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Schwestern der Dunkelheit

Schwestern der Dunkelheit

Titel: Schwestern der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa J. Smith
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Samstagabend nahm Thea ein Kleid aus dem Schrank. Es war hellgrün - so hell, dass es beinahe weiß wirkte -, und es war nach griechischem Vorbild geschneidert. Hexenkleider mussten nicht nur gut aussehen, sondern sich auch gut anfühlen, und dieses Kleid war weich und leicht und flog wunderbar, wenn sie herumwirbelte.
  Blaise trug kein Kleid. Sie trug einen Smoking. Mit roter Fliege und Kummerbund, und er stand ihr fantastisch.
  Das wird wahrscheinlich der erste Ball in der Geschichte sein, auf dem das begehrteste Mädchen Manschettenknöpfe trägt, überlegte Thea.
  Erik erschien auf die Minute pünktlich. Er klopfte an die Vordertür des Ladens, die Tür, die nur Outsider benutzten. Die Geschöpfe der Nacht kamen durch die hintere Tür, die nicht näher gekennzeichnet war, bis auf etwas, das aussah wie Graffiti - eine aufgesprühte, schwarze Dahlie.
  Okay, dachte Thea. Sie holte tief Luft, bevor sie die Tür aufschloss und ihn einließ.
  Es ist rein geschäftlich, geschäftlich, geschäftlich ...
  Aber der erste Augenblick war nicht so peinlich, wie sie befürchtet hatte. Er lächelte und hielt ihr ein Sträußchen weißer Orchideen hin. Sie lächelte ebenfalls und nahm es entgegen. Dann sagte sie: »Du siehst gut aus.«
  Sein Anzug war von einem blassen, matten Braun, saß locker und sah bequem aus. »Ich? Du siehst gut aus. Ich meine - du siehst wunderbar aus. In diesem Kleid sieht dein Haar aus wie Gold.« Dann schaute er entschuldigend an sich selbst herab. »Ich fürchte, ich war noch nicht auf vielen Bällen.«
  »Nein?« Sie hatte die Mädchen in der Schule über ihn reden hören. Es schien, als würden ihn alle mögen und ihm näherkommen wollen.
  »Nein. Ich habe immer ziemlich viel zu tun. Du weißt schon, Arbeit und Sport.« Etwas leiser fügte er hinzu: »Und immer wenn ich mit Mädchen zusammen bin, fällt mir kaum etwas ein, das ich sagen könnte.«
  Komisch, bei mir scheinst du dieses Problem nicht zu haben, dachte Thea. Sie bemerkte, dass er sich im Laden umschaute.
  »Der Laden gehört meiner Großmutter. Sie verkauft hier alle möglichen Dinge, von überall auf der Welt.« Sie beobachtete ihn eingehend. Dies war ein wichtiger Test. Wenn er - ein Mensch - an diese Dinge glaubte, war er entweder ein New-Age-Trottel oder kam der Wahrheit gefährlich nah.
  »Cool«, erwiderte er, und sie war glücklich zu sehen, dass er log. »Ich meine ... ich denke, manche Leute können wirklich Einfluss auf ihren Körper nehmen, wenn sie ihre Geistesverfassung verändern.« Er war ganz offensichtlich darum bemüht, wenigstens irgendetwas Positives an Voodoo-Puppen und Zauberstabkristallen zu finden.
  Du weißt ja gar nicht, wie recht du hast, dachte Thea.
  Das Klappern hoher Absätze auf Holz war zu hören, und Blaise kam die Treppe herunter. Ihre Schuhe erschienen als Erstes, dann ihre maßgeschneiderten Hosenbeine, dann all die Kurven, die hier und da durch leuchtend rote Seide betont wurden. Schließlich erschienen ihre Schultern und ihr Kopf, ihr mitternachtsschwarzes Haar halb hochgesteckt, halb offen, sodass es ihr Gesicht in stürmischen, dunklen Locken umrahmte.
  Thea sah Erik von der Seite an.
  Er lächelte Blaise an, aber nicht auf diese einfältige Art all der anderen Jungen, die Thea immer an sterbende Schafe erinnerte. Es war einfach ein aufrichtiges Grinsen.
  »Hey, Blaise«, begrüßte er sie. »Gehst du auch zum Ball? Wir könnten dich mitnehmen.«
  Blaise blieb wie angewurzelt stehen. Dann funkelte sie ihn vernichtend an. »Vielen Dank, ich habe mein eigenes Date. Ich bin gerade dabei, ihn abzuholen.«
  Auf dem Weg zur Tür warf sie Thea einen harten Blick zu. »Du hast doch alles, was du für heute Abend brauchst - oder?«
  Die Phiole lag in Theas hellgrüner Clutch. Thea wusste immer noch nicht, wie um alles in der Welt sie das Ding füllen sollte, aber sie nickte angespannt.
  »Gut.« Blaise rauschte zur Tür hinaus und stieg in einen silbergrauen Porsche, der am Straßenrand parkte. Kevins Wagen. Aber Thea wusste, dass sie nicht Kevin abholen würde.
  »Ich glaube, ich habe sie wütend gemacht«, meinte Erik.
  »Keine Sorge. Blaise ist gern wütend. Wollen wir jetzt gehen?«

Geschäft, Geschäft, Geschäft, dachte Thea immer wieder, während sie in die Cafeteria der Schule gingen. Sie war kaum wiederzuerkennen. Die Lichter und die Musik hatten eine seltsam erregende Wirkung, und der Wirbel von Farben auf der Tanzfläche schien sie geradezu

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