Schwestern Des Mondes 03 - Die Vampirin-09.06.13
Pfad nach Aladril erhellt hatten, schmückten auch die Straßen der Stadt.
Als wir uns der Masse der Passanten anschlossen, stellte ich fest, dass ich Männer und Frauen kaum auseinanderhalten konnte. Die meisten Bewohner der Stadt waren in weite, wallende Umhänge mit Kapuzen gehüllt, und ihr Duft unterschied sich viel weniger als der von männlichen und weiblichen Menschen. Oder Feen. Ich hatte festgestellt, dass die Geschlechter sich bei den meisten Rassen deutlich im Geruch unterschieden – vermutlich lag das an irgendwelchen Pheromonen; aber hier schien das nicht zuzutreffen.
Selbst mitten im Winter erfüllten nachtblühende Wyreröschen die Luft mit ihrem köstlichen Duft, und ich glaubte, von irgendwoher Musik zu hören, bis ich versuchte, konzentriert darauf zu lauschen. Sobald ich das tat, entglitt sie mir, und ich war nicht mehr sicher, ob ich überhaupt etwas gehört hatte. Ich war erst einmal in Aladril gewesen, Camille hingegen schon mehrmals, und es war, als sei meine Erinnerung an die Stadt verblasst, sobald ich das Tor hinter mir gelassen hatte; nur ein vager Eindruck dessen, was ich hier gesehen oder getan hatte, war mir geblieben.
»Die Energie hier ist so dicht, dass ich Kopfschmerzen davon bekomme«, sagte Morio mit schmerzverzerrtem Gesicht. »Wie viele Seher leben denn hier? Der geistige Puls dieser Stadt wummert wie tausend Trommeln.«
Camille zuckte mit den Schultern. »Niemand weiß viel über Aufbau und Struktur von Aladril, oder auch nur, wer oder was die ursprünglichen Einwohner genau sind. Nur sehr wenigen Außenstehenden wird gestattet, sich hier niederzulassen, und diejenigen, die das tun, verschwinden irgendwie, und man hört praktisch nie wieder von ihnen. Erinnerst du dich an Cousine Kerii?«
Ich nickte. »Ja. Ihr Lehrer fand, sie hätte als Hexe ein solches Talent in Divination, dass er ihr empfahl, sich in Aladril weiter ausbilden zu lassen.« Ich wandte mich zu Morio um und fügte hinzu: »Wir haben ein- oder zweimal von ihr gehört, nachdem sie hierhergezogen war, dann nichts mehr. Wir wissen, dass sie noch lebt, denn ihre Seelenstatue ist noch intakt – jedenfalls war sie es, als wir zuletzt unseren Ahnenschrein besucht haben –, aber wir hatten seit damals keinerlei Kontakt mehr zu ihr.«
»Seelenstatue? Was ist das?« Morio rieb sich die Nasenwurzel und kniff die Augen zusammen. »Ich fühle mich, als wäre ich zu lange in der Nähe eines Highspeed-Internetportals gewesen. Internet-Cafés sind die reinste Hölle für mich – zu viel drahtlose Übermittlung.«
Camille blickte sich um. »Die Magie hier ist so schwer, dass ich sie spüre wie einen Druck auf den Schultern. Und was die Seelenstatuen angeht: Wenn wir geboren werden, fertigen die Schamanen für jeden von uns eine Seelenstatue an. Die wird im Schrein der Familie aufgestellt, und wenn wir sterben, zerbricht sie.« Sie warf mir einen Blick zu. »Menollys Statue ist zerbrochen, als sie starb. Als sie erweckt wurde, fügten die Scherben sich wieder zusammen, aber die Statue war... «
»Missgestaltet. Du kannst es ruhig aussprechen«, sagte ich. »Ich war dort, ich weiß, wie sie aussieht. Wenn ich den endgültigen Tod sterbe, wird sie für immer zerbersten.«
Morio blinzelte. »Das ist interessant. Ihr könnt also feststellen, ob euer Vater und eure Tante noch leben... «
»Genau«, unterbrach Camille ihn. »Jedes Mal wenn Trillian in die Anderwelt zurückkehrt, nimmt er sich die Zeit, jemanden nach unserem Schrein schauen zu lassen. Und ja, die Seelenstatuen von Vater und Tante Rythwar sind noch heil. Sie leben, wir wissen nur nicht, wo sie sind.«
»Da ist der Park«, sagte ich und zeigte nach vorn. Wir waren eine gute Stunde gelaufen und standen nun vor einer großen, ummauerten Wildnis. Na ja, Wildnis war vielleicht der falsche Ausdruck, denn dies war Aladril. In der Stadt der Seher wirkte nichts wild oder ungezähmt.
Wir erreichten die Gärten, die von einer mannshohen Marmormauer umgeben waren; sie erstreckte sich in beide Richtungen, so weit wir sehen konnten. Der Eingang war nicht verschlossen, das Tor stand sogar offen, aber als wir hindurchschritten, spürte ich deutlich die Trennung zwischen der Stadt an sich und den versunkenen Gärten in ihrer Mitte. Zum Beispiel stieg die Temperatur um ein paar Grad an, sobald wir durch das Haupttor gingen.
Marmorne Stufen führten über zahlreiche Terrassenbeete voller Rosen, Jasmin und Lilien nach unten. Blumen und Bäume waren in einer exotischen
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