Schwestern Des Mondes 03 - Die Vampirin-09.06.13
kann ich nicht mit Sicherheit sagen. Ich hatte zu Hause kaum mit anderen Naturdämonen zu tun. Aber ich kann mir vorstellen, dass jemand wie Titania solche Zauber einsetzt. Jedenfalls früher, als sie noch nicht an der Flasche hing.«
»Ich habe in meiner Ausbildung nur sehr wenige höhere Sprüche gelernt«, sagte Camille. »Mein Lehrer hat sich nicht die Mühe gemacht, mir irgendetwas beibringen zu wollen, von dem er glaubte, ich könnte allzu großen Mist damit bauen – bis auf die Energieblitze. Bis ich zu den fortgeschritteneren Lehrinhalten kam, hatte sich herumgesprochen, dass ich ein Tollpatsch sei. Allmählich glaube ich, ich hätte vielleicht nicht solche Probleme, wenn ich Lehrer gehabt hätte, die sich ein bisschen mehr gekümmert hätten, statt mir den Rücken zuzukehren, weil ich ein Halbblut bin.«
Den Tonfall in ihrer Stimme kannte ich gut.
Morio tätschelte ihr den Arm. »Vielleicht können wir dir helfen, einiges von dem nachzuholen, was du verpasst hast.« Seine Stimme klang so zärtlich, dass ich den Kopf hochriss und die beiden anstarrte. Camille mochte Trillian gehören, aber es war offensichtlich, dass Morio langsam und unauffällig ebenfalls sein Territorium abgesteckt hatte. Versuchte er den Svartaner zu unterlaufen oder ihn eher zu ergänzen? Ich schob den Gedanken beiseite. Das Einzige, was jetzt zählte, war die Frage, als was für ein Mann sich dieser Seher entpuppen würde, den wir hier suchten.
Wir kamen um eine Biegung, und die eleganten, gewundenen Türme Aladrils ragten hinter der Stadtmauer auf. Spindeltürme krönten prächtige Kuppeln, Marmor und Alabaster schimmerten, so fein poliert, dass sie das Sternenlicht spiegelten. Die Architektur Aladrils ähnelte der von Terial, einer Hafenstadt am Rande des Miramismeeres, doch das war auch das Einzige, was die beiden Städte gemeinsam hatten. Terial war eine lebhafte, laute Stadt voller Händler und Kaufleute. Aladril war eine stille Stadt der Gelehrten, der Seher und der Magie.
Als wir uns dem Tor näherten, bedeutete uns ein Wächter in einer Uniform, weiß und türkis mit goldenen Schulterstücken, dass wir stehen bleiben sollten. »Identifiziert Euch, bitte.«
Wir streckten ihm unsere Ketten hin. Er zückte etwas, das ganz ähnlich aussah wie der Wanzen-Detektor, den Königin Asteria uns gegeben hatte. Mit diesem Kristall berührte der Wächter das Plättchen an unseren Halsketten, und ein leises Piepen ertönte. Mir warf er einen merkwürdigen Blick zu, trat dann zurück und wies auf das Tor. »Tretet ein. Aladril, die Stadt der Seher, heißt Euch willkommen.«
Ich zögerte. »Wisst Ihr, wo wir einen Seher namens Jareth finden? Königin Asteria schickt mich zu ihm.«
Der Wächter musterte mich wieder mit diesem rätselhaften Blick. »Seid Ihr sicher, dass sie Jareth gesagt hat?«
»Ja«, sagte ich, »ganz sicher.«
Er nahm wieder seine undurchdringliche Miene und Haltung an. »Ihr findet Meister Jareth im Tempel des Gerichts. Folgt der Arabel-Avenue bis zum Park, dann geht es durch die Gärten zur Straße der Tempel. Dort werdet Ihr ihn finden.« Ich dankte ihm, und als ich mich abwandte, hörte ich ihn hauchen: »Und mögen die Götter Euch den Weg ebnen, kleine Dämonin.«
Ich blickte zu ihm zurück und wollte fragen, was zum Teufel das nun wieder heißen sollte, doch er ignorierte mich. Na ja, auch egal. Wir würden es bald genug selbst herausfinden.
Als wir durch das zehn Meter hohe Tor schritten, legte sich eine Stille über uns, als dämpfe eine magische Decke die Laute der Welt. Trotz der Nachtstunde herrschte auf den Straßen reges Treiben, Leute in langen Umhängen kamen und gingen, und alle wirkten sehr geschäftig.
Die Straßen waren mit Backstein gepflastert. Die Fassaden der Gebäude bestanden aus Putz oder Marmor, manche sahen aus, als seien sie aus Bronze. Kuppeln prägten die Silhouette der Stadt, mit Türmen und Türmchen, die sich in den Himmel erhoben und an deren Spitzen Flaggen in Blau, Weiß und Gold flatterten. Wir sahen keine Zug- oder Reittiere in Aladril, jedenfalls keine Pferde oder Ochsen, aber Hunde, Katzen und Kaninchen huschten die Straßen entlang, und ich hatte das Gefühl, dass sie magische Begleiter waren.
»Da«, sagte Camille und deutete auf ein Straßenschild. »Arabel-Avenue.«
Wir standen am Rand einer Prachtstraße, offenbar einer Hauptstraße, denn eine Menge Leute eilten still an uns vorbei. Der Mond war auf dem Weg in die Dunkelheit, aber dieselben Lichtkugeln, die den
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