Schwestern des Mondes 02 - Die Katze-09.06.13
mich in der Nase kitzelte. Eine tiefe Sehnsucht stieg in mir auf, eine Macht so alt und dunkel wie diese Hügel. Verängstigt eilte ich in die Höhle und holte zu Smoky auf.
Der Eingang zu dem Tunnel war breit genug, um zu dritt nebeneinander durchzugehen, und gerundet wie eine Röhre. Plötzlich stand mir eine Natur-Doku vor Augen, die ich einmal gesehen hatte – über Falltürspinnen. Ja, genau so sah das hier aus. Kyoka musste neben dem wahnsinnigen Magier auch noch den durchgeknallten Genetiker gespielt haben.
Der Gang führte tief in den Hügel, mit Öffnungen nach links und nach rechts. Ich konnte immer noch das Blut von draußen riechen, doch nun drängten sich neue Gerüche dazwischen und überfluteten meine Sinne. Der Gestank von Schweiß und Urin und Fäkalien ließ mich das Gesicht verziehen. Auch Sex lag in der Luft, und der Geruch von Fäulnis und lange verdorbenem Essen. Es drehte mir den Magen um, mir wurde schwindelig, und ich hatte Mühe, klar zu sehen.
»Delilah? Alles in Ordnung?« Chase packte mich am Ellbogen, als ich schwankte.
»Ja, ich glaube schon.« Ich zwang mich zur Konzentration. Immer einen Schritt nach dem anderen. Wir hatten fast den ersten Seitentunnel erreicht, als ein schriller Schrei die Luft zerriss. Ich hielt mir die schmerzenden Ohren zu und bemerkte, dass Rhonda dasselbe tat.
»Was zur Hölle war das?«, fragte Trillian, schob sich an mir vorbei und rannte mit Chase und Smoky voran. Ich wollte ihnen folgen, aber irgendetwas verfing sich in meinem Ellbogen und hielt mich fest.
»Delilah? Ich bin’s«, flüsterte mir eine körperlose Stimme ins Ohr.
»Camille?« Ich bekam keine Antwort und runzelte die Stirn. »Falls du nicken solltest – ich kann dich nicht sehen.«
»Ach ja, richtig!« Sie klang verlegen. »Hör zu, Morio und ich gehen ein Stück voraus und sehen uns eine Kammer an; wir haben dort Katzenmagie gerochen. Willst du mitkommen?«
»Wie soll ich euch folgen, wenn ich euch nicht sehen kann?«, sagte ich, doch in diesem Moment löste sich ein Schatten von der Wand. »Scheiße, was ist das?«
»Psst, ich bin’s«, sagte Menolly und trat vor mich hin. »Ich führe dich. Ich kann Camilles und Morios Schritte hören. Meine Ohren sind schärfer als deine.«
Ich warf Rhonda einen Blick zu. »Kommst du mit?«
In ihren Augen stand nackte Angst, aber sie sagte nur: »Ich bin direkt hinter dir.«
Während Menolly uns den Gang entlangführte, brach in dem Tunnel, in dem Smoky, Trillian und Chase verschwunden waren, lautes Gebrüll aus. Eine fremde Stimme kreischte um Hilfe, und wir konnten nur hoffen, dass unseren Jungs nichts passiert war.
Wir gingen an zwei Tunnels vorbei, ehe wir nach links abbogen. Als wir den schmalen Seitengang betraten, erhaschte ich einen flüchtigen Blick auf Männer, die im Hauptgang vorbeirannten. Vermutlich wollten sie ihrem Kameraden zu Hilfe kommen.
Der Gang führte zu einer großen Kammer. Wände und Decke waren gerundet und von Hand in den Fels gehauen. Das Gestein war glattpoliert und glänzte. Die gewölbte Decke war mindestens sechs Meter hoch. Ich spähte in die dunkle Höhe und sah, dass einander überlappende Spinnweben sich wie ein Baldachin über den ganzen Raum spannten. Ich schluckte und versuchte, nicht daran zu denken, was sich da oben verbergen mochte. Mehrere Ausgänge führten offenbar zu weiteren Tunneln, die sich tief in den Berg hineinzogen.
Und dann bemerkte ich das Podium mitten in der Kammer. Kein Wunder, dass Morio hier Katzenmagie gerochen hat. Auf dem Podium lag etwas, das wie ein riesiges Ei aussah, und daneben hing Venus Mondkind, an Hand- und Fußgelenken an einen aufrecht stehenden, kreisrunden Stein gefesselt. Er war so weit herabgesunken, wie es die Ketten erlaubten, und er war nackt. Ein Gittermuster aus blutigen Striemen und Brandwunden zog sich über seine Brust, hässliche, fransige Wunden, die immer noch bluteten. Seine Nase war gebrochen, und beide Augen völlig zugeschwollen. Ich schluckte schwer und konnte den Blick nicht mehr von ihm losreißen.
Drei Männer standen um ihn herum. Einer hielt eine Peitsche in der Hand. Der zweite erhitzte einen Schürhaken in einer Feuergrube im Boden. Der dritte lehnte an einem Stalagmiten und sah gelangweilt aus.
Menolly knurrte leise. Ihre Augen begannen rot zu glühen, und blutige Tränen rannen ihr über die Wangen. Sie starrte Venus noch einen Moment lang an und stürzte sich dann wortlos auf den Mann mit dem Schürhaken.
Ich sah Rhonda an. »Sie
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