Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Schwestern des Mondes 01 - Die Hexe-09.06.13

Schwestern des Mondes 01 - Die Hexe-09.06.13

Titel: Schwestern des Mondes 01 - Die Hexe-09.06.13 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
Vom Netzwerk:
leichten Trance auf. Drachen waren berüchtigt dafür, dass sie ihre Beute hypnotisieren konnten – das machte es ihnen leichter, ihre Häppchen schön knusprig zu grillen.
    Womöglich tat ich ihm damit Unrecht. Immerhin spien nicht alle Drachen Feuer, doch wenn man sich die Landschaft hier so ansah, war ihm das durchaus zuzutrauen. Die Wiese war völlig verbrannt, und der makellose Kreis der Zerstörung legte nahe, dass das kein Waldbrand gewesen war.
    Vorsichtig trat ich zurück, einen Schritt nach dem anderen, den Blick fest auf das Gesicht des Drachen geheftet, während ich mich innerlich darauf vorbereitete, wegzurennen oder zu erstarren – je nachdem, was mein Bauch mir als lebensrettende Maßnahme raten würde.
    Der Drache gab ein tiefes Grollen von sich, das sich verdächtig nach einem Lachen anhörte. Kein gutes Zeichen. Die Scherze von Drachen gingen gewöhnlich auf Kosten der Zuhörer, deshalb bedeutete die Belustigung eines Drachen selten etwas Gutes, außer natürlich für seine eigene Laune.
    Ich warf Morio einen raschen Blick zu. Auch er spielte eine Statue. Delilah war nirgends zu sehen, und ich hoffte, sie hatte es geschafft, sich hinter einem Baum zu verstecken. Aus den Augen, aus dem Sinn, aus dem Magen.
    »Also, soll ich euch jetzt fressen oder für später aufheben?« Die Stimme des Drachen war tiefer als jeder Bass, den ich je gehört hatte. »Ihr habt euer letztes Festmahl bereits genossen – einander nämlich –, also bin ich jetzt dran.«
    Ich rief mir verzweifelt alles ins Gedächtnis, was ich über diese Bestien wusste. Was hatte ich Chase gleich wieder eingeschärft? Versuche nie, einen Drachen zu beeindrucken oder zu übertrumpfen, spiel dich nicht vor ihm auf. Drachen waren so arrogant, dass sie kurzen Prozess mit jedem machen würden, der es wagte, ihre Überlegenheit anzuzweifeln. Blablabla. Andererseits wussten manche Drachen Mut zu schätzen. Feiglinge waren nicht bekannt dafür, als Drachensnack verschont zu werden, zumindest nicht im Ganzen. Ich räusperte mich.
    »Wir bitten um Verzeihung. Wir wussten nicht, dass wir in dein Territorium eingedrungen sind. Bitte, wenn du uns gehen lässt, verschwinden wir und kehren niemals hierher zurück.« Ein Kompromiss – das könnte unsere Rettung sein. Wir haben einen Fehler gemacht, wir haben richtig Mist gebaut, hab Erbarmen mit uns und lass uns ziehen. Bettel, bettel, kriech, kriech.
    Der Drache schnaubte, und kleine Dampfwölkchen pafften aus seinen Nüstern. »Erwartest du ernsthaft, dass ich das glaube, kleine Hexe? Du bist eine von diesen verflixten Sidhe, nicht wahr?« Seine leuchtenden Augen drehten sich wirbelnd, und wieder starrte ich unwillkürlich hinein, doch als sein Geist den meinen berührte, zuckte ich zurück.
    Er lachte erneut. »Also doch keine reinblütige Sidhe. Ein Halbblut. Mensch und Fee... köstliche Kombination. Nachtisch, das bist du. Aber sag mir, Hexling, was tust du hier? Du bist nicht erdgebunden, im Gegensatz zu deinem Begleiter.« Der geschwungene Hals schlängelte in Morios Richtung.
    Ich stieß den Atem aus. Ich hatte ihn so fest angehalten, dass ich das Gefühl hatte, aus einem Korsett zu platzen. Morio schob gelassen die Hände in die Taschen und nickte dem Drachen zu. Er wollte es wohl über die kumpelhafte Schiene versuchen. Im Stillen wünschte ich ihm Glück.
    »Ich grüße dich, Ewiger. Wir bedauern sehr, dich gestört zu haben. Wir waren auf der Suche nach jemandem und wurden in die Irre geführt.« Morios Stimme klang glatt und seidig. Er versuchte doch hoffentlich nicht, seine Illusionen zu benutzen, um den Wyrm einzuwickeln, oder? Drachen waren gegen derartigen Charme so gut wie immun. Ich zwang mich, den Mund zu halten. Morio wusste schon, was er tat. Zumindest hoffte ich das.
    Der Drache hickste, als hätte er Schluckauf, und ein weiteres Rauchwölkchen stieg auf, das eindeutig nach gebratenem Fleisch roch. Ich wollte seiner letzten Mahlzeit ganz entschieden nicht von Angesicht zu Angesicht begegnen. Ich betete nur darum, dass es nicht Tom Lane war, der nun in diesem Bauch lag, zusammen mit dem Geistsiegel. Ein Reh auszuweiden, war eklig genug; einen Drachen auszunehmen, glich einer chirurgischen Expedition ins Monsterland – und vorher müssten wir ihn töten.
    Nach kurzer Pause sagte der Drache: »Fuchsmann, diese Versuche, mich zu verzaubern, lässt du besser sein, denn sonst fange ich bei deinem Kopf zu kauen an und benutze deine Knochen als Zahnstocher. Nun sag mir die Wahrheit –

Weitere Kostenlose Bücher