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Schwesterlein, komm tanz mit mir

Schwesterlein, komm tanz mit mir

Titel: Schwesterlein, komm tanz mit mir Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Higgins Clark
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immer so blaß, daß es Susan das Herz zerriß. Doch weder seine Haltung noch seine Stimme wirkten gebrechlich.
    Nach dem Essen gingen Beth und Donny in der Nachbarschaft Freunde besuchen. Susan brachte Trish und das Baby zu Bett, goß Mokka auf und trug ihn in die Bibliothek.
    Sie wußte, daß ihr Vater sie beobachtete, als sie seine Tasse mit Süßstoff und etwas Zitronenschale herrichtete.
    «Wann erfahre ich eigentlich den Grund für diesen unerwarteten, wenn auch höchst willkommenen Besuch?»
    Susan lächelte. «Jetzt, denke ich. Ich werde mich von Doug scheiden lassen.»
    Ihr Vater wartete.
    Versprich, daß du nicht sagen wirst, du hättest es ja gewußt, betete Susan im stillen. Dann fuhr sie fort: «Ich habe ihn von einer Detektei beobachten lassen. Er hat in New York unter dem Namen Douglas Fields eine Wohnung in Untermiete. Gibt sich als freiberuflicher Illustrator aus.
    Wie du weißt, kann Doug sehr gut zeichnen. Hat jede Menge Verabredungen. Und dazwischen jammert er mir vor, wie hart er arbeiten müsse, ‹all die späten Konferenzen›. Donny durchschaut seine Lügen bereits und reagiert mit Wut und Verachtung. Er wird besser dran sein, wenn er nichts mehr von seinem Vater erwartet, als wenn er immer hofft, er werde sich ändern.»
    «Möchtest du zu mir ziehen, Susan? Hier ist genug Platz.»
    Sie warf ihm ein dankbares Lächeln zu. «Du würdest binnen einer Woche verrückt. Nein. Das Haus in Scarsdale ist zu groß. Doug wollte es unbedingt kaufen, um den Leuten im Club Eindruck zu machen. Wir konnten es uns damals nicht leisten, und ich komme allmählich dahinter, daß wir es uns auch heute nicht leisten können. Ich werde es verkaufen, ein kleineres nehmen, und nächstes Jahr gebe ich das Baby in eine Tageskrippe – in der Stadt gibt es eine, die sehr gut ist. Dann suche ich mir einen Job.»
    «Es wird nicht leicht für dich sein.»
    «Aber besser, als es jetzt ist.»
    «Susan, ich bemühe mich, nicht ‹ich hab’s ja immer gewußt› zu sagen, aber nun ist es doch passiert. Dieser Bursche ist ein geborener Weiberheld, und er hat einen üblen Charakter. Erinnerst du dich noch an deinen achtzehnten Geburtstag? An dem Abend war er so betrunken, als er dich nach Hause brachte, daß ich ihn hinauswarf. Am nächsten Morgen waren alle Scheiben meines Autos eingeschlagen.»
    «Du kannst noch immer nicht sicher sein, daß das Doug war.»
    «Komm, Susan. Wenn du anfangen willst, den Fakten ins Auge zu sehen, dann bitte allen. Und sag mir noch etwas: Hast du ihn nicht gedeckt, als er nach dem Tod dieses Mädchens vernommen wurde?»
    «Nan Sheridan?»
    «Natürlich, Nan Sheridan.»
    «Doug ist einfach nicht fähig –»
    «Susan, um welche Zeit hat er dich abgeholt an dem Morgen, an dem sie starb?»
    «Um sieben Uhr. Wir wollten zu einem Hockeyspiel nach Brown zurückfahren.»
    «Susan, bevor sie starb, hat Großmutter mir die Wahrheit gesagt. Du hast geweint, weil du dachtest, Doug habe dich wieder versetzt. Er kam nach neun in unser Haus. Gib mir wenigstens die Befriedigung, daß du jetzt die Wahrheit sagst.»
    Die Haustür schlug zu. Donny und Beth kamen herein.
    Donnys Gesicht wirkte glücklich und entspannt. Er sah allmählich genauso aus wie Doug in seinem Alter. Sie hatte sich im zweiten Jahr in der High-School in ihn verliebt.
    Susan spürte einen stechenden Schmerz. Ich werde nie ganz über ihn hinwegkommen, gestand sie sich ein.
Doug, wie er sie anflehte: «Susan, mein Auto ging kaputt. Sie versuchen, mir etwas anzuhängen. Sie wollen einen Schuldigen. Bitte, sag, daß ich um sieben Uhr hier war.»
    Donny kam zu ihr, um ihr einen Kuß zu geben. Sie streckte die Hand aus und strich sein Haar glatt; dann wandte sie sich an ihren Vater. «Komm, Dad, du weißt, wie verwirrt Großmutter war. Schon damals konnte sie einen Tag nicht vom anderen unterscheiden.»

11
    SAMSTAG, 2. MÄRZ
    E s war halb drei am Samstag morgen, als er das Haus erreichte. Inzwischen war sein Bedürfnis, dort zu sein, überwältigend. Hier konnte Charley er selbst sein. Er brauchte sich nicht mehr hinter dem anderen zu verkriechen. Konnte im Gleichschritt mit Astaire tanzen, auf das Phantom in seinen Armen herunterlächeln, ihr leise ins Ohr singen. Die wunderbare Einsamkeit des Hauses, die gegen unziemliche Blicke zufällig Vorüberkommender geschlossenen Vorhänge, die Riegel, die ihn vor der Außenwelt sicherten, das grenzenlose Selbstgefühl, ungestört von Zuhörern oder Beobachtern, die Freiheit, in den köstlichen

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