Schwestern des Mondes 01 - Die Hexe-09.06.13
fragen, wo wir Tom finden.«
»Was hat sie dir gesagt?«, fragte Menolly.
»Es war ein Rätsel. ›Lang ist er um den Verstand gebracht. Geh in die Wälder, doch nimm dich in Acht. Such nach der Uralten Schutz vor dem Sturm, doch erst musst du durch die Höhle des Wyrm.‹ Wenn du dir einen Reim darauf machen kannst, nur zu.«
»Wyrm?« Delilah runzelte die Stirn. »Ein Drache?«
»Hier in der Gegend gibt es keine Drachen, soweit ich weiß«, sagte ich. »Allerdings hat der AND auch behauptet, Dämonen könnten niemals auf die Erde durchbrechen.«
Menolly schnaubte. »Der AND war in letzter Zeit ziemlich schlampig, was einige Dinge betraf. Ich finde, Delilah hat recht – wir sollten davon ausgehen, dass sich dort irgendeine Art Drache herumtreibt. Womöglich beschützt er diesen Tom.«
Ich stöhnte. Ein Drache hatte uns gerade noch gefehlt. Sie waren im Allgemeinen selbstsüchtig und gierig und gaben großartige Söldner ab, denn es war so gut wie unmöglich, einen Drachen zu töten. Falls Tom einen angeheuert hatte, der ihn beschützte – oder falls irgendjemand den Wyrm für ihn beauftragt hatte –, dann stand uns ein heftiger Kampf bevor. Wenn ich mir unsere seltsame kleine Truppe so ansah, war keiner von uns in der Lage, es mit einem Drachen aufzunehmen.
»Gut, dann ist das Hindernis Nummer eins«, sagte ich. »Ich frage mich, ob Bad Ass Luke und der Psychoschwafler davon wissen. Das Problem ist immer noch: Wie finden wir Tom? Angeblich lebt er in der Nähe des Mount Rainier, entweder am Rand des Nationalparks oder irgendwo in den Wäldern.«
»Es ist zu spät, heute Nacht noch da rauszufahren, und die Straßen werden sehr schlecht sein – Teile des Parks sind schon für den Winter gesperrt. Morgen fahren wir hin«, erklärte Chase. »Delilah, kannst du mir bis dahin helfen, mehr über ihn herauszufinden? Wir können alle Informationen in meinem Büro durchgehen. Morgen treffen wir uns wieder hier. Ich fahre. Was haltet ihr davon, wenn wir morgen früh gegen acht aufbrechen?«
»Hört sich gut an«, sagte Delilah. »Wollt ihr jetzt wissen, was bei Louise Jenkins passiert ist? Wie gesagt, war die Harpyie uns auch dort einen Schritt voraus. Mehrere Schritte sogar. Als ich in der Wohnung ankam, war Louise total zerfetzt. Sie war schon so lange tot, dass die Totenstarre bereits eingesetzt hatte, also war die Harpyie vermutlich bei ihr, bevor sie Rina überfallen hat. Ich habe die Wohnung durchsucht, aber nichts gefunden. Louise, oder vielmehr das, was von ihr übrig war, habe ich mir auch gründlich angesehen.« Sie verzog das Gesicht und schüttelte den Kopf. »Blutig, entsetzlich blutig. Jedenfalls ist mir ein Ring an ihrer rechten Hand aufgefallen. Gold mit einem Diamanten.«
»Am Ringfinger? Ein Ehering?«
»Genau. Ich frage mich, ob Jocko sie geheiratet und vergessen hat, das dem AND gegenüber zu erwähnen. Dafür hätten sie ihn rausgeworfen.«
»Vielleicht waren sie nur verlobt«, sagte Menolly nachdenklich. »Ich erinnere mich, dass er mehrmals erwähnt hat, wie sehr er sich an das Leben in der Erdwelt gewöhnt hätte, und dass es gar nicht so übel sei. Hier wurde er wegen seiner Größe respektiert. Zu Hause in der Anderwelt wurde er ständig verspottet, weil er so klein war.«
Ich wandte mich Delilah zu. »Ist dir sonst noch etwas aufgefallen? Fotos? Irgendein Hinweis auf den Stand der Beziehung von Louise und Jocko?«
Delilah kniff die Augen zusammen und überlegte. Nach ein paar Augenblicken sagte sie: »Ihre Wohnung war verwüstet, deshalb konnte ich mir kein gutes Bild davon machen, was für ein Mensch sie war. Ich habe keine Fotos gesehen, aber ich wollte am Tatort nicht mehr anfassen als unbedingt nötig.«
Menolly schnippte mit den Fingern. »Moment mal. Jocko hat Tagebuch geführt. Ich habe vor ein paar Wochen gesehen, wie er etwas in ein Buch geschrieben hat. Es war klein, mit einer Zeichnung vorne drauf... sie sah aus wie eine antike Landkarte.« Sie wandte sich Chase zu, der sie überrascht ansah. »Hast du so etwas in seinem Zimmer gefunden, nachdem er ermordet worden war?«
»Nein. Ganz sicher nicht. Es sah eigentlich so aus, als hätte dort niemand gewohnt. Ich war überrascht, dass Riesen so ordentlich sein können. Wäre es möglich, dass das Tagebuch im Wayfarer ist? Ein Undercover-Agent vom AND hat sein Büro dort durchsucht, aber ich erinnere mich nicht, so etwas bei den Sachen gesehen zu haben, die er sichergestellt hat. Ach, übrigens, hat Camille dir schon von
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