Schwesterlein, komm tanz mit mir
ihr gegenüber am Tisch saß, aufmerksam, gutaussehend, fähig, Erins Talent zu erfassen, mochte durchaus diesem Wunsch entsprochen haben.
«Auf welche Anzeige von Ihnen hat sie geantwortet?»
Stratton zuckte die Achseln. «Ehrlich gesagt, ich gebe so viele auf, daß ich sie vergesse.» Er lächelte. «Sie sehen schockiert aus, Darcy. Ich will Ihnen dasselbe erklären, was ich Erin erklärt habe. Eines Tages werde ich eine sehr reiche Frau heiraten. Ich habe sie noch nicht kennengelernt, aber seien Sie versichert, so wird es kommen. Durch diese Anzeigen lerne ich viele Frauen kennen. Es ist nicht sehr schwierig, ältere Frauen ganz sanft dazu zu überreden, daß sie ihre Einsamkeit lindern, indem sie sich selbst ein besonders schönes Schmuckstück gönnen oder ihre Ringe, Halsketten oder Armbänder umarbeiten lassen. Sie sind glücklich, ich bin glücklich.»
«Warum erzählen Sie mir das?» fragte Darcy. «Ich hoffe nicht, daß Sie mich auf diese Art ohne Anstrengung loswerden wollen. Ich betrachte den heutigen Abend nicht als Rendezvous. Für mich ist er ‹rein geschäftlich›.»
Stratton schüttelte den Kopf. «So anmaßend wäre ich nie. Ich sage Ihnen genau dasselbe, was ich Erin gesagt habe, nachdem sie mir erklärt hatte, warum sie auf Bekanntschaftsanzeigen antwortet. Der Dokumentarfilm Ihrer Redakteursfreundin, nicht?»
«Ja.»
«Was ich zu erklären versuchte, und vermutlich habe ich mich ungeschickt ausgedrückt, ist, daß es zwischen Erin und mir keinen romantischen Funken gab. Und noch etwas liegt mir am Herzen. Ich möchte mich aufrichtig für mein Verhalten bei unserer ersten Begegnung entschuldigen.
Bertolini ist ein guter Kunde von mir. Ich hatte nie zuvor mit Erin gearbeitet. Ich kannte sie nicht gut genug, um völlig sicher zu sein, daß sie nicht aus einer Laune heraus verreisen und den Ablieferungstermin vergessen würde.
Glauben Sie mir, es war mir furchtbar unangenehm, als ich darüber nachdachte und mir über den Eindruck klarwurde, den ich auf Sie gemacht haben muß, als Sie krank vor Sorge um Ihre Freundin waren und ich nur über Ablieferungstermine redete.»
Ein feiner Vortrag, dachte Darcy. Ich sollte ihn warnen und ihm sagen, daß ich den größten Teil meines Lebens mit den beiden besten Schauspielern des Landes verbracht habe. Sie fragte sich, ob es angebracht wäre, in Applaus auszubrechen.
«Haben Sie den Scheck für das Collier?»
«Ja. Ich wußte nicht, wie ich ihn ausstellen soll. Finden Sie
Nachlaß Erin Kelley
angemessen?»
Nachlaß Erin Kelley.
All die Jahre hindurch war Erin fröhlich ohne die Dinge ausgekommen, die die meisten ihrer Freundinnen als wesentlich ansahen. So stolz, daß sie ihren Vater in einem privaten Pflegeheim unterbringen konnte. Eben auf der Schwelle zum ganz großen Erfolg.
Darcy schluckte den Kloß, der ihr in der Kehle saß, und sagte: «Ja, das geht.»
Sie blickte auf den Scheck nieder. 17500 Dollar für den Nachlaß Erin Kelley, gezogen auf die Chase Manhattan Bank und unterschrieben von Jay Charles Stratton.
14
DIENSTAG, 5. MÄRZ
A ls Agent Vincent D’Ambrosio am Dienstag morgen die Sheridan-Galerie betrat, schaute er sich rasch um, bevor er nach oben in Chris Sheridans Büro geführt wurde. Die Möbel erinnerten ihn an das, was sich in Nona Roberts’ Wohnzimmer befand. Merkwürdig. Eines der Dinge, die immer auf seiner Liste gestanden hatten, war der Besuch von Kursen über Kunst und antike Möbel. Der Lehrgang des FBI über Kunstdiebstahl hatte seinen Appetit auf dieses Gebiet nur verstärkt.
Bis dahin, dachte Vince, während er einer Sekretärin durch den Korridor folgte, lebe ich mit Alices Fehlern. Als sie sich scheiden ließen, hatte er schon aufgehört, Fairneß von ihr zu erwarten. «Nimm mit, was du willst, wenn es dir so wichtig ist», hatte er ihr angeboten.
Und sie hatte ihn beim Wort genommen.
Sheridan telefonierte gerade. Er lächelte und winkte Vince zu einem Stuhl. Scheinbar achtlos hörte Vince dem Gespräch zu. Es ging anscheinend um eine Sammlung, die stark überschätzt wurde.
Sheridan sagte gerade: «Sagen Sie Lord Kilman, daß sie ihm diese Summe vielleicht versprechen, sie aber nie werden bezahlen können. Wir können uns glücklich schätzen, wenn wir vernünftige Erstgebote bekommen. Der Markt gibt nicht mehr soviel her wie vor ein paar Jahren. Wäre er denn bereit, noch drei bis fünf Jahre abzuwarten? Wenn nicht, soll er sich unsere Schätzungen genau ansehen. Ich denke, dann wird er sehen, daß
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