Schwestern Des Blutes
zu den Ellbogen. Dazu hatte ich ein Paar von Mutters Schuhen angezogen – ungewöhnliche lederne Sandalen mit hohen, spitzen Absätzen und zarten Riemchen. Sie hatte die gleiche Schuhgröße gehabt wie ich, und nach ihrem Tod hatte ich Anspruch auf ihre ansehnliche Schuhsammlung erhoben, da mir keines ihrer Kleider passte. Aber ihr Hochzeitskleid hatte ich trotzdem bekommen – es lag sicher verwahrt in einer hölzernen Truhe, mit Kräutersäckchen gegen Motten geschützt. Ich bewahrte es für Menollys Hochzeit auf – sie würde problemlos hineinpassen.
Vorsichtig stöckelte ich in der Nähe des Eingangs über das Straßenpflaster und hoffte, dass der Svartaner mich nicht versetzen würde. Als ich schon wieder gehen wollte, glitt endlich eine Silhouette in schwarzer Hose und schwarzer Tunika über die Straße. Er hatte das silberne Haar zum Pferdeschwanz gebunden und trug ein Lächeln im Gesicht.
Trillian streckte mir die Hände entgegen, und ich ergriff sie. Mein Herz setzte einen Schlag aus. Ich presste mich an ihn, küsste ihn innig und spürte, wie er mein Feuer erwiderte.
»Du bist da«, sagte er. »Ich war nicht sicher, ob du kommen würdest.«
»Das habe ich doch versprochen. Dachtest du etwa, ich würde einen Rückzieher machen?« Ich sah einen verwirrten Ausdruck in seinen Augen aufflackern. »Ist eine Redewendung aus der Welt meiner Mutter. Du hast tatsächlich nicht daran geglaubt, dass ich hier sein würde, oder?« War es möglich, dass er ebenso nervös war wie ich?
»Ich war nicht sicher. Um ehrlich zu sein, konnte ich den ganzen Tag lang an nichts anderes denken. Ständig sehe ich dein Gesicht vor mir.«
Ich lächelte und wunderte mich darüber, wie glücklich mich diese Worte machten. Aber ich entgegnete nur: »Ist Roche hier?«
Trillian war auf einmal wieder ganz nüchtern. Er zog mich an einer Hand hinter sich. »Ja, er ist da. Bleib bei mir, und sei vorsichtig. Hast du etwas, womit wir ihn fesseln können, falls wir ihn zu fassen kriegen?«
»Alles da.« Ich tätschelte die Beuteltasche, die ich über der rechten Schulter trug. Darin lagen ein paar Dinge, die Roche aufhalten konnten – nur ein Magus wäre noch besser gewesen. Der YND wusste nichts von diesen Sachen, sonst hätte man sie mir längst abgenommen. Aber meine Schwestern und ich hatten inzwischen eine Truhe voll netter Kleinigkeiten angesammelt, die nicht alle ganz legal waren. Angesichts unserer unzuverlässigen Fähigkeiten fanden wir allerdings, dass wir kleine Vorteile nutzen sollten.
Unter anderem hatte ich eiserne Handschellen eingepackt, wobei ich sehr darauf geachtet hatte, sie nicht mit bloßen Händen zu berühren. Sie waren nämlich nicht nur aus Eisen, sondern obendrein mit einem Verwirrungszauber belegt, der jede Fee aus den Socken hauen würde.
Ein Folterinstrument? Na ja … das Eisen würde seine Haut verbrennen, bis er sicher weggeschlossen wurde und man sie ihm abnahm. Aber angesichts von Roches Verbrechen hielt sich mein Mitgefühl in Grenzen. Delilah hatte erklärt, nur ein Oger würde so etwas benutzen, während Menolly mir nur einen wissenden Blick zugeworfen hatte. Aber ich begriff immer mehr, dass man beim YND nur gewinnen konnte, wenn man sämtliche schmutzigen Tricks nutzte.
Außerdem hatte ich ein Fläschchen Pixie-Pulver dabei, das ich auf dem Flohmarkt gekauft hatte. Das Zeug machte garantiert jeden, der es einatmete, zum kichernden Idioten. Zusätzlich hatte ich eine Schriftrolle eingepackt, für die ich eine Menge Geld bezahlt hatte. Die Magie war tödlich, und wenn ich das Wachssiegel an der Rolle erbrach, den Zauberspruch laut las und dabei Roches Namen einfügte, würde er nie wieder auf dieser Welt wandeln.
Todesmagie war viel weiter verbreitet, als die Leute wahrhaben wollten. Ich gebrauchte sie nicht gern – sie erschien mir allzu vertraut, allzu verlockend. Aber bei der ellenlangen Liste von Verbrechen, die auf Roches Konto gingen, wollte ich mich so gut schützen wie möglich. Im günstigsten Fall konnte ich mir die Schriftrolle sparen und sie für eine andere Gelegenheit aufheben. Jedenfalls fühlte es sich gut an, diesen kleinen Trumpf im Ärmel zu haben.
Trillian führte mich auf verschlungenen Wegen durch den Irrgarten aus Karren und Ständen und Zelten und Baldachinen. Wir kamen an den Buden von Tanzmädchen und Huren vorbei und an Opiumleichen und Bettlern, die am Wegrand schliefen. Trillian achtete nicht auf sie, doch mein Blick huschte im Vorübergehen immer wieder zu
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