Schwestern Des Mondes 03 - Die Vampirin-09.06.13
kurz vor dem Morgengrauen wieder zu Hause sein.« Er führte uns durch eine andere Tür als die, durch die ich bei meinem ersten Besuch hier gegangen war. Wir eilten einen Flur nach dem anderen entlang, bis wir einen dunklen Raum erreichten, der so groß war, dass ich das andere Ende nicht sehen konnte. Decke und Wände waren schwarz, und das einzige Möbelstück stand in der Mitte – ein langes, schmales Podest wie eine Bahre, mit einem indigoblauen Tuch bedeckt und Kissen auf dem Boden darum herum.
Er bedeutete mir, mich vor das Podest zu stellen. Camille und Morio setzten sich ein wenig abseits. »Wir haben keine Zeit für die üblichen Rituale und Reinigungszeremonien, die vor einer solchen Erweckung stattfinden sollten, aber ich muss Euch zwei Fragen stellen. Kommt Ihr aus freiem Willen hierher, um die Beherrschung Eurer eigenen Kraft zu erlernen und die Ketten zu sprengen, die Euch an den Willen Eures Meisters fesseln?«
Ich schluckte die aufsteigende Angst herunter. »Das tue ich.«
»Werdet Ihr Euch ganz und gar in meine Hände begeben, im Wissen, dass ich Euch in die Dunkelheit führen werde?«
Die Worte lagen mir schwer auf der Zunge. Ich wollte sie nicht aussprechen, doch sie schlüpften mir wie von selbst über die Lippen. »Ich unterwerfe mich Eurer Führung.«
»Dann nimm deinen Platz auf dem Podium ein, Menolly.« Jareth bedeutete mir, mich auf den Rücken zu legen. Als ich lag, holte er silberne Handschellen hervor, die mit Samt ausgekleidet waren. »Sie werden deine Haut nicht berühren, dir also keine Schmerzen bereiten, aber du wirst sie nicht sprengen können.«
Entsetzt starrte ich auf die Fesseln. Silber, ein Segen für Feen, war ein Fluch für Vampire. Ich verzog das Gesicht, streckte aber trotzdem die Arme aus, und er schloss sie um meine Handgelenke. Nichts. Sie waren gut gepolstert, genau wie er gesagt hatte. Er holte ein zweites Paar Schellen hervor, schloss sie um meine Fußgelenke und half mir dann, mich hinzulegen, so dass mein Kopf auf einem kleinen Kissen zu liegen kam. Als ich richtig lag, hielt Jareth eine Augenbinde in die Höhe und bedeckte meine Augen.
Ich konnte hören, wie Camille und Morio leise mit ihm sprachen.
»Seid Ihr sicher, dass ihr nichts geschehen wird?«, fragte Morio.
»Ich kann nichts garantieren, aber ich glaube, dass Menolly stark genug ist, den Ritus zu überstehen. Sie kann nicht hoffen, ihren Meister zu besiegen, wenn sie nicht zuvor ihre Furcht überwunden hat. Sie muss sich von den Ketten lösen, die er zwischen sich und ihr geschmiedet hat. Versteht Ihr das?«
Camilles Stimme erklang. »Das klingt vernünftig, aber hört mir gut zu, Mönch. Wenn Ihr sie in irgendeiner Weise leiden lasst, die für das Ritual nicht notwendig ist, wenn Ihr ihr übel mitspielt oder sie quält, dann reiße ich Euch das Herz heraus und verfüttere es an die nächste Leichenzunge. Habt Ihr auch mich verstanden?«
Nach einer kurzen Pause sagte er: »Ihr habt Euch unmissverständlich ausgedrückt, Tochter des Mondes.« Jareth kramte mit irgendetwas herum. Das Geräusch von Blut, das in einen Kelch tropfte, drang an meine Ohren. Der Duft erfüllte den Raum, metallisch und klar und köstlich. Dann erklang dreimal eine Glocke, und ich spürte, wie er um das Podium herumging, gegen den Uhrzeigersinn, gegen den Lauf der Sonne.
»Wenn ich den Ritus erst begonnen habe, müssen wir ihn beenden. Verstehst du das? Wir können nicht aufhören, denn sonst könnte die Energie sich gegen uns wenden.« Jareth stand in der Nähe meines Kopfs.
Ich konnte ein Schaudern nicht unterdrücken. »Dieser Besuch bei Euch läuft ohnehin nicht so, wie ich es erwartet hatte. Also, nur zu.«
Prachtvoller Engel, Engel des Blutes,
erhebe dich und begegne deinem Schöpfer.
Prachtvoller Engel, Engel des Blutes,
erhebe dich und fordere deinen Meister.
Prachtvoller Engel, Engel des Blutes,
erhebe dich und verlange, was dein ist.
Prachtvoller Engel, Engel des Blutes,
kehre zurück zu deiner Geburt.
Er umkreiste den Tisch, und seine Stimme drang mit einer steifen Brise zu mir, die plötzlich durch den Raum fegte. Die Energien schlugen um, und ich spürte, wie ich tiefer hinabtrieb, wie mein Bewusstsein vom Tonfall seiner Worte, vom Rhythmus seines Herzschlags eingelullt wurde.
Deine Erwartungen – gib sie auf.
Deine Zweifel – gib sie auf.
Deine Ängste – gib sie auf.
Deine Stärke – gib sie auf.
Deine Wut – gib sie auf.
Deine Beherrschung – gib sie auf.
Drei Tropfen Blut klatschten auf
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