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Schwester der Toten

Schwester der Toten

Titel: Schwester der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel Feige
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habe ihn das Reden angestrengt. Die Umsitzenden nickten zustimmend. »Sie werden sehen, wir machen uns viel zu viele Sorgen. Und wer weiß, sobald wir die Bücher entschlüsselt haben, stellen wir vielleicht fest, das sie nichts anderes enthalten, als das, was wir ohnehin schon wissen.«
    De Gussa starrte ihn fassungslos an. Jedes weitere Wort war vergebens. Den Freunden des Offiziums fehlte jegliches Bewusstsein für die Tragweite der Angelegenheit. Wie konnte das sein? Waren sie träge geworden in den Jahren, die sie auf diesen Tag gewartet hatten? Oder war ihre Ignoranz bereits eine erste Auswirkung der Ereignisse, die sie fürchteten und die zu verhindern sie sich geschworen hatten? Der Bischof wagte nicht daran zu denken.
    Seine Entscheidung, Cato einzuschalten, war richtig gewesen. Doch darüber, so beschloss er in diesem Augenblick, würde er die versammelten Würdenträger nicht in Kenntnis setzen. Noch nicht. Sie würden nur wieder diskutieren – Ausgerechnet Cato! Wie widerlich! Was würde der Heilige Vater denken? Muss das wirklich sein? – und eine Entscheidung so lange hinauszögern, bis es zu spät war. Besser war es, ihnen Ergebnisse zu präsentieren.
    Er erhob sich mit einem Ruck. »Meine Herren, entschuldigen Sie mich für einen Augenblick.«
    »Wohin wollen Sie?«, fragte der Präfekt der Kongregation, Boris Garnier.
    »Auch einen Bischof überkommt ab und an ein menschliches Bedürfnis«, antwortete de Gussa. Er verließ den Raum und spürte, wie sich ihre Augen in seinen Rücken bohrten. Draußen im Flur griff er zu seinem Handy.
     
     
    Berlin
     
    Ein Flughafen war wie der andere. Als Cato sich vier Stunden und einen Umstieg am Mailänder Malpensa später zum Gepäckband am Flughafen Berlin-Tegel schleppte, war es nur die Sprache der Hinweisschilder, die darauf deutete, dass er sich in einer anderen Stadt in einem anderen Land befand.
    Erschöpft wartete er auf die Koffer, die das Laufband herantrug. Die zurückliegenden Flugstunden zerrten an seinen Kräften. Ihm war kalt, und die Konzentration schwand, je länger er wach blieb. Da half selbst sein Kaugummi nicht mehr, das seine Zähne unablässig bearbeiteten. Bei dem Gedanken an Lacie verging ihm auch der letzte Rest gute Laune. Er wollte ihm nicht begegnen, nicht in seinem jetzigen Zustand, müde, verschwitzt, stinkend. So dringend die Angelegenheit war, unter diesen Umständen würde er keine gute Arbeit leisten können.
    Trotz der Menschentraube, die in der Ankunftshalle auf Angehörige und Freunde wartete, war der narbengesichtige Popanz nicht zu übersehen. Der Anblick war sogar schlimmer, als Cato ihn in Erinnerung hatte; nur der teure schwarze Einreiher, den Lacie trug, milderte das schauerliche Bild.
    Frostig reichten sie sich die Hand und überquerten schweigend das Parkplatzrondell zu einem schwarzen Mercedes. Der Wagen war bereits von einer dünnen weißen Decke überzogen, nur die Motorhaube war frei. Anders als das neblige Rom wirkte das verschneite Berlin friedlicher, beinahe sinnlich. Doch Cato ließ sich von dem Anblick nicht täuschen.
    »Er hat Sitzheizungen«, bemerkte Lacie mit einem bedauernden Blick auf Catos Soutane, als er den Mercedes mit der Funkfernbedienung entriegelte.
    Als sie auf den warmen Sitzen Platz genommen hatten, sagte Lacie: »Wir haben ihn!« Ihre Hilfe ist nicht mehr nötig, sollte sein Blick bedeuten. Die Abneigung war ohne Zweifel beiderseitig. Trotzdem würden sie miteinander auskommen müssen, so lange, bis sie den Jungen nach Rom geschafft hatten.
    Ohne auf den unterschwelligen Angriff einzugehen, erwiderte Cato: »Bischof de Gussa erzählte mir bereits, dass wir wissen, wer er ist.« Er hielt es für unnötig, das Foto hervorzuholen.
    Lacie startete den Wagen, und die Scheibenwischer fegten das weiße Pulver von der Scheibe. Ein Flieger der Lufthansa hob seine Schnauze in den Himmel und verschwand wenig später in den tief hängenden Wolken. »Nein«, sagte Lacie, »was ich damit sagen wollte ist: Wir haben ihn in Gewahrsam.«
    »In Gewahrsam? Was soll das heißen?« Nur zu gut konnte Cato sich an einen Vorfall vor etlichen Jahren erinnern, ebenfalls in Berlin. Wie es wohl dem Mann ergangen ist, den wir damals in den Vatikan verschleppt haben? Er hätte de Gussa nach ihm fragen sollen, immerhin stand der aktuelle Auftrag in unmittelbarem Zusammenhang mit der damaligen Aktion.
    Lacie lächelte. »Der Junge ist im Gefängnis. Das macht die Sache für uns einfacher.«
    Cato war sich nicht sicher,

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