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Schwesternmord

Schwesternmord

Titel: Schwesternmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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Organe in eine Metallschale. Unter einer hellen Lampe machte er einige Querschnitte, um das Lungenparenchym zu begutachten.
    »Nichtraucherin«, sagte er, an die beiden Detectives gewandt. »Keine Ödeme. Sauberes, gesundes Gewebe.«

    Abgesehen von der Tatsache, dass es tot war.
    Er ließ die Lungen wieder in die Schale fallen, wo sie sich zu einem rosafarbenen Hügel formten, und griff nach dem Herz. Es passte leicht in seine massige Hand. Maura musste unwillkürlich an das Herz denken, das in ihrer eigenen Brust schlug. Wie das der toten Frau würde Abe es mühelos mit einer Hand umfassen können. Ein Anflug von Übelkeit überkam sie, wenn sie sich vorstellte, dass er es hielt, dass er es befingerte und hin- und herdrehte, um die Koronargefäße zu inspizieren, wie er es jetzt mit dem der Toten machte. Obwohl rein mechanisch betrachtet nichts weiter als eine Pumpe, ist das Herz doch das zentrale Organ unseres Körpers, und beim Anblick dieses blutigen, allen Blicken schutzlos ausgesetzten Stücks Fleisch empfand sie selbst ein merkwürdig hohles Gefühl in der Brust. Sie atmete tief durch, doch der Geruch des Bluts verstärkte nur ihre Übelkeit. Sie wandte sich von der Leiche ab und sah sich plötzlich Auge in Auge mit Rizzoli. Rizzoli, der so gut wie nichts entging. Sie kannten sich nun seit fast zwei Jahren und hatten schon bei so vielen Fällen zusammengearbeitet, dass beide Hochachtung vor der Kompetenz und Professionalität der anderen empfanden. Aber diese Hochachtung ging mit einer gewissen vorsichtigen, respektvollen Zurückhaltung einher. Maura wusste sehr wohl, wie untrüglich Rizzolis Gespür war, und als sie einander über den Seziertisch hinweg anblickten, war ihr klar, dass die andere Frau ihr ansehen konnte, wie kurz Maura davor war, aus dem Saal zu stürzen. Doch als Antwort auf die wortlose Frage, die sie in Rizzolis Augen las, reckte sie nur trotzig das Kinn empor und biss die Zähne zusammen. Die Königin der Toten unterstrich wieder einmal ihre Unbesiegbarkeit.
    Sie richtete den Blick wieder auf die Leiche.
    Abe, der von den unterschwelligen Spannungen im Raum nichts mitbekam, hatte inzwischen die Herzkammern eröffnet. »Die Klappen sehen alle normal aus«, stellte er fest. »Arterien sind elastisch. Keine Verkalkungen.
Mann, ich kann nur hoffen, dass mein Herz auch so gut aussieht.«
    Das musste Maura doch sehr bezweifeln, wenn sie seinen gewaltigen Wanst betrachtete und an sein Faible für Gänseleberpastete und fette Soßen dachte. Genieße das Leben, solange du kannst, das war Abes Philosophie. Gib deinen Gelüsten jetzt nach, denn früher oder später ergeht es uns allen wie unseren Freunden auf dem Seziertisch. Was nützen einem die saubersten Herzkranzgefäße, wenn man sich im Leben sämtliche Freuden versagt hat?
    Er legte das Herz in die Metallschale und wandte sich als Nächstes den Bauchorganen zu. Mit einem tiefen Schnitt des Skalpells durchtrennte er das Bauchfell. Zum Vorschein kamen Magen und Leber, Milz und Bauchspeicheldrüse. Der Gestank des Todes, der Geruch gekühlter Organe war nichts Neues für Maura, doch nie hatte er sie so gestört wie jetzt. Es war, als wohnte sie zum ersten Mal einer Autopsie bei. Nichts war übrig von der erfahrenen, mit allen Wassern gewaschenen Pathologin, als sie Abe zusah, wie er mit Schere und Messer hantierte. Die Brutalität der ganzen Prozedur schockierte sie. Mein Gott, ich mache so etwas doch selbst jeden Tag; aber wenn ich das Skalpell führe, schneide ich damit in das Fleisch von Fremden, von Menschen, die ich noch nie gesehen habe.
    Dies Frau ist für mich keine Fremde.
    Sie verfiel in eine benommene Starre, in der sie Abe wie aus großer Entfernung beobachtete. Erschöpft nach ihrer unruhigen Nacht, immer noch unter dem Jetlag leidend, hatte sie das Gefühl, innerlich von dem Geschehen auf dem Tisch zurückzuweichen, sich in eine sichere Ecke zurückzuziehen, aus der sie das Ganze mit abgestumpften Emotionen beobachten konnte. Es war nur ein toter Körper, der dort auf dem Tisch lag. Eine Frau, mit der sie nichts verband, die sie nie gekannt hatte. Bald hatte Abe den Dünndarm herausgelöst und ließ den verschlungenen Schlauch in eine Schüssel gleiten. Mit Schere und Küchenmesser bewaffnet räumte er
die Bauchhöhle aus, bis nur eine leere Hülle zurückblieb. Dann trug er die schwer mit Gedärmen beladene Schüssel zu der Arbeitsfläche aus Edelstahl, wo er die Organe einzeln herausnahm, um sie genauer zu untersuchen.
    Auf dem

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