Schwesternmord
Kaffeepause.«
»Ja, ja«, brummte Dwayne. »Von mir aus.«
Bart flüchtete aus dem Ausstellungsraum. Mann und Frau sahen einander an.
»Ich habe auf dich gewartet«, sagte Mattie.
»Wieso?«
»Mein Termin bei der Frauenärztin, Dwayne. Du hast gesagt, du würdest mitkommen. Dr. Fishman hat zwanzig Minuten gewartet, länger ging es nicht. Jetzt hast du die Ultraschallbilder nicht gesehen.«
»Oh. Ach Mensch, das hab ich glatt vergessen.« Dwayne strich sich das schwarze Haar glatt. Immer machte er so viel Aufhebens um seine Haare, sein Hemd, seine Krawatte. Wenn man mit einem Luxusprodukt handelt, pflegte Dwayne zu sagen, dann muss man auch entsprechend auftreten. »Tut mir echt Leid.«
Sie griff in ihre Handtasche und nahm ein Polaroidfoto heraus. »Willst du dir das Bild nicht wenigstens mal anschauen?«
»Was ist das denn?«
»Das ist unsere Tochter. Das ist ein Abzug von dem Ultraschallbild.«
Er warf einen kurzen Blick auf das Foto und zuckte mit den Achseln. »Viel kann man da ja nicht erkennen.«
»Du kannst hier ihren Arm sehen, und ihr Beinchen. Wenn du genau hinschaust, kannst du sogar fast das Gesicht erkennen.«
»Ja, super.« Er gab ihr das Bild zurück. »Ich komme heute Abend ein bisschen später heim, okay? Um sechs kommt noch ein Kunde wegen einer Testfahrt. Warte nicht mit dem Essen auf mich.«
Sie steckte das Polaroidfoto wieder in ihre Handtasche und seufzte. »Dwayne …«
Er gab ihr einen flüchtigen Kuss auf die Stirn. »Ich bring dich zum Wagen. Komm.«
»Können wir nicht einen Kaffee trinken gehen oder so?«
»Ich habe Kunden.«
»Aber außer uns ist doch kein Mensch im Ausstellungsraum.«
»Mattie, bitte. Lass mich doch einfach nur meinen Job machen, okay?«
Plötzlich ging Dwaynes Bürotür auf. Matties Kopf fuhr herum, als eine Frau aus dem Zimmer kam, eine hoch aufgeschossene Blondine, die rasch den Flur entlanghuschte und in einem anderen Büro verschwand.
»Wer ist das denn?«, fragte Mattie.
»Wer?«
»Na, die Frau, die gerade aus deinem Büro gekommen ist.«
»Ach, die.« Er räusperte sich. »Eine neue Angestellte. Ich dachte mir, es wird allmählich Zeit, dass wir mal eine Verkäuferin engagieren. Weißt du, als Ergänzung für unser Team. Sie hat sich wirklich als Bereicherung erwiesen. Hat im vergangenen Monat mehr Autos an den Mann gebracht als Bart, und das will schon was heißen.«
Mattie starrte auf die geschlossene Tür von Dwaynes Büro
und dachte: Genau, da hat es angefangen. Vergangenen Monat. Da ist zwischen uns plötzlich alles anders geworden; da hat dieser fremde Mann von Dwaynes Körper Besitz ergriffen.
»Wie heißt sie?«, fragte sie.
»Hör zu, ich muss mich jetzt wirklich wieder an die Arbeit machen.«
»Ich will doch nur wissen, wie sie heißt.« Sie drehte sich um und blickte ihrem Mann in die Augen, und sie sah das blanke schlechte Gewissen darin aufblitzen, grell wie Neonlicht.
»Ach, Scheiße.« Er wandte sich ab. »Das kann ich jetzt echt nicht gebrauchen.«
»Äh, Mrs. Purvis?« Es war Bart, der ihr vom Eingang des Ausstellungsraums aus zurief. »Wussten Sie, dass Sie einen Platten haben? Der Mechaniker hat’s mir gerade gezeigt.«
Wie benommen drehte sie sich zu ihm um und starrte ihn an. »Nein. Ich … das wusste ich nicht.«
»Wie kann man denn nicht merken, dass man einen Platten hat?«, höhnte Dwayne.
»Na ja, kann sein, dass – er ließ sich vielleicht ein bisschen schwer lenken, aber …«
»Ich glaub’s einfach nicht.« Dwayne war bereits auf dem Weg zur Tür.
Rennt los und lässt mich stehen, wie immer, dachte sie. Und jetzt ist er auch noch wütend. Wie kommt es, dass plötzlich alles nur noch meine Schuld ist?
Zusammen mit Bart folgte sie ihm zu ihrem Wagen. Dwayne hockte neben dem rechten Hinterrad und schüttelte den Kopf.
»Ist es denn zu fassen, dass sie das nicht gemerkt hat?«, sagte er zu Bart. »Sieh dir diesen Reifen an. Sie hat den Scheißreifen total zerfetzt!«
»Ach, so was kommt doch vor«, sagte Bart. Er warf Mattie einen mitfühlenden Blick zu. »Ich sage Ed, er soll einen neuen draufziehen. Kein Problem.«
»Aber guck dir doch die Felge an, die ist total ruiniert! Wüsste mal gerne, wie viele Meilen sie so gefahren ist. Wie kann ein Mensch nur so blöd sein?«
»Ach, komm schon, Dwayne«, meinte Bart. »Das ist doch keine große Sache.«
»Ich habe es einfach nicht gemerkt«, sagte Mattie. »Es tut mir Leid.«
»Bist du etwa so die ganze Strecke von der Arztpraxis bis hierher
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