Schwestern des Mondes 02 - Die Katze-09.06.13
anderes, älter und dunkler und wesentlich gefährlicher.
Morio sprang ihr bei, und die Energie aus ihrer beider Hände vereinte sich und traf Geph mitten in die Brust. Ein überraschter Ausdruck huschte über sein Gesicht – als wollte er sagen Aber das hätte doch gar nicht passieren sollen –, er ließ sein zweites Messer fallen und brach zusammen.
Morio beendete den Angriff und schlug Camille hart ins Gesicht. Verblüfft ließ sie die Hände sinken. »Du kannst ihn nicht bis zum Ende bringen«, sagte er heiser, und ich fragte mich, wovon zum Teufel die beiden sprachen. »Das ist zu gefährlich. Du weißt noch nicht, wie man sich wieder daraus zurückzieht.«
Lianel kroch mühsam über den Boden. Er war keinen Meter weit gekommen, als Menolly seinem Rückzug ein rasches Ende bereitete. Er erschlaffte und blieb still liegen.
Ich kniete mich neben Rhonda und tastete nach ihrem Puls. Nichts. Kein Atemzug, kein Anzeichen von Leben in ihren Augen. Sie war nicht mehr, wie ein Licht, das man vor dem Schlafengehen ausschaltet. Ich starrte sie noch einen Moment lang an. Zach hatte sie einmal geliebt, er hatte sie sogar heiraten wollen. Als er sie um Hilfe gebeten hatte, war sie bereitwillig in eine sehr gefährliche Situation gegangen, mit Leuten, die sie gar nicht kannte. Und nun war sie fort. All meine lächerliche Eifersucht flog zum Fenster hinaus, während ich das Totengebet sprach.
»Was Leben war, ist verdorrt. Was Gestalt war, verfällt. Sterbliche Ketten lösen sich, und die Seele fliegt frei. Mögest du den Weg zu deinen Ahnen finden. Mögest du den Weg zu den Göttern finden. Mögen Lieder und Legenden deines Mutes und deiner Tapferkeit gedenken. Mögen deine Eltern stolz auf dich sein und deine Kinder dein Geburtsrecht weitertragen. Schlaf und wandle nicht länger.«
Leise Stimmen fielen ein, und als ich aufblickte, sah ich Camille und Menolly neben mir stehen und mit mir beten. Als wir fertig waren, stand ich auf und schob mich an ihnen vorbei zu Morio, der Geph bewachte. Der schien aus dem letzten Loch zu pfeifen. Was auch immer Camille und Morio auf ihn geschleudert hatten, hatte ihn tödlich verwundet.
Ich schob Morio beiseite, beugte mich hinab und starrte Geph ins Gesicht. »Du hast zu viele Leben ausgelöscht.«
Er riss die Augen auf. Noch nie hatte ich ein Lebewesen so eiskalt betrachten können, und ich spürte, wie etwas in mir darum kämpfte, Gestalt anzunehmen, hervorzukommen. Ich verwandelte mich, doch es war anders als sonst. Ich bog den Rücken durch, um freizulassen, was auch immer da frei sein wollte; Geph gurgelte, und sein Kopf rollte zur Seite. Ich stieß ein Brüllen aus, das die Wände beben ließ, und dann ließ der Druck in mir plötzlich nach.
Menolly rannte zu mir. »Kätzchen, ist alles in Ordnung?«
Ich schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Aber wir haben keine Zeit, hier herumzustehen und darüber nachzudenken, was mit mir geschieht. Wir kommen wieder und nehmen Rhondas Leichnam mit, aber jetzt müssen wir erst einmal die anderen finden und nachsehen, wie es ihnen geht.«
Meine Gedanken galten vor allem Chase; er war ein VBM, bei weitem die leichteste Zielscheibe unter uns. Erfasst von der plötzlichen Angst, er könnte das nächste Opfer von Kyokas wahnsinnigem Clan geworden sein, rannte ich auf den Tunnel zu. Wir erreichten die große Kammer gerade rechtzeitig, um Trillian, Smoky und Chase vom Hauptgang aus hereinstürmen zu sehen. Smoky sah stinksauer aus, Chase und Trillian wirkten nur verängstigt.
»Was? Was ist los?«, fragte ich.
»Uns sind etwa zwei Dutzend Mitglieder des JägermondClans auf den Fersen!«, keuchte Chase. Schliddernd kam er vor dem Podium zum Stehen. »Was zum Teufel... ?«
Morio winkte mit einer Hand, und die Illusion, die Venus verbarg, löste sich auf. »Wir haben ihn gefunden. Er ist sehr schwer verletzt, aber er wird überleben.«
»Tja, das ist gut, aber ich bin nicht so sicher, dass wir dasselbe in ein paar Minuten auch von uns behaupten können«, bemerkte Smoky. »Ich kann mich unter der Erde nicht verwandeln. Es ist einfach nicht genug Platz, außer... vielleicht, hm... in dieser Höhle... «
Trillian sah sich um. »Wo ist die Frau? Der Puma?«
Ich schauderte und seufzte. »Tot. Wir haben Lianel und van Spynne erledigt. Sie wollten Camille als Geisel nehmen.«
Trillian eilte an Camilles Seite. »Hat dieser Dreckskerl Hand an dich gelegt?«
Sie schüttelte den Kopf. »Er hat mich zu fassen gekriegt, aber er hatte
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