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Schwester der Finsternis - 11

Schwester der Finsternis - 11

Titel: Schwester der Finsternis - 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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den Rest der Nacht nach Süden. Wegen des hellen Mondscheins wanderten sie querfeldein und nicht über Straßen, für den Fall, dass eine Patrouille nach ihnen suchen sollte. Von da an machte Richard sich beim Anblick von Soldaten möglichst unsichtbar.
    Im Allgemeinen aber war das kein ernsthaftes Problem. Ganze Scharen von Jugendlichen, die es auf die in Aussicht gestellte Kriegsbeute abgesehen hatten, waren nur zu gerne bereit, in die Armee einzutreten. Oft mussten sie Wochen oder gar Monate warten, bis man sie aufnahm, um sie auszubilden, so gewaltig war die Zahl derer, die sich für die Armee meldeten. Richard hatte ganze Scharen von ihnen in den Städten gesehen, wo sie Spiele spielten, zockten, sich betranken oder rauften – junge Männer, die von der Ehre träumten, die gottlosen Feinde der mächtigen Imperialen Ordnung hinzumetzeln. Wenn sie in die Armee eintraten, um loszuziehen und die erschreckende Verruchtheit und Sündhaftigkeit zu bekämpfen, die angeblich die Neue Welt verpestete, war ihnen die Bewunderung der Bevölkerung gewiss. Richard war entsetzt, welch ungeheure Menschenmassen die Alte Welt bevölkerten, denn das bedeutete, dass die bereits in der Neuen Welt stehende Armee des Ordens zahlenmäßig kaum ins Gewicht fiel. Er hatte angenommen, der Imperialen Ordnung könnte ihre Begeisterung für einen bislang nur von ihrem Heimatland aus geführten Krieg abhanden kommen, oder die Menschen der Alten Welt könnten die Mühsal, die ein solcher Krieg erforderte, leid werden. Jetzt wurde ihm klar, dass dieser Gedanke nichts als ein hinfälliger Wunschtraum gewesen war.
    Man musste weder Zauberer noch Prophet sein, um zu wissen, dass die Armeen, die die Neue Welt aufzustellen im Stande war, selbst bei hemmungslos optimistischer Betrachtung nicht die geringste Chance hatten, sich gegen die Abermillionen von Soldaten zu behaupten, die Richard nach Norden hatte strömen sehen – von denen, die er nicht gesehen hatte, und die vermutlich andere Marschrouten eingeschlagen hatten, ganz zu schweigen. Das Schicksal der Midlands war besiegelt.
    Spätestens als die Bewohner Anderiths sich für den Orden und gegen die Freiheit entschieden hatten, war ihm im Grunde seines Herzens klar, dass die Neue Welt in die Hand der Imperialen Ordnung fallen würde. Die Erkenntnis, wie Recht er damit behalten hatte, bereitete ihm keinerlei Genugtuung. Angesichts der Größe dieser Armee erkannte er, dass der Kampf um den Frieden verloren und der Widerstand gegen die Imperiale Ordnung Selbstmord war.
    Der Lauf der Dinge schien unumkehrbar, die Welt schien verloren an die Imperiale Ordnung. Seine und Kahlans Zukunft sah nicht weniger hoffnungslos aus.
    Der mit Abstand merkwürdigste Ort, den er und Nicci auf ihrer Reise in den Südosten aufgesucht hatten, ein Ort, den sie später nie wieder erwähnte, hatte weniger als eine Woche südlich von Tanimura gelegen. Richard war noch immer niedergeschlagen von den Bildhauerarbeiten, die er gesehen hatte, als Nicci in einen alten, selten benutzten Fahrweg abseits der Hauptstraße einbog. Er führte zurück in die Berge, zu einer kleinen Stadt am Ufer eines ruhigen Flusses.
    Die meisten Geschäfte lagen verlassen da, der Wind wehte den Staub nach Belieben durch die zersprungenen Fenster der Lagerhäuser. Viele Wohnhäuser waren verfallen, ihre Dächer eingestürzt, und Unkraut und Kletterpflanzen taten ihr Bestes, bucklige Wände zum Einsturz zu bringen. Nur die Wohnhäuser in den Außenbezirken waren noch bewohnt, meist von Leuten, die Viehzucht betrieben und das umliegende Land bewirtschafteten.
    Am Nordrand der Stadt hatte sich ein einzelner kleiner Laden gehalten, der Handelsgüter an die in der Nähe lebenden Farmer verkaufte. Außerdem gab es ein kleines Geschäft für Lederwaren, einen Wahrsager und ein einsames Gasthaus. Einige Gebäude standen zwar noch, die meisten waren jedoch längst eingestürzt. Als Richard und Nicci zu Fuß das Stadtzentrum durchquerten, war ein launenhafter Wind ihr einziger Zeuge.
    Am Südrand der Stadt stießen sie auf die Überreste dessen, was einst ein großes Ziegelgebäude gewesen war.
    Wortlos verließ Nicci die Straße und hielt zielbewusst auf das verlassene Gelände zu. Holzbalken und Dachkonstruktion waren den Flammen zum Opfer gefallen, eine undurchdringliche Schicht aus Unkraut und Gestrüpp hatte sich des hölzernen Fußbodens bemächtigt; im Grunde standen nur noch die Ziegelmauern, doch die waren größtenteils zu Trümmern zerfallen, und

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