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Schwesterlein muss sterben

Schwesterlein muss sterben

Titel: Schwesterlein muss sterben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Freda Wolff
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Frustration war, dass sie nicht den kleinsten Anhaltspunkt dafür finden konnte, was mit Marie passiert war. Sie fühlte sich vollkommen ohnmächtig, als würde sie unentwegt gegen eine Wand aus Watte anrennen.
    Mikke räumte das Geschirr in die Spüle und wusch auch den Topf und die Pfanne ab. Dann nahm er Julia an der Hand, mit ihren Rotweingläsern gingen sie in Julias Zimmerhinüber. Mikke stellte sein Glas auf den Fußboden, ohne zu trinken, und ließ sich aufs Bett fallen. Julia hockte sich mit untergeschlagenen Beinen neben ihn.
    »Musik?«, fragte Mikke.
    »Nein«, sagte Julia. »Nur einen Moment gar nichts machen.« Sie strich ihm über die Haare und wickelte sich eine Strähne um den Finger. »Es ist gut, dass du da bist.«
    »Was ist das jetzt eigentlich mit uns?«, wollte Mikke einen Moment später wissen. »Ich meine, vielleicht ist das jetzt nicht der richtige Zeitpunkt dafür, aber …«
    »Ist schon okay. Ich habe nur keine Ahnung, was ich dir antworten soll.«
    »Dann machen wir es doch andersrum. Wenn du irgendwas über mich wissen willst, dann frag. Egal was.«
    Was ist das da mit dir und der Arbeit, ging es Julia durch den Kopf. Warum hast du behauptet, dass du Tontechniker wärst? Du bist nur so was wie ein Roadie, mehr nicht. Und stimmt es, dass du noch eine andere Freundin hast? Es macht mir nichts aus, wir haben schließlich keine feste Beziehung, aber ich würde es trotzdem gerne wissen. Doch, verdammt, natürlich macht es mir was aus! Kann es sein, dass du mich noch bei anderen Sachen belügst?
    Aber dann sagte sie nur leise: »Die Nummer da mit meiner Mutter, als du einfach abgehauen bist, was sollte das?«
    »Ich wusste, dass du noch mal danach fragen würdest. Mann, das ist irgendwie kompliziert. Vielleicht hatte ich einfach keine Lust, ausgefragt zu werden. Das ist dann immer gleich so, als müsste ich mich als potentieller Schwiegersohn unbedingt von meiner besten Seite zeigen. Und ich steh auch irgendwie nicht so auf Psychologinnen, ist einfach so.«
    »Du spinnst. Darum geht es?«
    »Mann, ja, was weiß ich, was du machst, wenn deine Mutter mich blöd findet!«
    »So schätzt du mich ein? Dass ich erst meine Mutter fragen muss, mit wem ich … ins Bett gehe?«
    »Na ja, dazu war’s ja bei uns schon ein bisschen spät, aber wenn du die Wahrheit hören willst: Ja, ich glaube schon, dass du und deine Mutter euch viel erzählt, was gerade so läuft und so.«
    Er schob die Hand unter ihr T-Shirt, blieb aber mit geschlossenen Augen liegen, als würde er darauf warten, dass Julia den nächsten Schritt unternahm.
    »Und wie kommst du darauf?«, fragte Julia leise. Ihre Stimme klang heiser, sie merkte, wie ihr Atem schneller ging, als seine Hand sich zu ihrer Brust tastete.
    »Ist nur so ein Eindruck. Soll ja auch manchmal so sein mit Müttern und Töchtern.«
    »Was du alles weißt«, flüsterte Julia und beugte sich vor, um Mikke zu küssen. Aber dann hielt sie mitten in der Bewegung inne und strich seine Haare zurück, bis sie ganz deutlich den hellen Ansatz sehen konnte.
    »Was ist das denn? Sag mal, färbst du dir etwa die Haare? Du hast gar keine schwarzen Haare, du bist ja blond!«
    Er fuhr so schnell hoch, dass sie fast mit den Köpfen zusammenstießen.
    »Ja und?«, stieß er hervor. »Ist das schlimm oder was? Ist doch nichts dabei! Oder darf ich das nicht als Typ?«
    Julia konnte nicht anders, sie kicherte albern und griff dann nach Mikkes Kopf, um ihn hin und her zu drehen. Mikke ließ sie machen, ohne sich zu wehren, wich ihrem Blick dabei aber beharrlich aus.
    »Das ist ja echt ein Ding!« Julia kicherte. »Ich hab einen Typen aufgegabelt, der sich die Haare färbt! Aber warum?«, fragte sie dann. »Das kapier ich nicht. Blond würde dir echt gut stehen! Warum machst du das?«
    »Ist doch egal, oder? Nein, im Ernst, ich wollte einfach mal anders aussehen. Und da, wo ich herkomme, laufen ja nun mal auch jede Menge Samen rum, die alle schwarze Haare haben, das fand ich schon immer irgendwie cool. Also hab ich gedacht, ich hör auf, den blonden Vorzeige-Norweger zu geben, und tu mal was für die Minderheit in unserem Land, zufrieden?«
    »Das ist ja so ziemlich die bescheuertste Erklärung, die ich jemals gehört habe.« Julia fing wieder an zu lachen. »Mikke, der schwarzhaarige Lappe, der mit dem Rentierschlitten direkt aus der Schneewüste kommt und die große Stadt im Süden aufmischt. – He, Mikke«, setzte sie dann hinzu, als sie begriff, dass er nicht bereit war, sich auf

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