Schwestern des Mondes 06 - Vampirliebe-09.06.13
Sitz verstaut hatte, und holte einen Stadtplan heraus. Sie breitete ihn auf der Motor haube aus, und Chase beleuchtete ihn mit einer Taschenlampe. Wir versammelten uns darum.
Delilah tippte mit dem Finger auf eine leicht verschmierte Markierung auf der Karte. »Da wohnt Harold. Und da ...« Sie zog eine Linie schnurgerade nach Norden. »Da liegt der Wedgewood-Friedhof. Wenn man diese Linie in die andere Richtung verlängert, führt sie geradewegs ... zum Wayfarer.« Sie blickte auf. »Ich glaube, dieser Friedhof liegt auf einer LeyLinie. «
»Was bedeutet, dass es hier eine Menge Energie anzuzapfen gibt«, bemerkte Camille. »Ich frage mich ...« Sie warf einen Seitenblick auf Wilbur und schüttelte den Kopf. »Das hat Zeit bis später.«
Ley-Linien waren unsichtbare Kraftlinien - so ähnlich wie geologische Verwerfungslinien -, die sich über die Erdwelt und die Anderwelt zogen. Sie verbanden Orte über eine magische Linie, und jegliche Magie, die auf einer Ley-Linie gewirkt wurde, geriet wesentlich stärker als anderswo. Und während ich auf den Stadtplan starrte, sah ich selbst, was Camille hatte sagen wollen. Zwei der wilden Portale lagen ebenfalls auf dieser Ley-Linie. Waren alle Portale mit dem Ley-Netzwerk verknüpft, oder öffneten sich nur die wilden spontan darauf? Umgekehrt, entstanden alle wilden Portale auf Ley-Linien? Ein weiteres Rätsel, das es zu lösen galt, sobald wir wieder unter uns waren.
»Es kann also durchaus sein, dass Harold und seine Jungs hier herauskommen, um Zeremonien abzuhalten. Oder dass die Energie, mit der sie arbeiten, die Ley-Linie entlangreist und hier die Leichen aufstehen lässt. Hm ... Chase, lass deine Leute die genaue Lage der Gräber feststellen, die geöffnet wurden, und sag uns so schnell wie möglich Bescheid.« Ich sah Wilbur an, der leicht verwirrt dreinschaute.
»Es kann gut sein, dass Martin durch die Energie der Linie hierher gezogen wurde, aber das ist ein sehr weiter Weg von da, wo wir wohnen.« Ich runzelte die Stirn.
»Das kann ich erklären«, sagte er. »Ich habe ihn ausgeführt, und er hat sich von der Leine losgerissen.« Er hielt eine kobaltblaue Hundeleine in die Höhe. Da erst bemerkte ich, dass Martins praktisches Stahlhalsband hinten einen Ring hatte. Der Karabiner an der Leine war aufgebogen, und es sah so aus, als hätte jemand heftig daran gerissen.
»Leine? Du führst ihn an der Leine herum wie einen Hund ?«
Das war mal ein geistiges Bild, auf das ich gern verzichtet hätte. Die Vorstellung des adrett gekleideten Leichnams, der wie ein Pudel am Ende einer hellblauen Leine einhertrippelte, reizte mich zum Lachen. Oder Kotzen. Und wenn man ein Vampir ist, übergibt man sich lieber nicht vor anderen.
Wilbur sah mich an. »Du bist stark. Könntest du das für mich wieder hinbiegen?« Er hielt mir die Leine hin.
Ich kam mir vor, als sei ich in irgendeinen absurden MontyPython-Film geraten. Stumm nahm ich die Leine, bog den Karabiner wieder zurecht, so gut es eben ging, und gab sie ihm wortlos zurück. Dann wandte ich mich ab und deutete auf die Autos.
»Los geht's. Wir haben noch eine Verabredung mit ... Vanzirs Freund, nicht wahr?«
Vanzir nickte. »Ja, aber wir schauen besser vorher im AETT-Hauptquartier vorbei und lassen seine Wunden versorgen.« Er wies mit einem Nicken auf Chase.
Delilah griff sofort nach Chases Arm und betrachtete die Bissspuren dicht beim Ellbogen, wo der Ghul es geschafft hatte, den Stoff von Chases Hemd zu zerreißen und die Zähne in seine Haut zu schlagen. Es war kein Stück herausgebissen, aber um die Wunde herum bildete sich ein riesiger Bluterguss.
»Ja, der Biss wird schon rot, das bedeutet, er entzündet sich.« Sie seufzte.
Chase räusperte sich. »Ich muss sowieso zurück aufs Revier. Ich habe immer noch einen Job, schon vergessen? Ich verspreche dir, ich lasse Sharah danach sehen, sobald ich dort bin. Tut ihr inzwischen, was immer ihr tun müsst.« Er küsste Delilah fest auf den Mund. »Ich rufe dich nachher an, Süße«, fügte er hinzu und eilte dann zu den Streifenwagen hinüber.
Wilbur lächelte uns ein wenig schief an, als sei dieser Gesichtsausdruck ihm etwas fremd, und sagte: »Ich gehe dann auch wieder. Ich muss Martin nach Hause bringen. Gleich kommt Seinfeld. «
Da war es endgültig vorbei. Ich versuchte, mich zu räuspern, aber das Lachen platzte trotzdem hervor, und ich schnaubte laut. »Du machst wohl Witze. Du und dein Ghul, ihr schaut euch zusammen Seinfeld an? Ist dein Leben
Weitere Kostenlose Bücher