbedingungen. Allenthalben schien die Zeit still zu stehen, alles schien gefangen in einem Sumpf aus Fäulnis, so als wären die Städte einst Orte voller Hoffnung und Ehrgeiz, voll blühenden Lebens gewesen, in denen die Menschen die Erfüllung ihrer Träume angestrebt hatten; doch diese Träume hatten sich wohl irgendwann zersetzt und übrig geblieben war nur ein graues Leichentuch aus Stillstand und Verfall. Niemanden schien das groß zu kümmern. Jeder schien, gefangen in einem Dämmerzustand, auszuharren und darauf zu warten, dass sich sein Schicksal zum Besseren wendete, ohne auch nur eine Vorstellung davon zu haben, wie dieses bessere Leben aussehen oder wie es zu Stande kommen sollte. Alle zehrten nur von einem inhaltslosen Glauben und vertrauten allein darauf, dass das Leben nach dem Tod vollkommen sein würde.
    Die Städte, die Richard gesehen hatte, glichen auf erschreckende Weise seiner Vision dessen, was die Zukunft unter dem Joch der Imperialen Ordnung für die Neue Welt bereithielt.
    Dies jedoch war die größte einzelne Stadt, die Richard je zu Gesicht bekommen hatte. Hätte er sie nicht mit eigenen Augen gesehen, er hätte ihre Größe niemals für möglich gehalten. Heruntergekommene Gebäude inmitten eines chaotischen Straßengewirrs, in dem es von Menschen nur so wimmelte, erstreckten sich meilenweit über eine Reihe flacher Hügel und quer durch ein endloses Schwemmgebiet am Zusammenfluss zweier Ströme. Gedrungene, baufällige Hütten, aufs Geratewohl aus mit Lehm beworfenem Flechtwerk, Holzabfällen oder wiederverwerteten Ziegeln aus Schlamm und Stroh errichtet, umschlossen den Stadtkern bis weit hinaus in das umliegende Land wie die stinkende Schlacke an einem fauligen Stamm in einem stehenden Tümpel.
    Dies war die Stadt Altur’Rang – die Namensschwester jenes Landes, das jetzt das Herzstück der Alten Welt und des Ordens der Imperialen Ordnung bildete – die Heimstatt Kaiser Jagangs.
    Anfangs, als sie auf ihrem Weg nach Süden und nach Altur’Rang in die Alte Welt eingetreten waren, hatten Richard und Nicci in der am weitesten nördlich gelegenen Großstadt – der Alten Welt, in Tanimura, Halt gemacht, wo einst der Palast der Propheten gestanden hatte. Tanimura, einer der letzten Orte der Alten Welt, die unter die Herrschaft der Imperialen Ordnung gefallen waren, bot einen prachtvollen Anblick mit seinen breiten Prachtstraßen, die von Bäumen und reich verzierten, mehrere Stockwerke in die Höhe ragenden und mit Säulenfassaden sowie hohen, das Licht hereinlassenden Fenstern versehenen Gebäuden gesäumt wurden. Wie sich herausstellte, war Tanimura trotz seiner Größe nicht mehr als ein Vorposten der Alten Welt und so abgelegen, dass die Fäulnis erst jetzt dort eintraf.
    Für die Dauer von ein wenig mehr als einem Monat hatte Richard in Tanimura als einer von einem Dutzend Zulieferer für einen Steinmetz Arbeit gefunden, und hatte für ein gedrungenes, unansehnliches Gebäude Steine herbeigeschleppt und Mörtel angerührt. Die Steinmetze besaßen schlichte Hütten, in denen die Arbeiter mit ihren Familien hausten, daher hatte Nicci ein Dach über dem Kopf. Nach einer Weile gelangte der Meister zu der Erkenntnis, dass Richard mit seinen Steinmetzen mithalten

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