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Schwesternmord

Schwesternmord

Titel: Schwesternmord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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Irrer in San Francisco bei einem Amoklauf damit neun Menschen getötet hatte. Winchester bekam damals eine so schlechte Presse, dass man beschloss, die Produktion einzustellen. Aber ein paar von den Dingern sind noch im Umlauf. Es kommt immer mal wieder vor, dass wir eins aus einem Opfer herausholen, aber sie sind schon ziemlich selten geworden.«
    Mauras Blick war noch immer auf die Röntgenaufnahmen geheftet, auf jenen tödlichen weißen Stern. Sie dachte an das, was Abe soeben gesagt hatte: Jede Spitze so scharf wie eine Kralle. Und sie erinnerte sich an die Kratzspuren am Wagen des Opfers. Wie die Krallen eines Raubvogels.
    Sie drehte sich wieder zum Tisch um, als Abe gerade mit dem Kopfhautschnitt fertig war. In dem kurzen Moment, ehe er den Hautlappen nach unten zog, wurde Mauras Blick unwillkürlich vom Gesicht der Frau angezogen. Die Lippen hatten sich im Tod dunkelblau verfärbt. Die Augen waren offen, die ungeschützten Hornhäute vertrocknet und durch den Kontakt mit der Luft getrübt. Der Glanz in den Augen eines lebenden Menschen entsteht lediglich durch Lichtreflexe auf den feuchten Hornhäuten; wenn die Lider sich
nicht mehr regelmäßig schließen, um die Hornhäute in Tränenflüssigkeit zu baden, werden die Augen trocken und stumpf. Der Eindruck, dass das Leben aus den Augen gewichen ist, hat also nichts damit zu tun, dass die Seele den Leib verlassen hat, sondern nur mit dem Wegfall des Lidschlussreflexes. Maura blickte auf die Augen mit den trüben Streifen über den Hornhäuten, und für einen Augenblick stellte sie sich vor, wie sie im Leben ausgesehen haben mussten. Es war ein erschütternder Blick in den Spiegel. Ihr schwanden fast die Sinne, als ihr plötzlich der Gedanke kam, dass in Wirklichkeit sie es war, die dort auf dem Tisch lag. Dass sie bei ihrer eigenen Autopsie zusah. Es hieß doch, dass die Geister der Toten dort spukten, wo sie die meiste Zeit ihres Lebens verbracht hatten. Und dieser Ort ist für mich der Autopsiesaal, dachte sie. Ich bin dazu verdammt, hier bis in alle Ewigkeit auszuharren.
    Abe streifte die Kopfhaut herunter, und das Gesicht fiel in sich zusammen wie eine Gummimaske.
    Maura schauderte. Sie wandte sich ab und bemerkte, dass Rizzoli sie wieder beobachtete. Sieht sie mich an? Oder meinen Geist?
    Das Sirren der Stryker-Säge ging ihr durch Mark und Bein. Mit ihr trennte Abe die freigelegte Schädelkuppel ab, wobei er darauf achtete, das Stück mit der Einschussöffnung unversehrt zu lassen. Vorsichtig löste er die Knochenhalbkugel ab und legte sie zur Seite. Das Black-Talon-Geschoss fiel aus dem geöffneten Schädel und landete scheppernd in der Schüssel, die Yoshima darunterhielt. Glitzernd lag es da, mit den Metallspitzen, die sich in alle Richtungen spreizten wie die Blütenblätter einer tödlichen Blume.
    Das Gehirn war mit dunklen Blutflecken gesprenkelt.
    »Ausgedehnte Blutungen in beiden Hemisphären. Genau das, was man nach den Röntgenbildern erwarten konnte«, sagte Abe. »Die Kugel ist hier eingeschlagen, im linken Schläfenbein. Aber sie ist nicht wieder ausgetreten. Das können Sie dort auf den Aufnahmen sehen.« Er zeigte auf den Leuchtkasten,
wo das Geschoss sich an der Innenseite des linken Hinterhauptknochens als heller Stern abzeichnete.
    »Komisch, dass es auf derselben Seite des Kopfes stecken geblieben ist, wo es eingedrungen ist«, meinte Frost.
    »Es war wahrscheinlich ein Querschläger. Die Kugel hat den Knochen durchschlagen und ist von der anderen Schädelwand zurückgeprallt, wobei sie das Gehirn zerfetzt hat. Die ganze Energie hat sich im weichen Gewebe entladen. Ein Effekt wie von den rotierenden Klingen eines Mixers.«
    »Dr. Bristol?« Es war seine Sekretärin Stella, die sich über die Sprechanlage meldete.
    »Ja?«
    »Ich habe diesen Fall mit dem Black-Talon-Geschoss gefunden. Der Name des Opfers war Wassily Titow. Dr. Tierney hat die Autopsie durchgeführt.«
    »Wer war der ermittelnde Beamte?«
    »Hm … ja, hier steht es. Detective Vann und Detective Dunleavy.«
    »Ich werde mich bei den beiden erkundigen«, sagte Rizzoli. »Mal sehen, woran sie sich noch erinnern.«
    »Danke, Stella«, rief Bristol. Er wandte sich an Yoshima, der schon die Kamera gezückt hatte. »Okay, schießen Sie los.«
    Yoshima begann Fotos von dem freigelegten Gehirn zu machen, um sein Erscheinungsbild festzuhalten, ehe Abe es aus dem Knochengehäuse entfernte. Da drin sind die Erinnerungen eines ganzen Lebens gespeichert, dachte Maura, als sie die

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