Schwestern Des Mondes 03 - Die Vampirin-09.06.13
ich gerade eingeschenkt hatte, und schob mich durch das Gedränge zu der Nische. Die meisten Gäste kannten mich und machten mir hastig Platz. Mein Ruf war in Granit gemeißelt, und hier war allgemein bekannt, dass ich ein Vampir war. Niemand machte mir Ärger, und während meiner Schicht brauchten wir nicht einmal einen Rausschmeißer, weil alle zu viel Angst vor mir hatten.
Als ich die Nische fast erreicht hatte, konnte ich einen Blick auf den Mann werfen. Er war keine Fee, jedenfalls nicht so richtig, und ganz sicher kein Sidhe, aber er hatte etwas Wildes an sich; vermutlich gehörte er irgendeinem gefährlicheren Zweig der Feenfamilie an. Er machte schmale Augen und musterte mich von oben bis unten, neigte aber nur leicht den Kopf und sagte kein Wort.
»Ich habe gehört, du suchst mich«, sagte ich und zog mir einen Stuhl heran. Ich drehte ihn um und setzte mich rittlings darauf, ans Kopfende des Tisches in der Sitznische. »Und ich habe gehört, dass es vorhin Ärger gab. Luke war so weit, zur Waffe zu greifen. Ich mag es nicht, wenn Luke gezwungen ist, die Pistole auszupacken, also solltest du mir vielleicht erzählen, was da los war.« Ich lächelte ihn kurz an und fuhr dabei die Reißzähne aus, gerade so weit, dass er die Spitzen sehen konnte. »Und mir sagen, wer du bist.«
Der Mann blinzelte zweimal und straffte dann die Schultern. Er trug einen langen schwarzen Kutschermantel aus Leder, dunkelblaue Jeans und einen grauen Rollkragenpulli; das brünette Haar fiel ihm bis auf die Schultern, und seine Augen waren grün und schimmerten vor Magie. »Ich heiße Roz.«
Nun war ich an der Reihe, ihn gründlich zu mustern. »Du kommst aus der Anderwelt, nehme ich an? Welchem Bündnis gehörst du an?«
Er lächelte schief. »Keinem. Ich bin Söldner. Ich arbeite für den Meistbietenden, und derzeit stehe ich in Diensten.«
Ich beugte mich vor, denn der selbstzufriedene Ausdruck, der in seinen Augen aufblitzte, machte mich misstrauisch. »Dann solltest du mir lieber erzählen, wer dich angeheuert hat, sonst könnte ich noch beschließen, dich aus der Bar zu werfen. Es gibt gewisse Gruppen aus der Anderwelt, die im Wayfarer nicht willkommen sind.«
Roz schnaubte. »Bei mir kannst du dir deine Tricks sparen. Ich weiß, wer du bist, ich weiß, was du bist, und das alles ist mir völlig gleichgültig. Ich stehe nicht in Diensten der Opiumfresserin. Sie ist die geringste unserer Sorgen... aber das weißt du ja.«
Er schwang sich von der Sitzbank und stolzierte zur Jukebox hinüber, wo er einen Vierteldollar einwarf und einen Song auswählte. Er drehte sich zu mir um, streckte die Hand aus und wies mit einem Nicken auf die Tanzfläche.
Ich fühlte mich, als ginge ich durch dichten Nebel, und erreichte ihn, als das industrielle Wummern von Yoko Kannos »Lithium Flower« einsetzte. Roz nahm meine Hand, führte mich auf die Tanzfläche und zog mich an sich, während der Beat uns in einen elektronischen Gewittersturm einhüllte. Er schlang die Arme um meine Taille und senkte den Kopf, um das Gesicht an meinem Hals zu bergen. Der Geruch seines nach Cognac duftenden Atems, sein Pulsschlag, der durch seine Finger raste, all das berauschte mich. Er schwankte im Takt der Musik, zog mich mit sich, schmiegte die Hüften an meine.
»Warum bist du hier?«, flüsterte ich, denn ich wusste, dass er mich verstehen konnte, obwohl die Musik alles unter sich begrub.
»Königin Asteria hat mich angeheuert und hierhergeschickt, damit ich euch helfe. Ich bin Kopfgeldjäger. Meine Spezialität sind Vampire und Höhere Dämonen.«
Immer noch hatte ich das Gefühl, dass irgendetwas an ihm nicht stimmte. Ich stellte mich ganz auf ihn ein und versuchte, seine Energie zu erspüren. Und dann wusste ich es. »Keine Fee. Du bist ein Minderer Dämon.«
Er neigte den Kopf zur Seite. »Ach, wirklich?«
Ich musterte sein Gesicht und spürte den Charme, der aus jeder Pore durch seine Aura drang. Sehr wenige Dämonen verfügten über einen solchen Glamour. Ich ließ mir die Kategorien durch den Kopf gehen, und dann ging mir ein Licht auf. »Du machst wohl Witze. Königin Asteria hat uns einen Incubus geschickt?«
Er schnaubte. »Hast du ein Problem damit?«
Ich stieß ihn auf Armeslänge von mir. Wenn man versuchte, die Kontrolle über sich zu behalten, führte man keinen Teufel in Versuchung. Als Vampir war ich gegen den Charme vieler Wesen immun, aber ein Incubus – und vor allem dieser hier... nun ja, für so zuverlässig hielt ich meine
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