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Schwestern Des Blutes

Schwestern Des Blutes

Titel: Schwestern Des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn , Lynda Hilburn , Kathryn Smith
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ihrer Vermählung beizuwohnen. Außerdem liebte er sie dazu nicht genug.
    Sonnenlicht tötete Vampire.
    Sie straffte ihre Schultern – ihre zu breiten Schultern, wie sie oft beklagte – und machte sich möglichst groß. Mit den Absätzen ihrer Schuhe und dem hochaufgetürmten Haar erreichte sie so beinahe eine Größe von einem Meter achtzig. Stattlich, hatte ihr verstorbener Vater es immer genannt, kräftig, solide, robust.
    Die vierzehn Pfund, die sie über die letzten zwei Monate abgenommen hatte, änderten daran nichts. Wann immer sie in den Spiegel sah, erblickte sie eine Frau, die sich besser für schwere körperliche Arbeit eignete denn für das Leben einer feinen Lady. Obwohl sie der neuesten Mode entsprechend ein schmales violettes Satinkleid trug, dessen Schulterpartie herabgezogen und mit winzigen, elfenbeinfarbenen Spitzenrüschen verziert war, das Mieder eng, der Rockteil in mehreren dünnen Lagen gebauscht, die sich hinten zu einer kleinen Schleppe trafen, kam Violet sich noch immer wie das schlaksige, plumpe Mädchen vor, das sie gewesen war, als der Earl und die Countess – Henry und Eliza – sie nach dem Tod ihrer Eltern vor zwölf Jahren bei sich aufnahmen.
    Das einzige Mal, dass sie sich nicht wie ebenjenes Mädchen gefühlt hatte, war, als Payen Carr sie angesehen hatte. Und ihn hatte sie seit der schicksalhaften Nacht vor fünf Jahren nicht mehr gesehen.
    Sie hob ihr Champagnerglas an die Lippen und ließ ihren Blick durch den Ballsaal schweifen, bis er auf der großen, angenehmen Gestalt ihres Bräutigams verharrte. Rupert hatte dichtes, lockiges Haar, strahlend blaue Augen und ein Lächeln, mit dem er selbst den Teufel betören könnte. Überdies besaß er Humor und einen scharfen Verstand, was jede Unterhaltung mit ihm zu einem wahren Vergnügen machte. Mit ein wenig Glück zählte er zu den Männern, die eine Jungfrau nicht von einer Frau, die ihre Unschuld bereits verloren hatte, unterscheiden konnten, und würde nicht merken, dass seine Braut nicht mehr unberührt war.
    Vielleicht aber war ihr Hymen ja auch wieder nachgewachsen. Violet hatte gehört, wie Eliza und mehrere andere ihrer Freundinnen darüber gescherzt hatten.
    Als hätte er gespürt, dass sie ihn ansah, wandte Rupert sein Gesicht in ihre Richtung. Ihre Blicke begegneten sich, und er prostete ihr lächelnd zu, ehe seine Tante, Lady Gantley, seine Aufmerksamkeit erneut einforderte.
    »Du siehst wahrhaftig wie eine Braut aus«, erklang eine vertraute Stimme an Violets Ellbogen. Es war Eliza, die Frau, die für sie eine Mutter geworden war.
    »Ach ja?« Violet nippte an ihrem Champagner, bevor sie noch etwas sagte – gar mit der Bitte herausplatzte, Eliza möge sie vor diesem Schicksal bewahren. Gewiss war sie nur nervös, weiter nichts.
    »Ja.« Da Eliza lächelte, wertete Violet es als gutes Zeichen. »Deine Wangen sind gerötet, deine Augen strahlen, und deine Hände zittern. Du zeigst alle Symptome vorehelicher Aufgeregtheit.«
    »Ja, da hast du wohl recht. Ich fühle mich ziemlich … aufgeregt.«
    »Was vollkommen normal ist, meine Liebe.« Eliza legte einen Arm um sie. Sie maß keine eins sechzig, weshalb sie sich neben der stattlichen Violet geradezu elfengleich ausnahm. Dieser Eindruck wurde von ihrem glänzenden blonden Haar und den hellgrünen Augen noch verstärkt.
    »Es freut mich, das zu hören.« War es normal, alle Hoffnungen in einen Vampir zu setzen, der einem das Herz stahl, um sich anschließend mit der Behauptung zu verabschieden, man beginge einen schrecklichen Fehler? War es normal, darauf zu hoffen, dass er einen in die Arme riss – denn ein solch starker Mann konnte einen herumwirbeln wie eine Stoffpuppe – und in eine dunkle, schaurige Ruine entführte, um einen dort nach mindestens vierzehn Tagen köstlichster Wonnen auf ewig zu der Seinen zu machen? Denn im Grunde klang es nicht normal für eine Braut, so zu denken, zumindest nicht, sofern der Vampir ein anderer als der Bräutigam war.
    »In der Nacht vor meiner Vermählung mit Henry habe ich versucht wegzulaufen«, gestand Eliza verschwörerisch. Ihrem Lächeln zufolge war sie froh, dass es ihr seinerzeit nicht gelungen war. »Ich knotete meine Bettlaken zusammen und seilte mich vom Balkon ab.«
    Violet drehte sich erstaunt zu ihr und neigte den Kopf ein wenig, damit die anderen sie nicht hören konnten. »Und was ist geschehen?«
    Eliza zuckte mit den zarten Schultern. »Ich kam bis zum Gartentor, und was glaubst du wohl, wer dort auf

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