Schwestern des Mondes 05 - Katzenkrallen-09.06.13
Geister dieses Zeug hier liegengelassen haben.«
Roz schüttelte den Kopf. »Ich wette zehn zu eins, dass die Goldsucher hier ihr Lager hatten. Diese Straße benutzt kaum jemand. Der Mann, mit dem wir gesprochen haben, hat uns erzählt, dass sie früher von der Holzfällerei genutzt wurde, aber vor zehn Jahren haben sie eine bessere Straße für den Abtransport gebaut. Jetzt wird diese hier fast nur noch von Jägern und Wanderern befahren, denen ein holpriger Ausflug in die Wildnis nichts ausmacht.«
Holpriger Ausflug? Reizend ausgedrückt. Ich stand auf und wischte mir die Hände an der Jeans ab. »Und jetzt? Wo geht's lang?«
Vanzir zeigte auf einen Pfad, der im hüfthohen Gras kaum zu erkennen war. Wir machten uns bereit, reihten uns hinter dem Incubus und dem Traumjäger ein und schoben uns durchs Unterholz.
Der Pfad führte sofort bergab, und erst fragte ich mich, ob wir wirklich den richtigen Weg eingeschlagen hatten. Lagen die meisten Höhlen denn nicht irgendwo oben an einer Felswand statt tief unten in einer Schlucht? Doch dann verbreiterte sich der Trampelpfad zu einem Wanderweg, der an einer tiefen Klamm entlangführte. Fünfzehn, zwanzig Meter unter uns floss ein Bach. Die Kante war schroff, kein Abhang würde den Fall dämpfen, sollte einer von uns stürzen. Obwohl der Weg breit genug für zwei Leute nebeneinander war, reihten wir uns automatisch im Gänsemarsch auf.
Ich blickte über die Klamm hinweg. Das Steilufer auf der anderen Seite war mit geschlagenem Holz bedeckt. Von hier aus konnte ich sehen, dass der Pfad zu einer schmalen Brücke über den Bach führte. Die Balken der Stützkonstruktion waren alt und verwittert. Ich schätzte sie auf mindestens hundert Jahre, wenn nicht älter. Zweifellos wurde sie von den Goldsuchern und Jägern genutzt, die in den Bergen herumwanderten.
Die Holzfäller mussten eine andere Brücke haben. Von hier aus konnte ich jedenfalls keine befahrbare Straße erkennen.
Zach direkt hinter mir schnappte plötzlich nach Luft und blieb stehen. Er deutete auf einen Felsvorsprung auf der anderen Seite der Klamm. Ich folgte seinem Blick und entdeckte einen prächtigen Puma. Ein Weibchen, erkannte ich instinktiv, und sie war kein Werpuma, sondern eine reine, ursprüngliche Raubkatze. Und sie beobachtete uns - vor allem Zach und mich. Ich konnte spüren, wie ihr Blick mich bis auf die Knochen durchbohrte.
Zach beugte sich zu mir vor. »Sie säugt Junge.«
Ich wusste es auch, irgendwoher. Die Raubkatze hatte Junge, und sie waren vermutlich irgendwo in der Nähe, gut versteckt. Ich suchte die Felswand ab, sah aber nichts. Mein Blick kehrte zu der Pumamutter zurück, und ich holte tief Luft und sandte ihr eine Woge guten Willens zu.
Tränen traten mir in die Augen, als sie den Kopf in den Nacken legte und brüllte.
Sehnsucht lag in ihrem Ruf, und Angst und Zorn. Irgendetwas stimmte nicht. Ich wusste zwar nicht genau, was, aber sie brauchte Hilfe.
Ehe ich merkte, was ich tat, hatte ich mich an meinem Rudel vorbeigeschoben und rannte über die Brücke, Zach dicht hinter mir. Camille und Roz riefen uns etwas nach, aber meine Aufmerksamkeit galt allein der Pumamutter. Sie brauchte Hilfe, und sie hatte erkannt, dass wir ihr helfen konnten.
Als wir über die Brücke rannten, sah ich, dass Zach sich in einen Puma verwandelt hatte.
Ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, ohne jede Vorwarnung, verwandelte ich mich ebenfalls - aber diesmal nicht in das Tigerkätzchen, sondern in den Panther. Was zum... ? Der Herbstkönig kontrollierte mich in dieser Gestalt. Was hatte er mit dem Pumaweibchen zu tun?
Und dann hörte ich ihn, tief in meinen Gedanken, tief in meinem Herzen. »Sie steht unter meinem Schutz, wie alle Nachfahren Einarrs. Ihre Mutter war ein Werpuma und entschied sich dafür, in die Wildnis zurückzukehren und ein Vierbeiner zu bleiben. Die Tochter kann sich nicht verwandeln, aber Gestaltwandler erkennen. Helft ihr in ihrer Not. Dass du eine Tochter des Grabes bist, bedeutet nicht, dass du den Lebenden nicht helfen kannst.«
Im nächsten Augenblick war seine Präsenz verschwunden, doch ich behielt die Panthergestalt bei. Zach und ich liefen Seite an Seite schweigend weiter. Es führte kein Pfad zu der Berglöwin hinauf, doch das hielt uns nicht auf. Ich genoss meine Kraft und Geschicklichkeit, während wir von Fels zu Fels sprangen und mit den Vorderpfoten Halt fanden, sobald wir uns mit den Hinterbeinen abgestoßen hatten. So eilten wir die Klippe hinauf, und ich
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