Schwestern des Mondes 07 - Hexenzorn-09.06.13
konnten die Macht der Wälder wahrhaftig verkörpern.
Morio kniete hinter mir nieder, behielt jedoch die Hände bei sich. Er kannte sich gut genug aus, um zu wissen, dass ich in Trance war, also würde er mich nicht stören. Nach einer langen, langen Pause rührte sich die Eibe wieder.
»Läutert und begrabt sie, und ich werde sie hüten. Doch hier gibt es weitere Geister, die noch auf der Erde wandeln, in ruheloser Suche. Das Band der Energie, das durch diesen Boden führt, ist erweckt worden. Es singt laut und lebhaft, aber misstönend und ruft Geister herbei, die auf ihm reisen.«
Die Eibe verfiel wieder in Schweigen, und ich lehnte mich zurück.
»Sie wird sie hüten«, sagte ich. »Aber sie hat mir erzählt, dass es auf diesem Grundstück noch mehr Geister gibt. Und sie hat etwas von einem Band aus Energie erzählt, das Geister hierherruft. Könnte das die Ley-Linie sein? Wir wissen ja, dass Harolds Haus über eine Ley-Linie mit dem Wedgewood-Friedhof verbunden ist. Dieselbe Linie führt auch durch den Wayfarer - wo das Portal ist - und über zwei der wilden Portale.«
Morio strich über sein Ziegenbärtchen. Dann nickte er. »Das klingt stimmig, aber was könnten wir da unternehmen?«
»Das überlegen wir uns später. Jetzt lasst uns erst mal diese Knochen begraben, ehe es wieder anfängt zu schütten.« Ich wandte mich Delilah zu. »Könntest du ein Loch am Fuß der Eibe graben? Versuch, es möglichst im Schutz der Wurzeln zu platzieren. Ich hole inzwischen das Salz, und Morio - würdest du die Kerzen aufstellen?«
Während ich einen Ring aus Salz um die Eibe streute, buddelte Delilah ein Loch für die Knochen. Morio stellte eine schwarze Stumpenkerze auf einer Seite der kleinen Grube auf, eine weiße auf der anderen.
Rodney, der uns schweigend beobachtet hatte, schnaubte laut. »Habt ihr Idioten nicht was vergessen?«
Wunderbar. Der Klugscheißer hatte sich offenbar erholt. »Was willst du denn jetzt schon wieder?«
»Ihr habt keinen Rosmarin unter das Salz gemischt. Jeder Nekromant, der nur halbwegs was taugt, weiß doch, dass man Rosmarin in das Salz mischt.«
Ich biss die Zähne zusammen und stieß langsam die Luft aus, um nicht zu explodieren. »Erstens sind wir keine Nekromanten, obwohl wir mit Todesmagie arbeiten ...«
»Du bist ja so klug.« Er ahmte einen Glockenschlag nach. »Einen Grabstein für die Braut mit den tollen Möpsen!«
Ich streckte den Arm aus und schnippte ihm den Zeigefinger gegen den Kopf. »Hältst du jetzt mal die Klappe und hörst mir zu? Rosmarin nimmt man für die Beschwörung. Wir brauchen Salbei zur Reinigung, aber nur in dem Grab selbst. Und jetzt halt den Mund und lass uns arbeiten.«
Rodney betrachtete mich einen Moment lang, dann glomm ein unheilvolles Feuer in seinen Augenhöhlen auf, und er begann zu wachsen. Ich stolperte rücklings, während er binnen Sekunden die Größe eines hochgewachsenen Menschen annahm.
»Heilige Scheiße!« Ich blieb stehen, als er auf mich zukam.
Ein feuriger Schein umgab ihn wie ein feiner Nimbus in seiner Aura - um die Beckenknochen loderte er richtig hell -, und er lachte leise. Ich sprang noch einen Schritt zurück. Ein Kingsize-Rodney stand nicht gerade auf meiner Wunschliste.
»Du bist wirklich ein prächtiges Luder, und ich werde mich heute mal so richtig amüsieren«, sagte er.
Ich stieß ein schrilles Quietschen aus und flüchtete mich zu Morio, der von den beiden Kerzen aufblickte.
»Uff«, ächzte Morio, als ich ihn umwarf in meiner Hast, mich vor Rodney in Sicherheit zu bringen. Er sprang auf und hielt inne, als er Rodney sah, dessen neue Gestalt nicht als Verbesserung gelten konnte. »Was zum - hör auf! Das reicht jetzt!« Er sprang auf und griff nach Rodneys Holzschatulle.
Rodney erstarrte mitten im Schritt. »Ach, bitte, überlass sie mir doch. Nur für eine Stunde. Ihr beiden seid die schrägsten Perversen, die ich kenne. Lässt du mich auch mal mit der Feenschlampe spielen? Bitte, bitte! Du darfst auch zuschauen...«
Morio schob mich beiseite und ging auf Rodney zu. Er sah alles andere als erfreut aus. »Warum hast du uns nicht gesagt, dass du so groß werden kannst?«
Rodney zuckte mit den Schultern. »Ihr habt nicht danach gefragt.«
»Und wie oft kannst du?«
»Die ganze Nacht lang. Willst du es selbst herausfinden, du geiler kleiner Yokai?«, erwiderte das Skelett schnaubend. Dann wies er mit einer knochigen Hand auf seinen Körper. »Ach, das. Gefällt dir, ja? Ich sage dir, was ich mit diesen
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