Schwestern Des Mondes 03 - Die Vampirin-09.06.13
sie vor, und ehe ich protestieren konnte, packte sie mich am Arm und schleifte mich durch den Saal.
Ich erhaschte gerade noch einen Blick auf mehrere Mitglieder des Blue-Road-Stammes – Werbären –, die den Raum betraten, bevor ich wieder vor Großmutter Kojote stand. Sie hatte sich auf einem Stuhl in der Ecke niedergelassen und beobachtete, wie sich der Raum füllte.
Camille berichtete ihr von Morganas Erscheinen. »Wir möchten gern wissen, ob sie das wirklich war und was sie will.«
Großmutter Kojote bedeutete uns, dass wir uns setzen sollten. Zu ihren Füßen. Camille ließ sich sofort auf den Boden sinken, und ich tat es ihr nach. Wenn eine der Ewigen Alten einem sagte, man solle sich zu ihren Füßen setzen, dann setzte man sich.
Sie blickte sich um und vergewisserte sich, dass uns niemand belauschte. »Das war Morgana, allerdings. Denkt daran: Nicht alle, die euch Hilfe anbieten, sind vertrauenswürdig, selbst wenn sie nicht die Wege des Bösen beschreiten. Es gibt nur wenige, die der Zauberin ebenbürtig sind, aber sie dürstet nach Macht. Dieser Durst war in der Vergangenheit ihr Verderben. Ich bezweifle, dass sie in den Jahren seither viel dazugelernt hat.«
Zumindest sprach Großmutter Kojote diesmal nicht in Rätseln. Ich runzelte die Stirn und fragte mich, was dieses kleine Juwel an Information uns kosten würde. Bei den Ewigen Alten hatte alles seinen Preis.
»Dann sollten wir ihr also nicht vertrauen?« Ich warf Camille einen Blick zu, die niedergeschlagen auf den Boden starrte.
Großmutter Kojote sah mir unverwandt in die Augen. »Es gibt nur wenige, denen ihr in dieser Welt vertrauen könnt. Selbst jene, die es gut meinen, können unter zu großem Druck einbrechen. Je mehr Leute eure Geheimnisse kennen, desto größer ist das Risiko eines Verrats. Deshalb bin ich heute Abend hier. Eine Warnung: Überlegt es euch gut, ehe ihr Geheimnisse über die Dämonen preisgebt, denn wenn ihr Humpty erst von der Mauer geschubst habt, steht ihr vor einem Haufen Rührei.« Damit erhob sie sich und marschierte hinüber zum Büfett.
Camille und ich saßen da und starrten einander an.
»Es tut mir leid«, sagte ich. »Ich weiß, dass du lieber etwas anderes gehört hättest.«
»Mein Lehrer verehrte Morgana als Heldin. Es fühlt sich an, als sei gerade eines meiner größten Vorbilder von seinem Podest gefallen. Und ich frage mich, was dieses Gerede bedeuten sollte – dass sie Anspruch auf das erheben wolle, was rechtmäßig ihr gehört. Wenn sie vorhat, irgendeinen Streit unter uralten Mächten anzuzetteln, sollten wir wirklich die Ohren offen halten, bis wir dahinterkommen, was zum Teufel sie im Schilde führt.« Sie schlug mit der flachen Hand auf den Boden und stand dann auf. »Verflucht, ich hasse das. Es gibt so viele Variable, so viele unbekannte Faktoren, die jetzt das Gleichgewicht der Dinge beeinflussen.«
»Vielleicht wird sie den Merlin gar nicht finden. Oder irgendwo anders suchen. Der Merlin kann unmöglich hier in der Gegend sein«, sagte ich, aber dann kam mir ein scheußlicher Gedanke. »Du glaubst doch nicht, dass sie von den Geistsiegeln weiß, oder? Dass sie sie sucht, um sie für ihre eigenen Zwecke einzusetzen?« Gewiss würde sich jemand wie Morgana weigern, die zweite Geige unter einem Dämonenfürsten zu spielen. Wenn sie hinter den Siegeln her war, dann deshalb, weil sie sie für sich selbst haben wollte.
Camille warf mir einen geknickten Blick zu. »Daran habe ich gar nicht gedacht. Ach, zur Hölle! Als hätten wir nicht schon genug Sorgen.«
»Denk erst mal nicht daran. Wir müssen schleunigst die Köpfe mit Delilah und den Jungs zusammenstecken und über das sprechen, was Großmutter Kojote sonst noch gesagt hat. Ich bin nämlich nicht mehr so sicher, ob diese Versammlung wirklich eine gute Idee war«, brummte ich.
Camille nickte. »Ich auch nicht.«
In diesem Moment kehrte die Ewige Alte zurück, einen albernen Harry-Potter-Pappteller voller Kekse in der Hand. »Da wäre noch eine Sache, Mädels.«
Wenn sie nur noch eine einzige niederschmetternde Neuigkeit für uns hatte, würde ich einfach auf die Versammlung pfeifen und nach Hause fahren. Aber sie schenkte uns nur ein stählern blitzendes Grinsen, bei dem sogar Dredge ein Schauer über den Rücken gelaufen wäre.
»Die Bezahlung für meinen Rat... «
Camille wand sich jetzt schon. Als sie Großmutter Kojote das letzte Mal etwas schuldig geblieben war, hatte sie ihre Schuld damit begleichen müssen, dass sie ein
Weitere Kostenlose Bücher