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Schwestern Des Blutes

Schwestern Des Blutes

Titel: Schwestern Des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn , Lynda Hilburn , Kathryn Smith
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schließlich auch als ihren eigenen akzeptiert. Bislang hatte Payen es für überflüssig erachtet, ihr mitzuteilen, dass er überdies zu einem Teil auch ein Dämon war. Zu dem er geworden war, nachdem er freiwillig aus einem Kelch mit der Essenz Liliths, der Vampirkönigin, getrunken hatte. Das hatte er getan, um diesen Kelch vor anderen zu schützen, die mit seinem Inhalt finstere Ziele verfolgten. Doch das änderte nichts an der Tatsache, dass er als »Kind« Liliths vom Allmächtigen dazu verdammt war, in der Dunkelheit zu wandeln. Es war eine lange Geschichte, wie die meisten guten Geschichten, und Payen wollte nicht, dass diese gläubige, kirchentreue Frau ihn für eine Beleidigung Gottes hielt.
    »Ich nehme an, du wurdest nicht zu dem freudigen Anlass eingeladen?«
    »Meine Einladung muss wohl in der Post verloren gegangen sein.«
    »Oh? Ja«, sagte Margaret höflich, »das muss sie wohl.«
    Da ihm der Appetit vergangen und sein Teller zerbrochen war, legte Payen Messer und Gabel ordentlich neben die Scherben und tupfte sich den Mund mit der blütenweißen Serviette ab. »Ist der Verlobte von Miss Wynston-Jones ein netter Mann?«
    »Das ist er.« Das war hoffentlich kein Mitgefühl in ihren Augen, oder doch? Denn sie sollte keines mit ihm haben, und sie hätte es auch nicht, wüsste sie, dass er Violets künftigem Ehemann den Preis der ersten Nacht mit seiner Braut geraubt hatte. Niemand wusste, dass Payen und Violet eine herrliche Nacht miteinander verbracht hatten. Keiner außer ihnen beiden.
    »Sie haben zur Verlobung eine Fotografie anfertigen lassen. Möchtest du sie dir nach dem Dinner ansehen?«
    Nein. Da würde er ja noch lieber den zerbrochenen Teller aufessen oder sich die Gabel ins Auge rammen. »Sehr gern.«
    Nach dem Dessert, von dem er kaum etwas schmeckte – ebenso gut hätte man ihm Sand vorsetzen können –, folgte Payen seiner Gastgeberin in ihren Lieblingssalon. Das Zimmer war voller Spitze und Rüschen und in dem scheußlichsten Pastellrosa gehalten, das man sich vorstellen konnte. Dort saß er, während sie ihnen beiden ein Glas Sherry einschenkte. Seine Gedanken kreisten unterdessen um ein einziges Thema.
    Seine Violet heiratete.
    Das bedeutete, dass sie nicht mehr seine war. Eigentlich sollte das ja eine gute Nachricht für ihn sein. Und das war es auch. Ja, es war eine verflucht gute Nachricht.
    Margaret, die er niemals Maggie oder, schlimmer noch, Peg nennen würde, setzte sich mit ihrem Sherryglas und einer kleinen gerahmten Fotografie zu ihm auf die Couch. In normalen Mengen zeigte Alkohol bei Payen keinerlei Wirkung, aber er nahm dennoch einen kräftigen Schluck, bevor er sich das Bild ansah.
    Die Schwarz-, Weiß- und Grauschattierungen vermochten kaum, Violets Zauber einzufangen, und doch nahm Payen ihn wahr. Ein Fußtritt gegen die Brust hätte ihn weniger hart getroffen. In einem schmalen Kleid mit keuschem, quadratischem Ausschnitt und Spitzenbesatz an den Ellbogen, das dichte Haar aufgesteckt, war sie der Inbegriff einer anständigen jungen Dame. Nur wusste Payen, dass an ihr nichts, aber auch gar nichts Keusches war. Wo war das Funkeln in ihren Augen, das er so anbetete? Warum lächelte sie nicht, so dass ihre Wangen zu den rosigen kleinen Äpfeln wurden, an denen er so gerne knabberte? Sie wirkte viel zu ernst, zu reif. Er hätte genauso gut eine Fremde betrachten können, mit schwarzen Haaren, grauen Augen und fahler Haut, gekleidet in noch mehr Grau. Diese Frau hatte nichts mit seiner lebhaften Violet gemein.
    Und die Schuld dafür gab er dem gleichermaßen farblosen Mann, der vor ihr saß.
    Der Verlobte – Payen kannte nicht einmal seinen Namen und wollte ihn auch gar nicht wissen – war ein nichtssagender Knabe. Er war höchstens fünfundzwanzig, also nur wenige Jahre jünger, als Payen gewesen war, ehe er vor über siebenhundert Jahren aus dem Blutgral getrunken und geschworen hatte, ihn und die Welt vor den bösen Mächten zu beschützen.
    Für ihn war jeder unter 90 Jahren jugendlich. Und aus ebendiesem Grund stand es ihm nicht zu, sich in Violets Angelegenheiten zu mischen.
    »Ihr Verlobter ist Rupert Villiers«, sagte Margaret betont sachlich. »Er sieht gut aus, nicht wahr?«
    Payen zuckte mit den Schultern, ohne den Blick von dem grauen Mädchen auf der Fotografie abzuwenden. »Ich kenne mich mit den derzeitigen Vorlieben nicht aus.« Er sah wieder den Jungen, Villiers, an, dessen Gesicht recht annehmbar war. »Ist er Franzose?«
    »Du liebe Güte, nein!«

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