Schwestern des Mondes 07 - Hexenzorn-09.06.13
ich nicht einmal kannte. Doch auch zwischen den flatternden Markisen von Gemüse- und Fischständen, den Karren voll Teppichen und Tuchen strahlte die Menge eine friedliche Gesetzmäßigkeit aus.
Ich tippte meinem Vater auf den Arm. »Was ist hier los? Ich habe noch nie erlebt, dass die Leute sich auf einem Jahrmarkt so gesittet benehmen.«
Er lachte. »Camille, hast du denn alles vergessen, was ihr in Gesellschaftslehre gelernt habt? Die Dahns-Einhörner behandeln Gesetzesbrecher sehr streng. Diebstahl, Prügeleien, schon kleine Bagatelldelikte werden hart bestraft. Mördern und Vergewaltigern ergeht es natürlich viel schlimmer, aber Verbrechen lohnt sich hier einfach nicht. Es ist das Risiko nicht wert, erwischt zu werden. König Upala-Dahns gilt als strenger Herrscher. Er hält seine Untertanen energisch im Zaum, sofern mir dieses Wortspiel gestattet ist.«
Na wunderbar, und mir stand eine längere Unterhaltung mit ihm bevor. Ich hoffte nur, dass Feddrah-Dahns auch da sein würde. Ich mochte Feddrah-Dahns. Feddrah-Dahns mochte mich. Er wusste, was er von mir zu erwarten hatte. Aber zuerst ... ehe ich vor den Einhorn-König trat, wollte ich unbedingt Trillian wiedersehen. Ich hätte das zwar niemals offen zugegeben, aber insgeheim machte ich mir Sorgen darum, was er sagen würde, wenn er erfuhr, dass ich verheiratet war. Mit der Eidechse und dem Fuchswelpen, wie er sich ausdrücken würde.
Abgesehen von meinem Liebesleben fragte ich mich auch, wie die langen Monate im Krieg sich auf Trillian ausgewirkt hatten. Litt er vielleicht an einer Art posttraumatischer Belastungsstörung? War er die ganze Zeit über in Kampfeinsätzen aktiv gewesen? Oder hatte er sich verborgen gehalten und monatelang spioniert? Ich wusste immer noch nicht, was er eigentlich in Tanaquars Auftrag getan hatte.
Trillian war kein einfacher Mann. Man konnte nie wissen, ob er eine weiche Kehle küssen oder sie aufschlitzen würde, doch wenn er jemanden wirklich liebte, war er treu bis in den Tod, falls es nötig sein sollte. Ich liebte ihn dafür, dass er so schonungslos und direkt war, niemals ein Schmeichler oder Leisetreter. Er mochte keine Frauen, die vor dem Leben zurückscheuten und sich davor fürchteten, für ihre Interessen einzutreten und ganz sie selbst zu sein.
Morio beugte sich herüber und flüsterte mir ins Ohr: »Geht es dir gut? Ich kann dich riechen. Du bist erregt, aber trotzdem ... wittere ich auch Angst in dir.«
Ich schüttelte den Kopf. Vor meinem Vater wollte ich nicht darüber sprechen, dass ich mir wegen Trillian Gedanken machte. Er würde nur spitze Bemerkungen gegen meinen Liebsten abfeuern. So gerecht und fürsorglich Vater auch sein konnte, er trug seine Vorurteile wie ein Polizist seine Dienstwaffe - als Warnung, sich von ihm fernzuhalten. Dass er sich bei Menolly entschuldigt hatte, weil er sich von ihr abgewandt hatte, als sie zum Vampir gemacht worden war, erstaunte mich immer noch. Und sie hatte mir anvertraut, dass sie nicht recht wusste, ob diese Entschuldigung auch aufrichtig gewesen war.
»Alles in Ordnung«, erwiderte ich. »Wir reden später darüber.«
Morio raunte noch leiser: »Trillian?«
Ich nickte.
»Wie du möchtest. Wir unterhalten uns später.« Morio legte mir einen Arm um die Schultern.
Iris lächelte uns an, doch es wirkte besorgt. Sie fing meinen Blick auf, zuckte mit den Schultern und schüttelte resigniert den Kopf, als wollte sie mir sagen: »Was willst du da machen?«
»Wie weit ist es noch zum Palast?« Sie zupfte an ihrem Rock, schob die Hand in die Tasche und holte eine Tüte Schoko-Karamellbonbons heraus. Ich streckte ihr mit bettelndem Hundeblick die Hand hin. Morio machte es mir nach. »Ach, Herrgott noch mal, ihr zwei seid unmöglich. Hier, nehmt euch ein paar, aber nächstes Mal bringt ihr euch selbst etwas zum Knabbern mit.«
Vater betrachtete die Tüte. »Was ist das?«
»Süßigkeiten«, sagte ich.
»Eure Mutter hat Schokolade geliebt, aber ich konnte nie verstehen, warum«, sagte er und schüttelte den Kopf, als Iris ihm die Tüte anbot. »Danke sehr, Lady Iris, aber ich mag keine Süßigkeiten.«
Ich steckte mir ein Karamellbonbon in den Mund und kaute. »Das kann ich nun wieder nicht verstehen. Delilah ist sogar noch verrückter nach Süßem als ich. Oh, und Morio hat eine Möglichkeit gefunden, das Blut zu verzaubern, das Menolly kauft, um es zu Hause zu trinken. Er kann ihm jetzt ganz verschiedene Geschmacksrichtungen geben.« Ich beobachtete Vaters Miene
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