Schwestern des Mondes 05 - Katzenkrallen-09.06.13
Bergen wusste man ja nie.
Ich entdeckte einen schwachen Umriss in tieferem Schwarz. Rechts vor uns war eine Höhle in die Felswand eingegraben, und wir hielten direkt auf die finstere Öffnung zu.
Als wir näher heran waren, bekam ich eine Gänsehaut, und die Haare sträubten sich mir im Nacken.
Camille flüsterte: »Ich kann sie spüren. Irgendwelche Geister. Die Luft ist mit Energie schon völlig überladen, und ich weiß nicht, was passiert, wenn ich jetzt die Macht der Mondmutter herabrufe.«
»Versuch es gar nicht erst. Außer es wäre unbedingt notwendig«, sagte Smoky, der sie mit einer Hand im Rücken sacht voranführte. Der Anblick der beiden machte mich plötzlich traurig. Chase sollte jetzt hier sein; Chase sollte sich um mich sorgen, statt mit seiner Ex herumzumachen.
Zachary schien meine Stimmung zu spüren. Er legte mir sacht eine Hand auf die Schulter und flüsterte: »Keine Sorge. Wir beide geben schon aufeinander acht. Okay?«
Ich fühlte mich ein bisschen besser und lächelte ihn an, während ich mich fragte, was zum Teufel ich eigentlich wirklich wollte. Aber dies war nicht der richtige Zeitpunkt für Selbstmitleid. Wir waren schon beinahe da, und ich schuldete es den anderen, ganz bei der Sache zu sein.
Als wir uns der Höhle näherten, glitt Menolly neben mich. »Geister spüre ich nicht gut, aber ich kann dir sagen, dass ich da drin keine dämonische Energie fühle.«
Vanzir hörte sie und ließ sich zu uns zurückfallen. »Ich auch nicht. Ich vermute, dass Karvanak und seine Bande diesen Ort noch nicht gefunden haben. Wir haben Glück«, fügte er hinzu und warf Menolly einen Blick zu. »Aber eines sage ich euch. Manche der Wesen, die aus der Schattenwelt kommen, lassen meinesgleichen geradezu lächerlich wirken. Wiedergänger und Schemen sind viel gefährlicher als der gewöhnliche Räksasa oder Traumjäger.«
Ich runzelte die Stirn. Kein angenehmer Gedanke. Jedenfalls keiner, mit dem ich mich befassen wollte, so viel stand fest. »Meinst du, dass es da draußen Geister oder Gespenster gibt, die so gefährlich sind wie Schattenschwinge?«
Meist vermieden wir das Thema Schattenschwinge, wenn Vanzir dabei war. Er war und blieb immerhin ein Dämon aus den U-Reichen. Er nahm es Schattenschwinge nicht direkt übel, dass der den größten Bösen Buben gab. Vanzir war nur mit seinem Plan nicht einverstanden, die Portale zu durchbrechen und Erde und Anderwelt zu überrennen. Ich fragte mich, wie weit diese Läuterung reichen mochte, wenn es darauf ankam.
Andererseits - weshalb hätte er sich dem Knechtschaftsritual unterwerfen sollen, wenn er sich nicht wahrhaftig ändern wollte? Zumindest ein bisschen? Er würde sterben, falls er versuchen sollte, einen Rückzieher aus dieser Verpflichtung zu machen, und das würde kein angenehmer Tod sein.
»Ich weiß es nicht. Hoffentlich nicht.« Vanzir zuckte mit den Schultern. Er starrte mich einen Moment lang an, und seine beunruhigend klaren Augen bohrten sich in meine Gedanken. Dann streckte er die Hand aus, und seine Finger berührten ganz leicht meinen Arm, ehe er es sich anscheinend anders überlegte und die Hand zurückzog.
»Ich weiß, dass du mir nicht vertraust«, sagte er. »Du kommst nicht dahinter, wie ich zu der ganzen Sache stehe. Das kann ich dir nicht verdenken. An deiner Stelle ginge es mir vermutlich genauso. Aber ich hoffe, dass du mir eines Tages wirst glauben können, wenn ich dir sage, dass ich keine versteckten Ziele habe. Ich mag als Dämon auf die Welt gekommen sein, aber ich bin nicht... es gefällt mir nicht, was ich in meinem Leben bisher getan habe. Das bin nicht ich. Ich passe nicht in die Unterirdischen Reiche und auch nicht zu den meisten meiner Art.«
Ehe ich etwas erwidern konnte, eilte er voraus, um Roz einzuholen. Ich sah ihm nach und stieß dann einen langen Seufzer aus - ich wusste nicht, was ich davon halten sollte.
Menolly fing meinen Blick auf, und wir zuckten beide mit den Schultern. Sie sah ebenfalls ziemlich verwundert aus. »Wer weiß?«, bemerkte sie so leise, dass selbst ich ihre Worte kaum verstand. »Vielleicht sagt er die Wahrheit. Halten wir trotzdem die Augen offen.«
In diesem Moment blieb Roz stehen, hob die Hand und winkte uns zu sich heran. Er legte sich den Zeigefinger an die Lippen. »Seid so leise wie möglich. In Seattle haben wir das Haus gestürmt, und ihr habt ja erlebt, wie das gelaufen ist.
Versuchen wir es diesmal mit einer etwas subtileren Vorgehensweise.«
»Ach, im Ernst?«,
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