Schwestern des Mondes 07 - Hexenzorn-09.06.13
dann den Kopf und streifte mit den Nüstern meinen Arm. Das Haar an ihrer Nase war samtig und weich, die Haut ein wenig feucht. Ich sah ihr in die Augen.
»Alle Dahns-Einhörner wissen über die Dämonen Bescheid, Camille. Vergesst nicht: Ihr könnt nur Euer Bestes tun, junge Windwandlerin. Hadert nicht mit Euch selbst, und zweifelt nicht an Eurer Kraft.« Sie sprach Windwandlerin auf eine Art aus, von der ich keine Gänsehaut bekam. Nein, bei ihr klang es beinahe wie ein Kompliment.
»Danke«, sagte ich und hob aus einem Impuls heraus die Hand, um ihre Schulter zu tätscheln. »Es fällt mir schwer, mir keine Sorgen zu machen, aber Ihr habt recht. Wir können nicht jeden Tag gewinnen. Ich hoffe nur, dass wir langfristig siegen werden, denn die Alternative wäre nicht gerade prickelnd.«
Sie schnaubte erneut und schüttelte den Kopf, dass ihre Mähne flog wie in einer Shampoo-Werbung. Verdammt, welche Spülung auch immer sie benutzte, ich wollte etwas davon haben. In diesem Moment vereinte sich unser Pfad mit der Hauptstraße, die durch das Westtor in die Stadt führte.
Sheran-Dahns geleitete uns zum Tor, wo bereits eine Kutsche mit einem Gespann Nobla Stedas für uns bereitstand. Offenbar sollten wir auch hier ganz luxuriös durch die Straßen rollen. Ich hatte mich an die Autos erdseits gewöhnt, aber als wir noch in Y'Elestrial gelebt hatten, waren wir wie die meisten Stadtbewohner praktisch überallhin zu Fuß gegangen. Als mein Vater mir die Hand reichte, um mir in die Kutsche zu helfen, drehte ich mich zu dem Einhorn um.
»Danke sehr«, sagte ich und lächelte Sheran-Dahns an. »Und bitte, falls Ihr je die Erdwelt besucht, seid Ihr in unserem Haus herzlich willkommen. Jederzeit.«
Sie neigte den Kopf. »Ich werde Eure Einladung nicht vergessen. Man kann nie wissen, was geschehen wird, Camille.« Sie wandte sich an meinen Vater und fügte hinzu: »Berater Sephreh, ich wünsche Euch einen angenehmen Aufenthalt in unserer Stadt. Der Wächter wird Euch sicher zum Palast geleiten. Guten Tag.« Und damit war sie verschwunden.
Der fragliche Torwächter gehörte zu den Feen, da war ich mir sicher, aber ich konnte nicht genau bestimmen, von welchem Ast unserer weit verzweigten Rasse er stammte. Er war bleich, fast hellgrau, und trug das Haar streng zurückgekämmt zu einem Pferdeschwanz. Es schimmerte silbrig mit einem Hauch von Blau. Er sah alt aus, oder zumindest so alt, wie ich Feen je gesehen hatte, und er wartete, bis wir in der Kutsche Platz genommen hatten, ehe er auf den Bock stieg und die Leinen aufnahm. Als die Pferde sich in Bewegung setzten, beugte ich mich vor, denn ich wollte aus dem Fenster schauen, während die Stadt an uns vorüberglitt.
Dahnsburg erinnerte mich an Terial. Und in gewisser Weise auch an Seattle. In allen Hafenstädten schien ein Gefühl der Weite zu herrschen - eine gewisse Weltoffenheit. Vielleicht lag es daran, dass an Küsten stets weite, endlose Wasserflächen dominierten. Vielleicht lag auch ein internationales Flair in der Luft, da Leute aus aller Herren Länder und von verschiedensten Rassen auf ihren Reisen hier haltmachten. Jedenfalls vermittelte Dahnsburg einen großzügigen, weitläufigen Eindruck. Außerdem spürte ich deutlich, dass es hier mehr als einen Fluchtweg gäbe, falls wir einen brauchen sollten.
Die Architektur war von Leichtigkeit geprägt. Die Gebäude waren groß und aus Stein und Lehmziegeln gebaut. Aber sie waren weiß getüncht, und überall in der Stadt fiel mir auf, wie sauber und frei von Unrat die Straßen waren. Sie waren auch sehr breit, breiter als in Y'Elestrial. Ich bemerkte die zahlreichen Einhörner, dazu ein paar Zentauren und einige Riesen auf den Straßen, und mir wurde klar, dass die Stadt einfach in größerem Maßstab gebaut sein musste, um der Größe der verschiedenen Kryptos gerecht zu werden.
Bäume gab es kaum, wir sahen nur ein paar. Sie ähnelten den Palmen der Erdwelt, doch ich kannte sie als Trehavé - robuster und besser an kühleres Klima angepasst als die Dattelpalme. Aus den Früchten des Trehavé wurden wunderbare Cocktails gemixt. Beim Gedanken an einen Drink knurrte mir der Magen. Wir hatten zwar gefrühstückt, aber der Sprung durch die Portale schien mir die Energie regelrecht abzusaugen.
Auf dem offenen Marktplatz herrschte reger Betrieb, doch selbst das Gedränge, das einem Straßenfest glich, wirkte wohlgeordnet. Wir kamen an lauten Händlern und feilschenden Käufern vorbei und an seltsamen Geschöpfen, die
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