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Schwestern der Angst - Roman

Schwestern der Angst - Roman

Titel: Schwestern der Angst - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Haymon
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meine Wenigkeit noch zugelassen hätte.
    Ich war bereits zwanzig, aber hatte noch keine leichtlebige Erfahrung mit männlichen Existenzen. Paul hatte die Substanz, die zu verführen sich lohnte. Die hellbraunen Honigaugen waren immer bereit und sich keiner Frau zu schade, sie abtastend wahrzunehmen. Sie vorzukosten war ihre Absicht, und doch nicht schändlich? Ich war sein gefundenes Fressen, und er würde sich an mir nicht satt essen. Mein Recht, das ich mir als die Ältere herausnahm, wollte ich vor seiner Abreise mit Marie einlösen.
    Ich verfügte mich in sein Zimmer und erwartete ihn. Das Fenster stand offen. Ich hörte aus Maries Zimmer im unteren Stockwerk Stuhlrücken und Hüsteln heraufdringen. Das Knistern von Zellophanpapier konnte ich vom Stanniolpapier, das sie in ihrer Hand zerknüllte, unterscheiden. Dann folgte ein dumpfes Klopfen, als schlüge sie etwas aus einer Schachtel. Sogleich erklang ein Ratschen und plötzlich ein Plopp, dann noch ein Fauchen. Tiefes Einatmen und Aushauchen. Ich roch Rauch. Das Miststück hatte also schon angefangen, an Zigaretten zu saugen. Eine Flamme der Wut, als stünde ich vor meiner Vernichtung, wenn Marie rauchte. Ich konnte mich nicht halten, ging zum Fenster, um zu Marie hinunterzuschimpfen, als ich Paul auf das Haus zukommen sah.
    Ich schoss zum Bette zurück und schüttelte das Kissen auf, streifte das Laken glatt. Paul kam. Ich hörte seine Schritte. Als er mich entdeckte, war er freundlich wie immer, wollte den Raum wieder verlassen, doch bat ich ihn zu bleiben und Platz zu nehmen. Ich schloss das Fenster. Marie sollte kein Wort mitbekommen.
    Ich schämte mich zu sehr, um mich Paul direkt zu eröffnen. Ich suchte nach den einleitenden Worten über Gefühle. Er schenkte mir Verständnis. Als ahnte er meine Unsicherheit, übernahm er das Ruder und fragte mich direkt: ob mir unsere Begegnung im Van Dam im Magen läge. Ich nickte. Das sei kein Problem, meinte er, im Grunde hätte er es sogar amüsant gefunden, übermannt zu werden. Dann versprach er mir, niemandem je ein Wort davon zu erzählen.
    Wir saßen nebeneinander, ich schaute auf meine Zehen, und plötzlich fiel mir dieses komische Wort „wurmstichig“ ein und ging mir nicht aus dem Kopf. Wir sprachen über die Liebe, das Leben, den Tod. Paul erklärte, dass ich viel zu jung für ihn wäre und er zu alt für mich. Ich bemerkte die herumschwirrenden schwarzen Würmchen im Zimmer. Wie die Geburt eines Sternes, der erlischt, noch bevor das Licht unser Auge erreicht hat, stoben die Würmchen auseinander und verschwanden wieder.
    Das Licht floss über Pauls Gesicht und aus seinen Lippen tröpfelte die Essenz seiner Herzensworte an mich: „Du bist ein nettes Mädchen“, sagte er. Ich hätte ihn gern berührt. Seine Hände kamen mir sehr schön vor. Als er sie über die Decke schob, auf mich zu, sank ich ihm entgegen und mir schien, er zog mich zu sich auf den Boden, wo ich mir den ersten Kuss holte, der wie eine Medizin gegen alle Schmerzen wirkte.
    Das Eisen soll heiß sein, das man schmiedet, und mir war heiß. Es ging um mein Glück von Kopf bis Fuß. Ich schob meinen Rock hoch und öffnete die Knie. Ich trug keine Unterhose. Zikadengezirpe drang laut aus der Kastanie. Paul sprach mit einer dunklen Stimme, gespeist aus den Tiefen unheimlicher Kräfte, die ich nun gleich zu spüren bekommen würde. Er war streng und unversöhnlich, als er sagte: „Verstehst du immer noch nicht, dass ich nichts von dir will?“ Ich hockte vor ihm und führte seine Hand an mein erogenes Körperteil. Es kam zu einem Handgemenge. „Verschwinde, du Miststück.“ Ich verfügte über enorme Kräfte, wenn ich etwas wollte. Und so schlug ich die Nägel in seinen Handrücken. Dann schüttelte er mich ab, aber ich klebte an ihm wie eine Klette. Ich besprang ihn, schlang die Beine um seine Hüften, er nahm seine Hände zu Hilfe, legte sie um meine Handgelenke und riss sie weg, stieß mich von sich, so heftig, dass ich nach hinten fiel und mit dem Hinterkopf aufschlug. Ich bekam mit, dass Paul fluchte, und während ein Reißverschluss geöffnet wurde, raubte mir ein Krachen das Bewusstsein, als spaltete der Bettpfosten, auf den ich hinknallte, meine Schädeldecke.
    Es war dunkel, als ich zu mir kam. Mein Unterleib war bedeckt. Langsam setzte ich mich auf. Der Rock rutschte zurück. Die Oberschenkel waren zerkratzt. Ich beugte mich vor und untersuchte mein Geschlecht. Von außen konnte ich keine weiteren Spuren einer Vergewaltigung

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