Schwestern des Mondes 05 - Katzenkrallen-09.06.13
ich Sie mal was fragen. Hat er Ihnen je von mir erzählt?« Sie stellte ihr Glas auf einen Untersetzer und ließ sich wieder in den Sessel sinken.
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, hat er nicht. Er hat behauptet... er hat gesagt, er hätte noch nie eine ernsthafte Beziehung gehabt.«
»Ich verstehe«, sagte sie. Sie bemühte sich zwar, sich nichts anmerken zu lassen, aber ich sah, wie sich die verheerende Wirkung dieser Worte in ihr Gesicht schlich.
»Wir waren drei Jahre lang verlobt. Nach seinen Maß-Stäben gilt das wohl nicht als ernsthaft. Vielleicht habe ich mir das nur eingebildet. Na ja«, sagte sie und schüttelte den Kopf, ehe sie fortfuhr. »Zwei Monate vor der Hochzeit bin ich dahintergekommen, dass er es mit meiner besten Freundin getrieben hatte. Er hat steif und fest behauptet, das sei ein einmaliger Ausrutscher gewesen. Ich habe ihn geliebt, also habe ich ihm verziehen. In der Nacht vor unserer Hochzeit habe ich ihn mit einer Stripperin erwischt. In unserem Bett. Da habe ich ihn verlassen. Bin weggezogen.«
Ich war wie vor den Kopf geschlagen. Chase hatte das getan? Mein Chase? Ja, er konnte manchmal ziemlich grob sein, aber er predigte wenigstens immer, dass man das Richtige tun solle. Und jetzt stellte sich heraus, dass er offenbar schon lange ein widerlicher Schleimbeutel war?
Sie hob den Kopf und ließ den Blick über mein Gesicht huschen. »Wo bleibt die Schadenfreude?«
Ich schüttelte den Kopf. »Nicht mein Stil.« Was nicht ganz stimmte, aber ich meinte es aufrichtig.
»Dann sollte ich wohl danke sagen. Also, ich dachte... als ich vor einem Monat wieder hergekommen bin, wirkte er ganz verändert. Er hat sich entschuldigt. Er hat mir Blumen mitgebracht und mir gesagt, wie sehr er sich freue, mich wiederzusehen. Ich war nie so ganz über ihn hinweggekommen, also bin ich... haben wir... habe ich mich wieder neu in ihn verliebt. Als ich dann von Ihnen erfahren habe, wusste ich, dass er sich doch nicht geändert hatte. Also habe ich beschlossen, ihn einfach auszunutzen und meinen Spaß zu haben, solange es geht. Ich habe nicht vor, ihn zu behalten, Delilah. Ich wollte ihm nur Hoffnungen machen und ihn dann fallenlassen, wie er mich hat fallenlassen. Ich wollte ihm weh tun.«
Scheiße! Ich starrte sie an. Rachegelüste waren in den VBM ebenso tief verankert wie in Feen. Chase würde zweifellos seine eigene Version dieser Geschichte haben, und die Wahrheit lag vermutlich irgendwo dazwischen - wie dem auch sei, ich hatte reichlich Stoff zum Nachdenken.
»Sie haben sich also meinetwegen mit ihm gestritten?«, fragte ich nach.
»Ihretwegen - und über Verantwortung. Darüber, was man tut und was nicht. Es ist mir scheißegal, ob Sie sich darüber aufregen. Aber ich bin wütend, weil Chase immer noch nicht den Mumm hat, sich hinzustellen und zu sagen: ›Ja, ich habe das getan‹, und die Konsequenzen zu tragen. Als er mir gestern die Schuld an sämtlichen Problemen zuschieben wollte, hat es mir endgültig gereicht. Ich bin zu alt, um mit einem verzogenen Bengel Spielchen zu spielen. Und ich habe keinerlei Interesse daran, mich in eine Dreiecksgeschichte verwickeln zu lassen.«
Sie stand auf und verschränkte die Arme, und ihre exquisit lackierten Fingernägel trommelten auf dem glatten Seidenstoff ihres Morgenmantels herum. »Ab sofort folge ich dem Motto: Wenn es keinen Spaß mehr macht, bin ich weg. Und es macht keinen Spaß mehr. Sie wollen wissen, wann ich ihn zuletzt gesehen habe? Gestern in Ruth Chris' Steak House. Wir haben etwas getrunken und sind bis zur Vorspeise gekommen. Dann ist er abgehauen und hat mich auf der Rechnung sitzenlassen.«
Damit wandte sie sich mir zu. »Ich gehe jetzt und ziehe mich an. Wenn ich wieder herauskomme, möchte ich Sie hier nicht mehr sehen. Ich verlasse noch heute die Stadt.
Er gehört ganz Ihnen, Schätzchen. Aber ich kann Ihnen nicht empfehlen, irgendwelche langfristigen Pläne zu schmieden, denn Chase schleppt da einen ganzen Keller vol Leichen mit sich herum.«
Ich sah ihr nach, als sie im Bad verschwand. Dann stand ich langsam auf, ging hinaus und schloss die Tür von außen wieder ab.
Chase hatte mich also belogen, und das gleich mehrfach. Wenn Erika die Wahrheit sagte, hatte Chase ihr das Gleiche angetan wie mir, nur war es bei ihr viel schlimmer gewesen.
In der Nacht vor ihrer Hochzeit... selbst in der Anderwelt wäre dieses Verhalten inakzeptabel, außer in höchsten Adelskreisen. Und auch nur bei der Sorte Adeliger, die sich um
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