Schwestern des Mondes 01 - Die Hexe-09.06.13
deiner Beförderung erzählt?«
Verwundert schüttelte Menolly den Kopf. »Beförderung? Wovon sprichst du?« Dann zeichnete sich die Erkenntnis auf ihrem Gesicht ab, und ihre helle Haut schimmerte noch weißer. »Ach du Scheiße. Sie haben mir die Verantwortung für die Bar übertragen, oder?«
»So ist es«, sagte Chase. »Du wirst heute Nacht wohl wieder zur Arbeit gehen müssen. Sieh dich dort gründlich um und schau nach, ob das Tagebuch vielleicht hinter der Bar versteckt ist. Nimm Camille mit, und seid vorsichtig – falls ein Insider in die Sache verwickelt ist, haben wir ihn noch nicht gefunden. Und wenn er weiß, dass ihr Agentinnen seid, könntet ihr in großer Gefahr sein.«
»Chase hat recht«, mischte ich mich ein. »Nur Jocko wusste, dass wir Schwestern sind. Ich könnte also nur eine Buchhändlerin aus der Nachbarschaft sein, die auf einen Drink vorbeischaut. Morgen fahren wir dann zum Mount Rainier. Also los, Chase und Delilah, macht euch an die Arbeit. Zwei Köpfe sind besser als einer. Da könnt ihr jeden Dubba-Troll fragen.«
Delilah warf einen Blick zu Maggie. »Was machen wir mit ihr?«
»Ihr passiert schon nichts, bis ich wieder nach Hause komme. Sie schläft tief und fest.«
»Gut. Setz deinen Hintern in Bewegung, Chase.«
Chase lächelte breit. »Wird mir ein Vergnügen sein. Verwandle dich bloß nicht, wenn ich gerade nicht darauf vorbereitet bin.«
Ich winkte ab. »Raus mit euch, ihr beiden. Falls es Ärger gibt, ruft mich auf dem Handy an.«
Als sie weg waren, eilte ich nach oben und schlüpfte in einen engen, kurzen, schwarzen Lederrock, schnürte mein neues Bustier in Magenta und Schwarz und rückte meine Brüste darin zurecht, bis sie beinahe oben herauskullerten. Dazu zog ich runde Pumps mit Zehn-Zentimeter-Absätzen an und wirbelte vor dem Spiegel herum. Ho-hoo, zum Anbeißen!
Wir brauchten so viel Information wie nur möglich. Falls jemand aus der Bar mit den Dämonen zusammenarbeitete, würde er ganz sicher nicht offen mit Menolly sprechen, aber vielleicht mit mir. Vor allem, wenn ich meinen Charme aufdrehte. Ich schlang mir eine Samtstola um die Schultern und ging sehr vorsichtig die Treppe hinunter, um nicht mit den Pfennigabsätzen in einem der zahlreichen Risse im Holz steckenzubleiben.
Menolly blickte zu mir auf, als ich die Küche betrat. Ihr blieb der Mund offen stehen, dann hustete sie. »Verdammtes Glück, dass Trillian nicht hier ist und dich so sieht. Sonst bekäme ich dich nie aus deinem Schlafzimmer raus.«
»Das Problem könntest du ziemlich bald wieder haben. Ich komme einfach nicht von ihm los. Also, bist du so weit?«
»Jederzeit.« Sie hielt die Schlüssel ihres Pick-ups hoch.
»Ich nehme mein Auto. Wenn wir zusammen ankämen, könnte das jemanden misstrauisch machen.« Ich vergewisserte mich, dass ich alles hatte, was ich brauchte, und wies mit einem Nicken zur Tür. »Nach dir.« Wir gingen in die stürmische Nacht hinaus.
Im Wayfarer war wie üblich Hochbetrieb. In der Bar herrschte eine echte Anderwelt-Atmosphäre – die Lichter waren eigens so gestaltet, dass sie wie Öllampen wirkten, und die Einrichtung war, oberflächlich gesehen, recht rustikal, aber edel, wenn man näher hinschaute. Lange Tische und Bänke boten Platz für die Massen, aber es gab auch Nischen für privatere Partys. Zusätzlich zu den Standards wie Bier und Wein hielt der Barkeeper auch ein paar Köstlichkeiten wie Kryptiden-Pils und BrownieBier bereit, teuer und sehr gefragt.
Eine Treppe an der hinteren Wand führte zu zwei Stockwerken voller Zimmer, die immer ausgebucht waren. Das Portal selbst war im Keller versteckt, Tag und Nacht von einem ANDAgenten bewacht, der die Pässe kontrollierte und jede Ein- und Ausreise festhielt. Auch wir waren durch dieses Portal auf die Erde gekommen.
Menolly lief hinter der Bar bereits zur Hochform auf. Das Licht war gedämpft, und sie arbeitete wie verrückt. Die Subkultur-Fans, sämtlich VBM, die sich an der Bar drängten, fanden es besonders aufregend, dass sie ein Vampir war, blieben jedoch respektvoll auf Distanz, bis auf ein paar, die geradezu süchtig nach der geheimnisvollen Welt der Vampire waren. Obwohl die Akzeptanz von Untoten im Allgemeinen noch sehr zu wünschen übrig ließ, änderte sich diese Haltung ganz allmählich; der Ruf von Untoten hatte sehr unter all den Horrorfilmen und jenen Vampiren gelitten, die nur zu gern ihr ach so gruseliges Image ausspielten. Dracula beispielsweise war ursprünglich ein Bewohner
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