Schwestern der Nacht
an — keine ablehnende Reaktion. Hatte eine Menge Spaß in der Wanne und spürte Verlangen in mir aufsteigen. Ihre Brüste und ihr dicker Hintern waren mit Mineralsalzen überkrustet; hinterließen einen durchdringenden Geschmack auf meiner Zunge.
Fliesen zeichneten sich auf ihrem Rücken ab; erinnerte mich erst an Peitschenstriemen, dann an vergitterte Fenster.
Summer fuhr dazwischen, Zeit war abgelaufen. Badefrau schaute uns mißtrauisch nach.
Fuhren schnurstracks nach Kinshi-Cho. Erst Verlangen geweckt, dann unsanfte Unterbrechung — ärgerlich, aber vielleicht besser als das hohle Gefühl, das mich immer nach dem Akt überkommt.
Führte sie in koreanisches Restaurant. Opfer hatte enormen Appetit — verschlang eine riesige Schüssel mit Reis und als Beilage nichts als Pickles. Das war's anscheinend für heute, aber sie zeichnete mir den Weg zu ihrer Wohnung auf, und ich versprach, mich in ein paar Tagen bei ihr zu melden.
Hier endete der Eintrag vom 2. Oktober. Die Zeichnung des Mädchens hatte er mit Tesafilm unten an der Seite befestigt. Skizze und Beschriftung wirkten wie von Kinderhand verfaßt; abwesend betrachtete er die verschiedenen Orientierungspunkte: eine Straßenbahnhaltestelle, ein Wassergraben, eine Betonbrücke. Nach und nach tauchte das Apartment vor ihm auf, dann konnte er sich deutlich an die Brücke und die engen Gassen erinnern.
Das Apartment lag hinter einem Holzlager; als er zu ihr unterwegs war, hatte die Nacht ihre finsteren Vorhänge herabgelassen, und er entsann sich noch der dunklen Schatten, die sich als Bündel von Brennholz entpuppt hatten.
Er dachte an die Zeitungsartikel. Just an jenem Morgen um 5.30 Uhr, als er in der Olympic Street auf ein Taxi gewartet hatte, hatte der Milchjunge ihre Leiche entdeckt. Er stellte sich vor, wie der Junge mit klappernden Milchflaschen auf dem Gepäckträger seines Fahrrads den Hof überquerte. Von dem kleinen Garten hinter ihrer Wohnung aus mußte er gesehen haben, daß ihr Fenster halb offenstand; er hatte durch den Spalt direkt in den Spiegel auf ihrer Frisierkommode geblickt, der den ganzen Raum reflektierte. Die Frau, die sich vor Ichiro Honda auf dem gefliesten Badezimmerboden gekrümmt und gewunden hatte... der Milchjunge sah nun dieselben verrenkten Glieder, nur steif vom Tod.
Honda konnte sich ausgezeichnet an die Frisierkommode erinnern. Ein quadratisches rotes Seidendeckchen mit einem Sammelsurium von Pudertöpfen, Tiegeln billiger Cremes und Lotionen hatte sie geschmückt. Die Erinnerung, wie sie eine Flasche mit milchiger Lotion von der Kommode genommen und über seinem ganzen Körper ausgegossen hatte, war ihm plötzlich unangenehm. Er schleuderte das Tagebuch angewidert auf den Boden, öffnete das Fenster und ließ die kalte Nachtluft ein. Unvorstellbar, daß diese Frau, die ihre Lippen auf jeden Zentimeter seines Körpers gedrückt hatte, jetzt tot sein sollte.
Es war zweifellos dieselbe Person; Name und Adresse in seinem Tagebuch bewiesen es.
In den Zeitungen stand, in ihrer Todesnacht hätte sie ein Mann besucht; die Indizien würden darauf hindeuten, daß er mit ihr geschlafen hatte. Kimiko Tsuda mußte eine Art Prostituierte gewesen sein, dachte er. Obwohl er keinerlei Beweise dafür hatte - sie hatte kein Geld von ihm verlangt —, erschien ihm dieser Gedanke angesichts ihrer vertraulichen Art und offenkundigen sexuellen Erfahrung plötzlich naheliegend. Tja, sie hatte auch in ihrer letzten Nacht einen Mann bei sich gehabt... und das war ihr Ende gewesen.
Außerdem berichteten die Zeitungen von zahlreichen Männerbekanntschaften, die alle im Verlauf der Ermittlungen überprüft werden würden. Und was war mit ihm? Kein Grund zur Aufregung! Er war nur ein einziges Mal bei ihr gewesen, und das als Sobra, Handelsvertreter aus den USA.
Er schloß das Fenster wieder und mußte plötzlich und unerklärlicherweise daran denken, wie riesig das Weiße in ihren Augen gewesen war, als sie den Kopf von seinen Lenden losgerissen hatte...
Zu diesem Zeitpunkt schien keinerlei Zusammenhang zwischen der Ermordung seines ehemaligen Opfers und der Tatsache zu bestehen, daß er die letzte Nacht im Bett einer neuen Freundin verbracht hatte.
Dieser Zusammenhang wurde erst viel später klar.
Das zweite Opfer
19. Dezember:
Fusako Aikawa wird im Akebono-So-Apartmenthaus
in XX, Koenji, Suginami-Ku, erdrosselt
I
Am 19. Dezember um 20 Uhr befand sich Ichiro Honda hoch über Tokios Dächern auf der Aussichtsplatte des Tokio-Tower. Er
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