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Schwestern des Mondes 04 - Hexenküsse-09.06.13

Schwestern des Mondes 04 - Hexenküsse-09.06.13

Titel: Schwestern des Mondes 04 - Hexenküsse-09.06.13 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmine Galenorn
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Fähigkeiten entdeckt - und noch seltener gelingt es einem, sie auch zu entwickeln.« Wir kamen an einem Hinweisschild des Mountain Aspen Retreat vorbei, das nach links zeigte. Ich betätigte den Blinker.
    Wir erreichten die gekieste Auffahrt, in die ich langsam einbog, und fuhren die sacht ansteigende Straße hoch. Zu beiden Seiten erstreckten sich Rasenflächen - Anwesen, wie gesagt -, auf denen Ahorne, Eichen und hier und da auch eine Weide verstreut waren. Die Klinik, die wir in der Ferne sehen konnten, stand auf einer kleinen Anhöhe oberhalb des Strands am Puget Sound. Gegenüber des kleinen Hafens lag Vashon Is-land.
    »Weißt du«, bemerkte ich, »ich habe den Eindruck, dass VBM ihre Kräfte gern anderen Wesen zuschreiben. Der Teufel hat mich dazu getrieben ... Gott spricht mit mir ... Ich höre Stimmen ... Sie wollen sich ihre eigene Macht und Verantwortung nicht eingestehen.«
    »So ist es einfacher«, stimmte Morio zu. »Es ist einfacher, jemand anderem die Schuld zu geben oder jede Verantwortung von sich zu weisen, falls etwas passiert und man nicht mehr damit fertig wird, was man getan hat. Der Böse zu sein ist einfach, wenn man nicht erwischt wird oder behaupten kann, jemand anders sei schuld.«
    »Da ist die Klinik. Sieht so aus, als wären alle draußen zur Bewegung an der frischen Luft.« Als wir uns dem großen Gebäude näherten - oder vielmehr der Gruppe von Gebäuden -, sah ich einige Leute, die Patienten sein mussten, langsam durch die verschiedenen gepflegten Gartenbereiche spazieren. Neben manchen gingen Schwestern in gestärkten rosa Uniformen; andere waren paarweise unterwegs und unterhielten sich - oder auch nicht -, während sie die frische Nachmittagsluft genossen. Alle bis auf die Schwestern und Wärter trugen ganz normale Straßenkleidung, doch mir fiel sofort auf, dass jeder, den ich für einen Patienten hielt, ein leuchtend rotes Armband umhatte.
    »Was wetten wir, dass in diesen Armbändern Sensoren stecken, die Alarm geben, wenn jemand das Anwesen verlässt?«
    Morio blickte zu einer Gruppe von drei Patienten hinüber, die knospende Krokusse unter einer Weide näher untersuchten. »Da hast du wahrscheinlich recht. Da ist der Parkplatz.«
    Ich bog auf den Parkplatz ab, der parallel zum Hauptgebäude verlief, und stellte den Wagen ab. »Bist du bereit? Meinst du, ich gehe so durch?«
    Ich hatte eines meiner allerkonservativsten Outfits angezogen: einen knielangen Rock aus schwarzer Viskose und ein blauseidenes Top unter einem pflaumenblauen Samtblazer. Meine schwarzen Lackschuhe mit den Zehn-Zentimeter-Absätzen passten perfekt dazu, und ich hatte in meinem Kleiderschrank gewühlt, bis ich die burgunderrote Schlangenleder-Handtasche gefunden hatte. Wenn ich dazu noch meinen Glamour maskierte, erweckte ich so den Eindruck einer leicht surrealen, aber menschlichen Frau.
    Morio, der sich als mein Verlobter ausgeben würde, hatte sich ebenfalls umgezogen und trug eine graue Hose, einen kobaltblauen Pulli mit V-Ausschnitt und legere Slipper. Nur ein ganz normales Yuppie-Pärchen, das einen verrückten Verwandten besuchen will, Euer Ehren. Ganz harmlos. Ehrlich.
    Langsam stiegen wir aus dem Auto und sahen uns um. Ich schloss die Augen und versuchte, ein Gefühl für diesen Ort zu bekommen. Es war viel chaotische Energie unterwegs. Einiges davon schien an den Rand der Schattenmagie gerückt zu sein, doch als ich mir diesen Teil näher ansah, schwamm der Wahnsinn, den es hier tatsächlich gab, deutlich an die Oberfläche. Aber unter der echten Geisteskrankheit konnte ich richtige Magie spüren und eine Art Tasten - als suchten diese Energien nach etwas. Hier gab es übersinnlich Begabte und geborene Hexen, die keine Ahnung von ihren wahren Fähigkeiten hatten und deren Familien sie im normalen Leben unzumutbar fanden.
    »Hier sind so viele widerstreitende Energien miteinander verknotet, dass ich nicht weiß, ob ich sie je sortiert bekommen kann.« Ich öffnete die Augen und setzte meine Sonnenbrille auf. Meine Augen ließen das Feenerbe meines Vaters besonders deutlich erkennen. Wenn ich sie verbarg und meinen Glamour versteckte, würde ich möglicherweise als Benjamins Cousine durchgehen.
    »Zumindest steinigen sie die Leute nicht mehr, weil sie angeblich besessen sind. Oder werfen sie ins Irrenhaus und überlassen sie dort sich selbst, damit sie sich gegenseitig ermorden können.« Morio musterte mich von oben bis unten. »Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal den Tag erleben würde, an

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