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Schwester der Finsternis - 11

Schwester der Finsternis - 11

Titel: Schwester der Finsternis - 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Goodkind
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würde. Da er neu war, wurde Richards Namen zuletzt aufgerufen. Er stand auf und sah gedankenverloren quer durch den schlecht beleuchteten Saal zu den Leuten in den mottenzerfressenen Jacken hinüber, die hinter einem langen, aus zwei alten Türen errichteten Tisch saßen. An einem Ende saß Ishaq, der den anderen bei jeder Abstimmung beipflichtete. Mehrere Frauen steckten noch immer die Köpfe zusammen. Als sie fertig waren, flüsterten sie dem Vorsitzenden etwas zu, woraufhin dieser nickte.
    »Richard Cypher, da du sozusagen neu bei uns bist, hast du, was deine Pflichten gegenüber dem Arbeiterkollektiv anbelangt, noch einiges nachzuholen. Dein nächster Wochenlohn wird demzufolge vollständig als Hilfszahlung einbehalten.«
    Einen Augenblick lang stand Richard wie benommen da. »Und wovon soll ich essen – oder meine Miete bezahlen?«
    Menschen im Saal wandten sich herum und warfen ihm missbilligende Blicke zu. Der Vorsitzende ließ seine flache Hand auf den Tisch niederkrachen und bat sich Ruhe aus.
    »Du solltest deinem Schöpfer dafür danken, dass du mit guter Gesundheit gesegnet bist und arbeiten kannst, junger Mann. Jetzt, in diesem Augenblick, gibt es Menschen, die nicht so viel Glück im Leben haben wie du, die bedürftiger sind als du. Leiden und Not gehen vor persönlicher Bereicherung.«
    Richard seufzte. Was spielte es im Grunde für eine Rolle? Schließlich hatte er Glück im Leben.
    »Jawohl, Sir. Ich verstehe, was Ihr meint. Ich werde den Bedürftigen mit Freuden meinen Anteil zur Verfügung stellen.«
    Wenn nur Nicci nicht ihr ganzes Geld weggegeben hätte.
    »Nun«, sagte er zu Nicci, als sie in die Nacht hinausschlenderten. »Ich schätze, wir können den Wirt bitten, uns den Mietzins zurückzugeben und bleiben, wo wir zuvor gewohnt haben, bis ich etwas mehr arbeiten und ein wenig Geld zurücklegen kann.«
    »Mietzins wird niemals zurückerstattet«, sagte sie. »Der Wirt wird Verständnis für unsere Notlage haben und unsere Schulden auflaufen lassen, bis wir mit der Rückzahlung beginnen können. Du wirst bei der nächsten Versammlung einfach bei der Prüfungskommission vorstellig werden und deine Notlage erklären müssen. Wenn du sie in angemessener Form darlegst, wird man dir Mittel aus dem Barmherzigkeitsfonds bewilligen, damit du deine Miete zahlen kannst.«
    Richard war erschöpft. Er kam sich vor wie in einem albernen, idiotischen Traum.
    »Barmherzigkeit? Das ist mein Lohn – für die Arbeit, die ich geleistet habe?«
    »Das ist eine eigensüchtige Betrachtungsweise, Richard. Die Arbeit wurde dir von Gnaden des Arbeiterkollektivs, der Gesellschaft und des Ordens überlassen.«
    Er war zu müde, um zu widersprechen. Außerdem erwartete er ohnehin keine Gerechtigkeit bei irgendetwas, das im Namen des Ordens geschah. Er wollte einfach in ihr neues Zimmer gehen und ein wenig schlafen.
    Als sie die Tür aufmachten, war einer der drei jungen Burschen gerade damit beschäftigt, Niccis Rucksack zu durchwühlen. Ein paar ihrer Wäschestücke in seiner Hand haltend, schaute er einfältig grinsend über seine Schulter zu ihnen hinüber.
    »Sieh mal einer an«, meinte er, sich aufrichtend. Er trug noch immer kein Hemd. »Es scheint, die beiden nassen Ratten haben ein Loch gefunden, in dem sie hausen können.« Sein lüsterner Blick glitt zu Nicci, und es war nicht ihr Gesicht, das ihn interessierte.
    Nicci riss ihm erst den Rucksack aus der einen, dann ihre Wäsche aus der anderen Hand. Während er ihr die ganze Zeit grinsend dabei zusah, stopfte sie ihre persönlichen Wäschestücke zurück in den Rucksack. Richard befürchtete, sie könnte ihre Verbindung zu Kahlan aufgeben, um von ihrer Kraft Gebrauch zu machen, doch sie funkelte den Burschen nur wütend an.
    Im Zimmer stank es nach Schimmel. Die niedrige Decke gab Richard das Gefühl, bedrohlich eingezwängt zu sein. Früher schien die Decke wohl einmal weiß getüncht gewesen zu sein, jetzt jedoch war sie von Kerzenund Lampenruß schwarz, was dem Zimmer etwas Höhlenähnliches verlieh. Eine auf einer rostigen Wandhalterung stehende Kerze war die einzige Lichtquelle. In einer Ecke vor den schmutzigen, mit Fliegendreck übersäten Wänden stand schräg ein Kleiderschrank. Dem Kleiderschrank fehlte eine Tür. Zwei Holzschemel vor einem unter dem einen winzigen Fenster in der gegenüberliegenden Wand stehenden Tisch waren die einzige Sitzmöglichkeit, wenn man nicht mit dem verzogenen und durchhängenden Fußboden aus Fichtenplanken vorlieb

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