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Schwestern des Mondes 01 - Die Hexe-09.06.13

Schwestern des Mondes 01 - Die Hexe-09.06.13

Titel: Schwestern des Mondes 01 - Die Hexe-09.06.13 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
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ohne dass ich meinen Beinen ein derartiges Workout zumute.«
    Brummelnd ließ ich mich von ihm in den ganz aus Glas bestehenden Aufzug schieben, achtete aber darauf, dem Rand nicht zu nahe zu kommen. Ich vergaß doch immer wieder, dass VBM einfach nicht so viel Ausdauer besaßen wie wir. Trotz meines zur Hälfte menschlichen Blutes konnte ich so ziemlich jedem Menschen auf diesem Planeten davonlaufen und mehrere Tage ohne Schlaf überstehen, ohne vor Erschöpfung umzukippen. Die Kabine setzte sich ruckartig in Bewegung, und ich schloss die Augen. Es dauerte einundvierzig Sekunden, bis wir die einhundertachtundfünfzig Meter zur Aussichtsplattform hinaufgefahren waren. Mir war ein wenig schwindelig, als ich aus dem Aufzug trat.
    Zumindest drehte sich die Plattform nicht ständig im Kreis herum wie das Restaurant. Für diese Kleinigkeit war ich sehr dankbar, als ich Chase durch die Türen hinaus auf die Plattform folgte, die sich einmal um die Space Needle herumzog.
    Es waren nur wenige Leute hier. Die meisten mieden den schmalen, regennassen Umlauf und schauten lieber von drinnen durch die Fenster hinaus. Definitiv keine Touristensaison. Während ich mich an die Brüstung klammerte und sehr vorsichtig über den Rand spähte, kam mir der Gedanke, dass dies vielleicht doch keine so gute Idee war. Hundertsechzig Meter waren ganz schön hoch. Das bedeutete wiederum einen ziemlich langen, tiefen Fall.
    »Auf der Südseite scheint gar niemand zu sein«, sagte Chase und deutete dorthin.
    »Das liegt wohl daran, dass man dort dem Regen ausgesetzt ist«, gab ich zurück. Aber ich konnte keine neugierigen Blicke gebrauchen, also würde ich eben nass werden müssen. Ich beschloss, es möglichst rasch hinter mich zu bringen, und ging voran. Vorsichtig überprüfte ich das Sicherheitsstahlnetz, das Selbstmörder daran hindern sollte, sich von der Plattform zu stürzen. Ich befand es für solide genug und entspannte mich ein wenig. Falls jemand es wirklich ernst meinte, konnte er darüberklettern, doch dazu müsste man sich schon richtig Mühe geben.
    Wir fanden eine Stelle, auf die gerade keine neugierigen Blicke gerichtet waren. Ich holte die Feder hervor und starrte zum Himmel hinauf. Keine Sterne, kein Mond, nur eine Menge grauer Regenwolken, doch zumindest waren wir draußen, wo der Wind meine Magie stärken würde. Ich hoffte sehr, dass es diesmal keinen Kurzschluss geben würde, atmete tief durch, rief die Magie wach und spürte, wie sie durch meine Adern rann, als das Feuer in mir aufflackerte. Der Funken der Schöpfung zündete, und ich lenkte die Energie in die Feder.
    Geschöpf der Nacht, dämonische Harpyie,
Wo bist du? Weise mir den Weg,
Feder, zeig wie ein Pfeil zum Fleische,
Herrin des Mondes, zeig mir das Versteck.
    Als meine Stimme erstorben war, blickte Chase sich nervös um. »Es tut sich nichts«, sagte er.
    »Ach wirklich ? Dein Vertrauen in meine Fähigkeiten ist rührend.«
    »Kein Grund, so sarkastisch zu werden.« Doch seine Miene verriet mir, dass er sehr wohl wusste, wie er mich damit traf, und dass er es genoss.
    »Ehrlich«, fuhr ich ihn an, »erst machst du dir Sorgen, es könnte etwas passieren, und jetzt regst du dich auf, weil nichts passiert. Was willst du eigentlich?«
    Er verbiss sich ein Lachen. »Camille, du bist wunderbar. Du bist einfach wunderbar, mit fehlgezündeter Magie oder oh. . . « Er verstummte abrupt und starrte auf die Feder in meiner Hand. »Was wird denn das?«
    Die Feder wuchs in meiner Hand, und die Aura, die sie verströmte, hatte bereits eine völlig andere Qualität angenommen. Vorsichtig legte ich die Feder auf den Boden der Plattform und achtete darauf, dass der Wind sie nicht wegwehte.
    »Was passiert jetzt?« Chases Stimme klang ein wenig erstickt, und als ich zu ihm aufblickte, sah ich unverkennbare Angst in seinen Augen aufflackern.
    »Ich weiß es nicht«, sagte ich. »Wir werden wohl abwarten müssen, was kommt.«
    So etwas hätte der Spruch nicht bewirken sollen. Eigentlich hätte die Feder sich in einen Pfeil verwandeln müssen, der dann in die Richtung zeigen würde, in der sich die Harpyie versteckte. Natürlich liefen bei meinen Sprüchen eine Menge Dinge nicht so wie geplant. Aber Menolly würde dazu nur sagen: »Mach was draus.«
    Die Feder zog sich in die Länge, veränderte ihre Form, und ich wich zurück und schob Chase hinter mich. Magie war meine Stärke, Kurzschlüsse hin oder her. Ich wurde nervös und wäre am liebsten einfach abgehauen, doch da waren

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